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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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Heldenleiden des göttlichen Ramo bewegen mein
Herz wie ein bekanntes Weh, aus den Blumen¬
liedern Kalidasas blüh'n mir hervor die süßesten
Erinnerungen, und als vor einigen Jahren eine
gütige Dame in Berlin mir die hübschen Bilder
zeigte, die ihr Vater, der lange Zeit Gouverneur
in Indien war, von dort mitgebracht, schienen
mir die zartgemalten, heiligstillen Gesichter so
wohlbekannt, und es war mir, als beschaute
ich meine eigne Familiengallerie.

Franz Bopp -- Madame, Sie haben gewiß
seinen Nalus und sein Conjugazionssystem des
Sanskrit gelesen -- gab mir manche Auskunft
über meine Ahnherren, und ich weiß jetzt genau,
daß ich aus dem Haupte Bramahs entsprossen
bin, und nicht aus seinen Hühneraugen; ich
vermuthe sogar, daß der ganze Mahabarata
mit seinen 200,000 Versen bloß ein allegori¬
scher Liebesbrief ist, den mein Urahnherr an
meine Uraltermutter geschrieben -- O! sie

Heldenleiden des goͤttlichen Ramo bewegen mein
Herz wie ein bekanntes Weh, aus den Blumen¬
liedern Kalidaſas bluͤh'n mir hervor die ſuͤßeſten
Erinnerungen, und als vor einigen Jahren eine
guͤtige Dame in Berlin mir die huͤbſchen Bilder
zeigte, die ihr Vater, der lange Zeit Gouverneur
in Indien war, von dort mitgebracht, ſchienen
mir die zartgemalten, heiligſtillen Geſichter ſo
wohlbekannt, und es war mir, als beſchaute
ich meine eigne Familiengallerie.

Franz Bopp — Madame, Sie haben gewiß
ſeinen Nalus und ſein Conjugazionsſyſtem des
Sanskrit geleſen — gab mir manche Auskunft
uͤber meine Ahnherren, und ich weiß jetzt genau,
daß ich aus dem Haupte Bramahs entſproſſen
bin, und nicht aus ſeinen Huͤhneraugen; ich
vermuthe ſogar, daß der ganze Mahabarata
mit ſeinen 200,000 Verſen bloß ein allegori¬
ſcher Liebesbrief iſt, den mein Urahnherr an
meine Uraltermutter geſchrieben — O! ſie

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[156/0164] Heldenleiden des goͤttlichen Ramo bewegen mein Herz wie ein bekanntes Weh, aus den Blumen¬ liedern Kalidaſas bluͤh'n mir hervor die ſuͤßeſten Erinnerungen, und als vor einigen Jahren eine guͤtige Dame in Berlin mir die huͤbſchen Bilder zeigte, die ihr Vater, der lange Zeit Gouverneur in Indien war, von dort mitgebracht, ſchienen mir die zartgemalten, heiligſtillen Geſichter ſo wohlbekannt, und es war mir, als beſchaute ich meine eigne Familiengallerie. Franz Bopp — Madame, Sie haben gewiß ſeinen Nalus und ſein Conjugazionsſyſtem des Sanskrit geleſen — gab mir manche Auskunft uͤber meine Ahnherren, und ich weiß jetzt genau, daß ich aus dem Haupte Bramahs entſproſſen bin, und nicht aus ſeinen Huͤhneraugen; ich vermuthe ſogar, daß der ganze Mahabarata mit ſeinen 200,000 Verſen bloß ein allegori¬ ſcher Liebesbrief iſt, den mein Urahnherr an meine Uraltermutter geſchrieben — O! ſie

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/164>, abgerufen am 22.11.2024.