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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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Discours von den Rom.
natürlichste/ sondern auch der ver-
möglichst- und glückseligste.

CLXIV. Diß ware nun der
erste Vorschlag. Bey dem andren wol-
te man etwas liberaler gehen/ und
schluge vor/ daß ein schöner Zeit-Ver-
trieb seyn könte/ an statt der Roma-
n
en/ wahrhaffte Historien/ und würck-
lich geschehene Wunderfälle lesen: Be-
sonder (gedachte man) wann man die
Wahl also anstellet/ daß man nicht al-
lein den Leib der Wahrheit/ sondern
auch die Schönheit der Worten hat/
und zwischen den ernsthafften Verlof-
fenheiten allerhand süsse und sinnrei-
che Lehr-Sprüch findet: was könte
ergetzlicher fallen/ als wann einem der
Weg offen steht auß seiner Zeit in das
Alterthum einen Sprung zuthun/ die
langst verschwundene Welt gegen-
wertig zusehen/ und die/ so von den
Würmen längst verdauwt worden/
wider gleichsam aufzuwecken/ und ih-
nen in allen Manieren und Thaten
zuzuschauwen? Dises geschihet durch
Mittel des Historien-Lesens: Man
besichtigt da/ was Phaebus selbst bey
tausend Jahren auß dem Gesicht ver-
lohren/ man reiset ohne Equipage vil

hun-

Diſcours von den Rom.
natuͤrlichſte/ ſondern auch der ver-
moͤglichſt- und gluͤckſeligſte.

CLXIV. Diß ware nun der
erſte Vorſchlag. Bey dem andren wol-
te man etwas liberaler gehen/ und
ſchluge vor/ daß ein ſchoͤner Zeit-Ver-
trieb ſeyn koͤnte/ an ſtatt der Roma-
n
en/ wahrhaffte Hiſtoriẽ/ und wuͤrck-
lich geſchehene Wunderfaͤlle leſen: Be-
ſonder (gedachte man) wann man die
Wahl alſo anſtellet/ daß man nicht al-
lein den Leib der Wahrheit/ ſondern
auch die Schoͤnheit der Worten hat/
und zwiſchen den ernſthafften Verlof-
fenheiten allerhand ſuͤſſe und ſinnrei-
che Lehr-Spruͤch findet: was koͤnte
ergetzlicher fallen/ als wann einem der
Weg offen ſteht auß ſeiner Zeit in das
Alterthum einen Sprung zuthun/ die
langſt verſchwundene Welt gegen-
wertig zuſehen/ und die/ ſo von den
Wuͤrmen laͤngſt verdauwt worden/
wider gleichſam aufzuwecken/ und ih-
nen in allen Manieren und Thaten
zuzuſchauwen? Diſes geſchihet durch
Mittel des Hiſtorien-Leſens: Man
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[214/0262] Diſcours von den Rom. natuͤrlichſte/ ſondern auch der ver- moͤglichſt- und gluͤckſeligſte. CLXIV. Diß ware nun der erſte Vorſchlag. Bey dem andren wol- te man etwas liberaler gehen/ und ſchluge vor/ daß ein ſchoͤner Zeit-Ver- trieb ſeyn koͤnte/ an ſtatt der Roma- nen/ wahrhaffte Hiſtoriẽ/ und wuͤrck- lich geſchehene Wunderfaͤlle leſen: Be- ſonder (gedachte man) wann man die Wahl alſo anſtellet/ daß man nicht al- lein den Leib der Wahrheit/ ſondern auch die Schoͤnheit der Worten hat/ und zwiſchen den ernſthafften Verlof- fenheiten allerhand ſuͤſſe und ſinnrei- che Lehr-Spruͤch findet: was koͤnte ergetzlicher fallen/ als wann einem der Weg offen ſteht auß ſeiner Zeit in das Alterthum einen Sprung zuthun/ die langſt verſchwundene Welt gegen- wertig zuſehen/ und die/ ſo von den Wuͤrmen laͤngſt verdauwt worden/ wider gleichſam aufzuwecken/ und ih- nen in allen Manieren und Thaten zuzuſchauwen? Diſes geſchihet durch Mittel des Hiſtorien-Leſens: Man beſichtigt da/ was Phæbus ſelbſt bey tauſend Jahren auß dem Geſicht ver- lohren/ man reiſet ohne Equipage vil hun-

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/262>, abgerufen am 22.11.2024.