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Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

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Vom Katheder schwatzte herab der Professor,
Er schwatzt', und ich schlief oft gut dabei ein;
Doch hätt' mir's behagt noch tausendmal besser
Bei seinem holdseligen Töchterlein.
Sie hatt' mir oft zärtlich am Fenster genicket,
Die Blume der Blumen, mein Lebenslicht!
Doch die Blume der Blumen ward endlich gepflücket
Vom dürren Philister, dem reichen Wicht.
Da flucht ich den Weibern und reichen Halunken,
Und mischte mir Teufelskraut in den Wein, --
Und hab' mit dem Tode Smollis getrunken,
Der sprach: Fiduzit, ich heiße Freund Hein!
Da lachten die Geister im lustigen Chor,
Einen Strick um den Hals trat ein Fünfter hervor:
Es prunkte und prahlte der Graf beim Wein
Mit dem Töchterchen sein und dem Edelgestein.
Was scheert mich, du Gräflein, dein Edelgestein,
Mir mundet weit besser dein Töchterlein.
Sie lagen wohl beid' unter Riegel und Schloß,
Und der Graf besold'te viel Dienergetroß.
Vom Katheder ſchwatzte herab der Profeſſor,
Er ſchwatzt', und ich ſchlief oft gut dabei ein;
Doch hätt' mir's behagt noch tauſendmal beſſer
Bei ſeinem holdſeligen Töchterlein.
Sie hatt' mir oft zärtlich am Fenſter genicket,
Die Blume der Blumen, mein Lebenslicht!
Doch die Blume der Blumen ward endlich gepflücket
Vom dürren Philiſter, dem reichen Wicht.
Da flucht ich den Weibern und reichen Halunken,
Und miſchte mir Teufelskraut in den Wein, —
Und hab' mit dem Tode Smollis getrunken,
Der ſprach: Fiduzit, ich heiße Freund Hein!
Da lachten die Geiſter im luſtigen Chor,
Einen Strick um den Hals trat ein Fünfter hervor:
Es prunkte und prahlte der Graf beim Wein
Mit dem Töchterchen ſein und dem Edelgeſtein.
Was ſcheert mich, du Gräflein, dein Edelgeſtein,
Mir mundet weit beſſer dein Töchterlein.
Sie lagen wohl beid' unter Riegel und Schloß,
Und der Graf beſold'te viel Dienergetroß.
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[30/0038] Vom Katheder ſchwatzte herab der Profeſſor, Er ſchwatzt', und ich ſchlief oft gut dabei ein; Doch hätt' mir's behagt noch tauſendmal beſſer Bei ſeinem holdſeligen Töchterlein. Sie hatt' mir oft zärtlich am Fenſter genicket, Die Blume der Blumen, mein Lebenslicht! Doch die Blume der Blumen ward endlich gepflücket Vom dürren Philiſter, dem reichen Wicht. Da flucht ich den Weibern und reichen Halunken, Und miſchte mir Teufelskraut in den Wein, — Und hab' mit dem Tode Smollis getrunken, Der ſprach: Fiduzit, ich heiße Freund Hein! Da lachten die Geiſter im luſtigen Chor, Einen Strick um den Hals trat ein Fünfter hervor: Es prunkte und prahlte der Graf beim Wein Mit dem Töchterchen ſein und dem Edelgeſtein. Was ſcheert mich, du Gräflein, dein Edelgeſtein, Mir mundet weit beſſer dein Töchterlein. Sie lagen wohl beid' unter Riegel und Schloß, Und der Graf beſold'te viel Dienergetroß.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/38>, abgerufen am 21.11.2024.