wenn er bald, als ein erwachsener Mann, in den nächtlichen Stollen der Carolina einsam arbeitet, und die er vielleicht wieder erzählt, wenn die liebe Großmutter längst todt ist, und er selber, ein silber¬ haariger, erloschener Greis, im Kreise seiner En¬ kel sitzt, dem großen Schranke gegenüber, hin¬ ter'm Ofen.
Ich blieb die Nacht ebenfalls in der Krone, wo unterdessen auch der Hofrath B. aus Göttingen angekommen war. Ich hatte das Vergnügen, dem alten Herrn meine Aufwartung zu machen; er ge¬ dachte ebenfalls den andern Tag nach Goslar zu reisen. Als ich mich in's Fremdenbuch einschrieb und im Monat Juli blätterte, fand ich auch den vieltheuern Namen Adalbert von Chamisso, den Bio¬ graphen des unsterblichen Schlemiehl. Der Wirth erzählte mir: dieser Herr sey in einem unbeschreib¬ bar schlechten Wetter angekommen, und in einem eben so schlechten Wetter wieder abgereist.
Den andern Morgen mußte ich meinen Ranzen nochmals erleichtern, das eingepackte Paar Stie¬
wenn er bald, als ein erwachſener Mann, in den naͤchtlichen Stollen der Carolina einſam arbeitet, und die er vielleicht wieder erzaͤhlt, wenn die liebe Großmutter laͤngſt todt iſt, und er ſelber, ein ſilber¬ haariger, erloſchener Greis, im Kreiſe ſeiner En¬ kel ſitzt, dem großen Schranke gegenuͤber, hin¬ ter'm Ofen.
Ich blieb die Nacht ebenfalls in der Krone, wo unterdeſſen auch der Hofrath B. aus Goͤttingen angekommen war. Ich hatte das Vergnuͤgen, dem alten Herrn meine Aufwartung zu machen; er ge¬ dachte ebenfalls den andern Tag nach Goslar zu reiſen. Als ich mich in's Fremdenbuch einſchrieb und im Monat Juli blaͤtterte, fand ich auch den vieltheuern Namen Adalbert von Chamiſſo, den Bio¬ graphen des unſterblichen Schlemiehl. Der Wirth erzaͤhlte mir: dieſer Herr ſey in einem unbeſchreib¬ bar ſchlechten Wetter angekommen, und in einem eben ſo ſchlechten Wetter wieder abgereiſt.
Den andern Morgen mußte ich meinen Ranzen nochmals erleichtern, das eingepackte Paar Stie¬
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wenn er bald, als ein erwachſener Mann, in den
naͤchtlichen Stollen der Carolina einſam arbeitet,
und die er vielleicht wieder erzaͤhlt, wenn die liebe
Großmutter laͤngſt todt iſt, und er ſelber, ein ſilber¬
haariger, erloſchener Greis, im Kreiſe ſeiner En¬
kel ſitzt, dem großen Schranke gegenuͤber, hin¬
ter'm Ofen.
Ich blieb die Nacht ebenfalls in der Krone, wo
unterdeſſen auch der Hofrath B. aus Goͤttingen
angekommen war. Ich hatte das Vergnuͤgen, dem
alten Herrn meine Aufwartung zu machen; er ge¬
dachte ebenfalls den andern Tag nach Goslar zu
reiſen. Als ich mich in's Fremdenbuch einſchrieb
und im Monat Juli blaͤtterte, fand ich auch den
vieltheuern Namen Adalbert von Chamiſſo, den Bio¬
graphen des unſterblichen Schlemiehl. Der Wirth
erzaͤhlte mir: dieſer Herr ſey in einem unbeſchreib¬
bar ſchlechten Wetter angekommen, und in einem
eben ſo ſchlechten Wetter wieder abgereiſt.
Den andern Morgen mußte ich meinen Ranzen
nochmals erleichtern, das eingepackte Paar Stie¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/167>, abgerufen am 29.11.2024.
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