Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Dum -- ich ärgerte mich, aber ich verstand
ihn doch.

Auf ähnliche Weise lehrte er mich auch die
neuere Geschichte. Ich verstand zwar nicht
die Worte, die er sprach, aber da er während
des Sprechens beständig trommelte, so wußte
ich doch, was er sagen wollte. Im Grunde
ist das die beste Lehrmethode. Die Geschichte
von der Bestürmung der Bastille, der Tuile¬
rien u. s. w. begreift man erst recht, wenn
man weiß, wie bey solchen Gelegenheiten ge¬
trommelt wurde. In unseren Schulcompen¬
dien liest man bloß: "Ihre Exc. die Baronen
und Grafen und hochdero Gemahlinnen wur¬
den geköpft -- Ihre Altessen die Herzöge und
Prinzen und höchstdero Gemahlinnen wurden
geköpft -- Ihre Majestät der König und aller¬
höchstdero Gemahlin wurden geköpft --" aber
wenn man den rothen Guillotinenmarsch trom¬
meln hört, so begreift man dieses erst recht,

Dum — ich aͤrgerte mich, aber ich verſtand
ihn doch.

Auf aͤhnliche Weiſe lehrte er mich auch die
neuere Geſchichte. Ich verſtand zwar nicht
die Worte, die er ſprach, aber da er waͤhrend
des Sprechens beſtaͤndig trommelte, ſo wußte
ich doch, was er ſagen wollte. Im Grunde
iſt das die beſte Lehrmethode. Die Geſchichte
von der Beſtuͤrmung der Baſtille, der Tuile¬
rien u. ſ. w. begreift man erſt recht, wenn
man weiß, wie bey ſolchen Gelegenheiten ge¬
trommelt wurde. In unſeren Schulcompen¬
dien lieſt man bloß: “Ihre Exc. die Baronen
und Grafen und hochdero Gemahlinnen wur¬
den gekoͤpft — Ihre Alteſſen die Herzoͤge und
Prinzen und hoͤchſtdero Gemahlinnen wurden
gekoͤpft — Ihre Majeſtaͤt der Koͤnig und aller¬
hoͤchſtdero Gemahlin wurden gekoͤpft —” aber
wenn man den rothen Guillotinenmarſch trom¬
meln hoͤrt, ſo begreift man dieſes erſt recht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0203" n="195"/>
Dum</hi> &#x2014; ich a&#x0364;rgerte mich, aber ich ver&#x017F;tand<lb/>
ihn doch.</p><lb/>
          <p>Auf a&#x0364;hnliche Wei&#x017F;e lehrte er mich auch die<lb/>
neuere Ge&#x017F;chichte. Ich ver&#x017F;tand zwar nicht<lb/>
die Worte, die er &#x017F;prach, aber da er wa&#x0364;hrend<lb/>
des Sprechens be&#x017F;ta&#x0364;ndig trommelte, &#x017F;o wußte<lb/>
ich doch, was er &#x017F;agen wollte. Im Grunde<lb/>
i&#x017F;t das die be&#x017F;te Lehrmethode. Die Ge&#x017F;chichte<lb/>
von der Be&#x017F;tu&#x0364;rmung der Ba&#x017F;tille, der Tuile¬<lb/>
rien u. &#x017F;. w. begreift man er&#x017F;t recht, wenn<lb/>
man weiß, wie bey &#x017F;olchen Gelegenheiten ge¬<lb/>
trommelt wurde. In un&#x017F;eren Schulcompen¬<lb/>
dien lie&#x017F;t man bloß: &#x201C;Ihre Exc. die Baronen<lb/>
und Grafen und hochdero Gemahlinnen wur¬<lb/>
den geko&#x0364;pft &#x2014; Ihre Alte&#x017F;&#x017F;en die Herzo&#x0364;ge und<lb/>
Prinzen und ho&#x0364;ch&#x017F;tdero Gemahlinnen wurden<lb/>
geko&#x0364;pft &#x2014; Ihre Maje&#x017F;ta&#x0364;t der Ko&#x0364;nig und aller¬<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;tdero Gemahlin wurden geko&#x0364;pft &#x2014;&#x201D; aber<lb/>
wenn man den rothen Guillotinenmar&#x017F;ch trom¬<lb/>
meln ho&#x0364;rt, &#x017F;o begreift man die&#x017F;es er&#x017F;t recht,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0203] Dum — ich aͤrgerte mich, aber ich verſtand ihn doch. Auf aͤhnliche Weiſe lehrte er mich auch die neuere Geſchichte. Ich verſtand zwar nicht die Worte, die er ſprach, aber da er waͤhrend des Sprechens beſtaͤndig trommelte, ſo wußte ich doch, was er ſagen wollte. Im Grunde iſt das die beſte Lehrmethode. Die Geſchichte von der Beſtuͤrmung der Baſtille, der Tuile¬ rien u. ſ. w. begreift man erſt recht, wenn man weiß, wie bey ſolchen Gelegenheiten ge¬ trommelt wurde. In unſeren Schulcompen¬ dien lieſt man bloß: “Ihre Exc. die Baronen und Grafen und hochdero Gemahlinnen wur¬ den gekoͤpft — Ihre Alteſſen die Herzoͤge und Prinzen und hoͤchſtdero Gemahlinnen wurden gekoͤpft — Ihre Majeſtaͤt der Koͤnig und aller¬ hoͤchſtdero Gemahlin wurden gekoͤpft —” aber wenn man den rothen Guillotinenmarſch trom¬ meln hoͤrt, ſo begreift man dieſes erſt recht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/203
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/203>, abgerufen am 05.05.2024.