Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

die Verhältnisse des Lebens nie lange stabil sind;
letzteren hingegen, den intuitischen Menschen, ge¬
lingen ihre Vorsätze am leichtesten, da sie nur
einer richtigen Berechnung des Vorhandenen be¬
dürfen, und so schnell handeln, daß dieses, durch
die Bewegung der Lebenswogen, keine plötzliche,
unvorhergesehene Veränderung erleiden kann.

Es ist ein glückliches Zusammentreffen, daß
Napoleon gerade zu einer Zeit gelebt hat, die
ganz besonders viel Sinn hat für Geschichte,
ihre Erforschung und Darstellung. Es werden
uns daher, durch die Memoiren der Zeitgenossen,
wenige Notizen über Napoleon vorenthalten wer¬
den, und täglich vergrößert sich die Zahl der Ge¬
schichtsbücher, die ihn mehr oder minder im Zu¬
sammenhang mit der übrigen Welt schildern wol¬
len. Die Ankündigung eines solchen Buches
aus Walter Scotts Feder erregt daher die neu¬
gierigste Erwartung.

Alle Verehrer Scotts müssen für ihn zittern;
denn ein solches Buch kann leicht der russische

die Verhaͤltniſſe des Lebens nie lange ſtabil ſind;
letzteren hingegen, den intuitiſchen Menſchen, ge¬
lingen ihre Vorſaͤtze am leichteſten, da ſie nur
einer richtigen Berechnung des Vorhandenen be¬
duͤrfen, und ſo ſchnell handeln, daß dieſes, durch
die Bewegung der Lebenswogen, keine ploͤtzliche,
unvorhergeſehene Veraͤnderung erleiden kann.

Es iſt ein gluͤckliches Zuſammentreffen, daß
Napoleon gerade zu einer Zeit gelebt hat, die
ganz beſonders viel Sinn hat fuͤr Geſchichte,
ihre Erforſchung und Darſtellung. Es werden
uns daher, durch die Memoiren der Zeitgenoſſen,
wenige Notizen uͤber Napoleon vorenthalten wer¬
den, und taͤglich vergroͤßert ſich die Zahl der Ge¬
ſchichtsbuͤcher, die ihn mehr oder minder im Zu¬
ſammenhang mit der uͤbrigen Welt ſchildern wol¬
len. Die Ankuͤndigung eines ſolchen Buches
aus Walter Scotts Feder erregt daher die neu¬
gierigſte Erwartung.

Alle Verehrer Scotts muͤſſen fuͤr ihn zittern;
denn ein ſolches Buch kann leicht der ruſſiſche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="99"/>
die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e des Lebens nie lange &#x017F;tabil &#x017F;ind;<lb/>
letzteren hingegen, den intuiti&#x017F;chen Men&#x017F;chen, ge¬<lb/>
lingen ihre Vor&#x017F;a&#x0364;tze am leichte&#x017F;ten, da &#x017F;ie nur<lb/>
einer richtigen Berechnung des Vorhandenen be¬<lb/>
du&#x0364;rfen, und &#x017F;o &#x017F;chnell handeln, daß die&#x017F;es, durch<lb/>
die Bewegung der Lebenswogen, keine plo&#x0364;tzliche,<lb/>
unvorherge&#x017F;ehene Vera&#x0364;nderung erleiden kann.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t ein glu&#x0364;ckliches Zu&#x017F;ammentreffen, daß<lb/>
Napoleon gerade zu einer Zeit gelebt hat, die<lb/>
ganz be&#x017F;onders viel Sinn hat fu&#x0364;r Ge&#x017F;chichte,<lb/>
ihre Erfor&#x017F;chung und Dar&#x017F;tellung. Es werden<lb/>
uns daher, durch die Memoiren der Zeitgeno&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenige Notizen u&#x0364;ber Napoleon vorenthalten wer¬<lb/>
den, und ta&#x0364;glich vergro&#x0364;ßert &#x017F;ich die Zahl der Ge¬<lb/>
&#x017F;chichtsbu&#x0364;cher, die ihn mehr oder minder im Zu¬<lb/>
&#x017F;ammenhang mit der u&#x0364;brigen Welt &#x017F;childern wol¬<lb/>
len. Die Anku&#x0364;ndigung eines &#x017F;olchen Buches<lb/>
aus Walter Scotts Feder erregt daher die neu¬<lb/>
gierig&#x017F;te Erwartung.</p><lb/>
          <p>Alle Verehrer Scotts mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r ihn zittern;<lb/>
denn ein &#x017F;olches Buch kann leicht der ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0107] die Verhaͤltniſſe des Lebens nie lange ſtabil ſind; letzteren hingegen, den intuitiſchen Menſchen, ge¬ lingen ihre Vorſaͤtze am leichteſten, da ſie nur einer richtigen Berechnung des Vorhandenen be¬ duͤrfen, und ſo ſchnell handeln, daß dieſes, durch die Bewegung der Lebenswogen, keine ploͤtzliche, unvorhergeſehene Veraͤnderung erleiden kann. Es iſt ein gluͤckliches Zuſammentreffen, daß Napoleon gerade zu einer Zeit gelebt hat, die ganz beſonders viel Sinn hat fuͤr Geſchichte, ihre Erforſchung und Darſtellung. Es werden uns daher, durch die Memoiren der Zeitgenoſſen, wenige Notizen uͤber Napoleon vorenthalten wer¬ den, und taͤglich vergroͤßert ſich die Zahl der Ge¬ ſchichtsbuͤcher, die ihn mehr oder minder im Zu¬ ſammenhang mit der uͤbrigen Welt ſchildern wol¬ len. Die Ankuͤndigung eines ſolchen Buches aus Walter Scotts Feder erregt daher die neu¬ gierigſte Erwartung. Alle Verehrer Scotts muͤſſen fuͤr ihn zittern; denn ein ſolches Buch kann leicht der ruſſiſche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/107
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/107>, abgerufen am 23.11.2024.