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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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Rom. oder Liebesgschichten/ etc.
mehr Exceß begangen? Ob die
Sappho offentlichen Gewerb ge-
triben? und andere Händel/ die/
wer sie gleichwol wuste/ vil lie-
ber entlehrnen solte.
I nunc &
longam esse vitam nega:
wie un-
recht thut man dann/ wer ab der
Lebenskürtze sich beschwehret?
bißher
Seneca.

LIII. Wie nun die grosse Wespen/
wo ihnen die Flügel abgerissen werden/
auch andern dieselbe abfressen/ also
verpfulen die Roman-Schreiber
auch dem Leser seine gute Zeit schänd-
lich. Denn solche Bücher sein also
geschoben/ daß man sie nicht hin und
her lesen/ sonder das gantze Drama in
seiner Ordnung durchlauffen muß: sie
seyn eingerichtet nach deß Menschen
meisterlosen/ Curieusen Appetit/ hat
einer angefangen (ich rede von den
Einfältigeren) so kriegt er bald lange
Zähne/ wird als in einem Netz ver-
strickt/ daß er alles versaumt und biß
zu End fortfahret. So bekennt Se-Ep. XLVI.
neca, daß es jhm ergangen mit einem
villeicht nutzlicheren Buch. Er habe
es auffgeschlagen/ nur einige Blick da-
rein zuthun/ allein die lustige Materi

habe

Rom. oder Liebesgſchichten/ ꝛc.
mehr Exceß begangen? Ob die
Sappho offentlichen Gewerb ge-
triben? und andere Haͤndel/ die/
wer ſie gleichwol wuſte/ vil lie-
ber entlehrnen ſolte.
I nunc &
longam eſſe vitam nega:
wie un-
recht thut man dann/ wer ab der
Lebenskuͤrtze ſich beſchwehret?
bißher
Seneca.

LIII. Wie nun die groſſe Weſpen/
wo ihnen die Fluͤgel abgeriſſen werden/
auch andern dieſelbe abfreſſen/ alſo
verpfulen die Roman-Schreiber
auch dem Leſer ſeine gute Zeit ſchaͤnd-
lich. Denn ſolche Buͤcher ſein alſo
geſchoben/ daß man ſie nicht hin und
her leſen/ ſonder das gantze Drama in
ſeiner Ordnung durchlauffen muß: ſie
ſeyn eingerichtet nach deß Menſchen
meiſterloſen/ Curieuſen Appetit/ hat
einer angefangen (ich rede von den
Einfaͤltigeren) ſo kriegt er bald lange
Zaͤhne/ wird als in einem Netz ver-
ſtrickt/ daß er alles verſaumt und biß
zu End fortfahret. So bekennt Se-Ep. XLVI.
neca, daß es jhm ergangen mit einem
villeicht nutzlicheren Buch. Er habe
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[63/0111] Rom. oder Liebesgſchichten/ ꝛc. mehr Exceß begangen? Ob die Sappho offentlichen Gewerb ge- triben? und andere Haͤndel/ die/ wer ſie gleichwol wuſte/ vil lie- ber entlehrnen ſolte. I nunc & longam eſſe vitam nega: wie un- recht thut man dann/ wer ab der Lebenskuͤrtze ſich beſchwehret? bißher Seneca. LIII. Wie nun die groſſe Weſpen/ wo ihnen die Fluͤgel abgeriſſen werden/ auch andern dieſelbe abfreſſen/ alſo verpfulen die Roman-Schreiber auch dem Leſer ſeine gute Zeit ſchaͤnd- lich. Denn ſolche Buͤcher ſein alſo geſchoben/ daß man ſie nicht hin und her leſen/ ſonder das gantze Drama in ſeiner Ordnung durchlauffen muß: ſie ſeyn eingerichtet nach deß Menſchen meiſterloſen/ Curieuſen Appetit/ hat einer angefangen (ich rede von den Einfaͤltigeren) ſo kriegt er bald lange Zaͤhne/ wird als in einem Netz ver- ſtrickt/ daß er alles verſaumt und biß zu End fortfahret. So bekennt Se- neca, daß es jhm ergangen mit einem villeicht nutzlicheren Buch. Er habe es auffgeſchlagen/ nur einige Blick da- rein zuthun/ allein die luſtige Materi habe Ep. XLVI.

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/111>, abgerufen am 22.11.2024.