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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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stieg er hinab auf das Brett, das über dem
Bach lag, riß das Kätzchen aus dem Wasser,
fiel aber selbst hinein, und als man ihn her¬
auszog, war er naß und todt. Das Kätzchen
hat noch lange Zeit gelebt.

Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und
wenn man in der Ferne an sie denkt, und zu¬
fällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu
Muthe. Ich bin dort geboren, und es ist mir,
als müßte ich gleich nach Hause gehn. Und wenn
ich sage nach Hause gehn, so meine ich die Bol¬
kerstraße und das Haus, worin ich geboren bin.
Dieses Haus wird einst sehr merkwürdig seyn,
und der alten Frau, die es besitzt, habe ich
sagen lassen, daß sie bey Leibe das Haus nicht
verkaufen solle. Für das ganze Haus bekäme
sie jetzt doch kaum so viel wie schon allein das
Trinkgeld betragen wird, das einst die grün¬
verschleyerten, vornehmen Engländerinnen dem
Dienstmädchen geben, wenn es ihnen die Stube

ſtieg er hinab auf das Brett, das uͤber dem
Bach lag, riß das Kaͤtzchen aus dem Waſſer,
fiel aber ſelbſt hinein, und als man ihn her¬
auszog, war er naß und todt. Das Kaͤtzchen
hat noch lange Zeit gelebt.

Die Stadt Duͤſſeldorf iſt ſehr ſchoͤn, und
wenn man in der Ferne an ſie denkt, und zu¬
faͤllig dort geboren iſt, wird einem wunderlich zu
Muthe. Ich bin dort geboren, und es iſt mir,
als muͤßte ich gleich nach Hauſe gehn. Und wenn
ich ſage nach Hauſe gehn, ſo meine ich die Bol¬
kerſtraße und das Haus, worin ich geboren bin.
Dieſes Haus wird einſt ſehr merkwuͤrdig ſeyn,
und der alten Frau, die es beſitzt, habe ich
ſagen laſſen, daß ſie bey Leibe das Haus nicht
verkaufen ſolle. Fuͤr das ganze Haus bekaͤme
ſie jetzt doch kaum ſo viel wie ſchon allein das
Trinkgeld betragen wird, das einſt die gruͤn¬
verſchleyerten, vornehmen Englaͤnderinnen dem
Dienſtmaͤdchen geben, wenn es ihnen die Stube

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[168/0176] ſtieg er hinab auf das Brett, das uͤber dem Bach lag, riß das Kaͤtzchen aus dem Waſſer, fiel aber ſelbſt hinein, und als man ihn her¬ auszog, war er naß und todt. Das Kaͤtzchen hat noch lange Zeit gelebt. Die Stadt Duͤſſeldorf iſt ſehr ſchoͤn, und wenn man in der Ferne an ſie denkt, und zu¬ faͤllig dort geboren iſt, wird einem wunderlich zu Muthe. Ich bin dort geboren, und es iſt mir, als muͤßte ich gleich nach Hauſe gehn. Und wenn ich ſage nach Hauſe gehn, ſo meine ich die Bol¬ kerſtraße und das Haus, worin ich geboren bin. Dieſes Haus wird einſt ſehr merkwuͤrdig ſeyn, und der alten Frau, die es beſitzt, habe ich ſagen laſſen, daß ſie bey Leibe das Haus nicht verkaufen ſolle. Fuͤr das ganze Haus bekaͤme ſie jetzt doch kaum ſo viel wie ſchon allein das Trinkgeld betragen wird, das einſt die gruͤn¬ verſchleyerten, vornehmen Englaͤnderinnen dem Dienſtmaͤdchen geben, wenn es ihnen die Stube

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/176>, abgerufen am 03.05.2024.