und von dem Selbstbewusstseyn getrennt ist, mit die- sem vereint. Das einzelne Selbst ist die negative Kraft, durch und in welcher die Götter, so wie deren Mo- mente, die daseyende Natur und die Gedanken ih- rer Bestimmungen, verschwinden; zugleich ist es nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern er- hält sich in dieser Nichtigkeit selbst, ist bey sich und die einzige Wirklichkeit. Die Religion der Kunst hat sich in ihm vollendet und ist vollkommen in sich zurückgegangen. Dadurch dass das einzelne Bewusstseyn in der Gewissheit seiner selbst es ist, das als diese absolute Macht sich darstellt, hat diese die Form eines Vorgestellten, von dem Bewusstseyn überhaupt getrennten und ihm fremden, verloren, wie die Bildsäule, auch die lebendige schöne Kör- perlichkeit oder der Inhalt des Epos und die Mäch- te und Personen der Tragödie waren; -- auch ist die Einheit nicht die bewusstlose des Cultus und der My- sterien; -- sondern das eigentliche Selbst des Schau- spielers fällt mit seiner Person zusammen, so wie der Zuschauer, der in dem, was ihm vorgestellt wird, vollkommen zu Hause ist und sich selbst spielen sieht. Was diss Selbstbewusstseyn anschaut, ist, dass in ihm, was die Form von Wesenheit gegen es an- nimmt, in seinem Denken, Daseyn und Thun sich vielmehr auflöst und preisgegeben ist, es ist die Rük- kehr alles Allgemeinen in die Gewissheit seiner selbst, die hiedurch diese vollkommne Furcht- und
und von dem Selbstbewuſstseyn getrennt iſt, mit die- sem vereint. Das einzelne Selbſt iſt die negative Kraft, durch und in welcher die Götter, so wie deren Mo- mente, die daseyende Natur und die Gedanken ih- rer Beſtimmungen, verschwinden; zugleich iſt es nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern er- hält sich in dieser Nichtigkeit selbſt, iſt bey sich und die einzige Wirklichkeit. Die Religion der Kunſt hat sich in ihm vollendet und iſt vollkommen in sich zurückgegangen. Dadurch daſs das einzelne Bewuſstseyn in der Gewiſsheit seiner selbſt es iſt, das als diese absolute Macht sich darſtellt, hat diese die Form eines Vorgeſtellten, von dem Bewuſstseyn überhaupt getrennten und ihm fremden, verloren, wie die Bildsäule, auch die lebendige schöne Kör- perlichkeit oder der Inhalt des Epos und die Mäch- te und Personen der Tragödie waren; — auch iſt die Einheit nicht die bewuſstlose des Cultus und der My- ſterien; — sondern das eigentliche Selbſt des Schau- spielers fällt mit seiner Person zusammen, so wie der Zuschauer, der in dem, was ihm vorgeſtellt wird, vollkommen zu Hause iſt und sich selbſt spielen sieht. Was diſs Selbſtbewuſstſeyn anschaut, iſt, daſs in ihm, was die Form von Wesenheit gegen es an- nimmt, in seinem Denken, Daseyn und Thun sich vielmehr auflöſt und preisgegeben iſt, es iſt die Rük- kehr alles Allgemeinen in die Gewiſsheit seiner selbſt, die hiedurch diese vollkommne Furcht- und
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und von dem Selbstbewuſstseyn getrennt iſt, mit die-
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durch und in welcher die Götter, so wie deren Mo-
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rer Beſtimmungen, verschwinden; zugleich iſt es
nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern er-
hält sich in dieser Nichtigkeit selbſt, iſt bey sich
und die einzige Wirklichkeit. Die Religion der
Kunſt hat sich in ihm vollendet und iſt vollkommen
in sich zurückgegangen. Dadurch daſs das einzelne
Bewuſstseyn in der Gewiſsheit seiner selbſt es iſt,
das als diese absolute Macht sich darſtellt, hat diese
die Form eines Vorgeſtellten, von dem Bewuſstseyn
überhaupt getrennten und ihm fremden, verloren,
wie die Bildsäule, auch die lebendige schöne Kör-
perlichkeit oder der Inhalt des Epos und die Mäch-
te und Personen der Tragödie waren; — auch iſt
die Einheit nicht die bewuſstlose des Cultus und der My-
ſterien; — sondern das eigentliche Selbſt des Schau-
spielers fällt mit seiner Person zusammen, so wie
der Zuschauer, der in dem, was ihm vorgeſtellt wird,
vollkommen zu Hause iſt und sich selbſt spielen sieht.
Was diſs Selbſtbewuſstſeyn anschaut, iſt, daſs in
ihm, was die Form von Wesenheit gegen es an-
nimmt, in seinem Denken, Daseyn und Thun sich
vielmehr auflöſt und preisgegeben iſt, es iſt die Rük-
kehr alles Allgemeinen in die Gewiſsheit seiner
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/806>, abgerufen am 23.11.2024.
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