hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn; dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn, was er durch die Stellung des Satzes ist, nem- lich das feste Subject. -- Das Denken, statt im Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo- ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge- danken des Subjects, weil es dasselbe vermisst, zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi- cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das Wesen ausgesprochen ist, welches die Natur des Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch im Prädicate; und nun statt dass es im Prädi- cate in sich gegangen die freye Stellung des Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch vertieft oder wenigstens ist die Foderung vor- handen, in ihn vertiest zu seyn. -- So auch wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge- meine, so vergeht das Wirkliche als Subject, in seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht nur die Bedeutung des Prädicats haben, so dass der Satz diss aussagte, das Wirkliche sey all- gemein, sondern das Allgemeine soll das Wesen des Wirklichen ausdrücken. -- Das Denken ver- liert daher so sehr seinen festen gegenständli- chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und
hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn; dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn, was er durch die Stellung des Satzes ist, nem- lich das feſte Subject. — Das Denken, statt im Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo- ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge- danken des Subjects, weil es daſſelbe vermiſst, zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi- cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das Weſen ausgesprochen ist, welches die Natur des Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch im Prädicate; und nun statt daſs es im Prädi- cate in sich gegangen die freye Stellung des Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch vertieft oder wenigſtens ist die Foderung vor- handen, in ihn vertieſt zu seyn. — So auch wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge- meine, so vergeht das Wirkliche als Subject, in seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht nur die Bedeutung des Prädicats haben, so daſs der Satz diſs ausſagte, das Wirkliche ſey all- gemein, ſondern das Allgemeine ſoll das Weſen des Wirklichen ausdrücken. — Das Denken ver- liert daher ſo ſehr ſeinen festen gegenständli- chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es in Prädicate darauf zurückgeworfen wird, und
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[LXXVIII/0093]
hier nicht Prädicat, sondern das Wesen seyn;
dadurch scheint Gott aufzuhören das zu seyn,
was er durch die Stellung des Satzes ist, nem-
lich das feſte Subject. — Das Denken, statt im
Uebergange von Subjecte zum Prädicate weiter
zu kommen, fühlt sich, da das Subject verlo-
ren geht, vielmehr gehemmt, und zu dem Ge-
danken des Subjects, weil es daſſelbe vermiſst,
zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädi-
cat selbst als ein Subject, als das Seyn, als das
Weſen ausgesprochen ist, welches die Natur des
Subjects erschöpft, das Subject unmittelbar auch
im Prädicate; und nun statt daſs es im Prädi-
cate in sich gegangen die freye Stellung des
Räsonnirens erhielte, ist es in den Inhalt noch
vertieft oder wenigſtens ist die Foderung vor-
handen, in ihn vertieſt zu seyn. — So auch
wenn gesagt wird, das Wirkliche ist das Allge-
meine, so vergeht das Wirkliche als Subject, in
seinem Prädicate. Das Allgemeine soll nicht
nur die Bedeutung des Prädicats haben, so daſs
der Satz diſs ausſagte, das Wirkliche ſey all-
gemein, ſondern das Allgemeine ſoll das Weſen
des Wirklichen ausdrücken. — Das Denken ver-
liert daher ſo ſehr ſeinen festen gegenständli-
chen Boden, den es am Subjecte hatte, als es
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXXVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/93>, abgerufen am 22.11.2024.
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