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Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

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Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene!
Mit Schild und Weisheit konntest du nicht
Abwehren das Götterverderben?
Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite,
Einst die goldene! jetzt die silberne!
Zwar schmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz;
Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit,
Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib,
Wie andre Helden, ich stürbe vor Angst;
Als Leichengöttin erscheinst du mir,
Venus Libitina!
Nicht mehr mit Liebe schaut nach dir,
Dort, der schreckliche Ares.
Es schaut so traurig Phöbos Apollo,
Der Jüngling. Es schweigt seine Lei'r,
Die so freudig erklungen beim Göttermahl.
Noch trauriger schaut Hephaistos,
Und wahrlich, der Hinkende! nimmermehr
Fällt er Hebe'n in's Amt,
Und schenkt geschäftig, in der Versammlung,
Den lieblichen Nektar -- Und längst ist erloschen
Das unauslöschliche Göttergelächter.
Ich hab' Euch niemals geliebt, Ihr Götter!
Denn widerwärtig sind mir die Griechen,
Und gar die Römer sind mir verhaßt.
Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene!
Mit Schild und Weisheit konnteſt du nicht
Abwehren das Götterverderben?
Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite,
Einſt die goldene! jetzt die ſilberne!
Zwar ſchmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz;
Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit,
Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib,
Wie andre Helden, ich ſtürbe vor Angſt;
Als Leichengöttin erſcheinſt du mir,
Venus Libitina!
Nicht mehr mit Liebe ſchaut nach dir,
Dort, der ſchreckliche Ares.
Es ſchaut ſo traurig Phöbos Apollo,
Der Jüngling. Es ſchweigt ſeine Lei'r,
Die ſo freudig erklungen beim Göttermahl.
Noch trauriger ſchaut Hephaiſtos,
Und wahrlich, der Hinkende! nimmermehr
Fällt er Hebe'n in's Amt,
Und ſchenkt geſchäftig, in der Verſammlung,
Den lieblichen Nektar — Und längſt iſt erloſchen
Das unauslöſchliche Göttergelächter.
Ich hab' Euch niemals geliebt, Ihr Götter!
Denn widerwärtig ſind mir die Griechen,
Und gar die Römer ſind mir verhaßt.
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[360/0368] Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene! Mit Schild und Weisheit konnteſt du nicht Abwehren das Götterverderben? Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite, Einſt die goldene! jetzt die ſilberne! Zwar ſchmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz; Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit, Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib, Wie andre Helden, ich ſtürbe vor Angſt; Als Leichengöttin erſcheinſt du mir, Venus Libitina! Nicht mehr mit Liebe ſchaut nach dir, Dort, der ſchreckliche Ares. Es ſchaut ſo traurig Phöbos Apollo, Der Jüngling. Es ſchweigt ſeine Lei'r, Die ſo freudig erklungen beim Göttermahl. Noch trauriger ſchaut Hephaiſtos, Und wahrlich, der Hinkende! nimmermehr Fällt er Hebe'n in's Amt, Und ſchenkt geſchäftig, in der Verſammlung, Den lieblichen Nektar — Und längſt iſt erloſchen Das unauslöſchliche Göttergelächter. Ich hab' Euch niemals geliebt, Ihr Götter! Denn widerwärtig ſind mir die Griechen, Und gar die Römer ſind mir verhaßt.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/368>, abgerufen am 03.05.2024.