Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

rung. Indem der Substanz als solcher dieser Unter-
schied angehört, individualisirt er sich der Vorstel-
lung nicht zu zwey unterschiednen Gestalten, sondern
hat in der Wirklichkeit die zwey Personen seiner Cha-
raktere. Hingegen der Unterschied des Wissens und
Nichtwissens fällt in ein jedes der wirklichen Selbstbe-
wusstseyn
-- und nur in der Abstraction, im Elemente
der Allgemeinheit vertheilter sich an zwey individuel-
le Gestalten. Denn das Selbst der Heros, hat nur Da-
seyn als ganzes Bewusstseyn und ist daher wesentlich
der ganze Unterschied, der der Form angehört; aber
seine Substanz ist bestimmt, und es gehört ihm nur
die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher
erhalten die beyden Seiten des Bewusstseyns, die in
der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigne
Individualität haben, in der Vorstellung jede ihre be-
sondere Gestalt; die eine die des offenbarenden Gottes,
die andre der sich verborgen haltenden Erinnye. Bey-
de geniessen theils gleicher Ehre, theils ist die Gestalt
der Substanz, Zevs, die Nothwendigkeit der Beziehung
beyder aufeinander. Die Substanz ist die Beziehung,
dass das Wissen für sich ist, aber seine Wahrheit an
dem Einfachen, der Unterschied, wodurch das wirk-
liche Bewusstseyn ist, seinen Grund an dem ihn til-
genden innern Wesen, die sich klare Versicherung der
Gewissheit ihre Bestätigung an der Vergessenheit hat.

Das Bewusstseyn schloss diesen Gegensatz durch
das Handeln auf; nach dem offenbaren Wissen han-

X x

rung. Indem der Subſtanz als solcher dieser Unter-
schied angehört, individualisirt er sich der Vorstel-
lung nicht zu zwey unterschiednen Gestalten, sondern
hat in der Wirklichkeit die zwey Personen seiner Cha-
raktere. Hingegen der Unterschied des Wiſſens und
Nichtwiſſens fällt in ein jedes der wirklichen Selbstbe-
wuſstseyn
— und nur in der Abſtraction, im Elemente
der Allgemeinheit vertheilter sich an zwey individuel-
le Gestalten. Denn das Selbſt der Heros, hat nur Da-
seyn als ganzes Bewuſstseyn und iſt daher wesentlich
der ganze Unterschied, der der Form angehört; aber
seine Subſtanz iſt beſtimmt, und es gehört ihm nur
die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher
erhalten die beyden Seiten des Bewuſstseyns, die in
der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigne
Individualität haben, in der Vorſtellung jede ihre be-
sondere Geſtalt; die eine die des offenbarenden Gottes,
die andre der sich verborgen haltenden Erinnye. Bey-
de genieſſen theils gleicher Ehre, theils iſt die Geſtalt
der Subſtanz, Zevs, die Nothwendigkeit der Beziehung
beyder aufeinander. Die Subſtanz iſt die Beziehung,
daſs das Wiſſen für ſich iſt, aber seine Wahrheit an
dem Einfachen, der Unterschied, wodurch das wirk-
liche Bewuſstseyn iſt, seinen Grund an dem ihn til-
genden innern Wesen, die sich klare Verſicherung der
Gewiſsheit ihre Beſtätigung an der Vergeſſenheit hat.

Das Bewuſstseyn schloſs diesen Gegensatz durch
das Handeln auf; nach dem offenbaren Wiſſen han-

X x
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0798" n="689"/>
rung. Indem der Sub&#x017F;tanz als solcher dieser Unter-<lb/>
schied angehört, individualisirt er sich der Vorstel-<lb/>
lung nicht zu zwey unterschiednen Gestalten, sondern<lb/>
hat in der Wirklichkeit die zwey Personen seiner Cha-<lb/>
raktere. Hingegen der Unterschied des Wi&#x017F;&#x017F;ens und<lb/>
Nichtwi&#x017F;&#x017F;ens fällt in ein <hi rendition="#i">jedes</hi> der <hi rendition="#i">wirklichen Selbstbe-<lb/>
wu&#x017F;stseyn</hi> &#x2014; und nur in der Ab&#x017F;traction, im Elemente<lb/>
der Allgemeinheit vertheilter sich an zwey individuel-<lb/>
le Gestalten. Denn das Selb&#x017F;t der Heros, hat nur Da-<lb/>
seyn als ganzes Bewu&#x017F;stseyn und i&#x017F;t daher wesentlich<lb/>
der <hi rendition="#i">ganze</hi> Unterschied, der der Form angehört; aber<lb/>
seine Sub&#x017F;tanz i&#x017F;t be&#x017F;timmt, und es gehört ihm nur<lb/>
die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher<lb/>
erhalten die beyden Seiten des Bewu&#x017F;stseyns, die in<lb/>
der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigne<lb/>
Individualität haben, in <hi rendition="#i">der Vor&#x017F;tellung</hi> jede ihre be-<lb/>
sondere Ge&#x017F;talt; die eine die des offenbarenden Gottes,<lb/>
die andre der sich verborgen haltenden Erinnye. Bey-<lb/>
de genie&#x017F;&#x017F;en theils gleicher Ehre, theils i&#x017F;t die <hi rendition="#i">Ge&#x017F;talt</hi><lb/>
der <hi rendition="#i">Sub&#x017F;tanz</hi>, Zevs, die Nothwendigkeit der <hi rendition="#i">Beziehung</hi><lb/>
beyder aufeinander. Die Sub&#x017F;tanz i&#x017F;t die Beziehung,<lb/>
da&#x017F;s das Wi&#x017F;&#x017F;en für &#x017F;ich i&#x017F;t, aber seine Wahrheit an<lb/>
dem Einfachen, der Unterschied, wodurch das wirk-<lb/>
liche Bewu&#x017F;stseyn i&#x017F;t, seinen Grund an dem ihn til-<lb/>
genden innern Wesen, die sich klare <hi rendition="#i">Ver&#x017F;icherung</hi> der<lb/><hi rendition="#i">Gewi&#x017F;sheit</hi> ihre Be&#x017F;tätigung an der <hi rendition="#i">Verge&#x017F;&#x017F;enheit</hi> hat.</p><lb/>
              <p>Das Bewu&#x017F;stseyn schlo&#x017F;s diesen Gegensatz durch<lb/>
das Handeln auf; nach dem offenbaren Wi&#x017F;&#x017F;en han-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[689/0798] rung. Indem der Subſtanz als solcher dieser Unter- schied angehört, individualisirt er sich der Vorstel- lung nicht zu zwey unterschiednen Gestalten, sondern hat in der Wirklichkeit die zwey Personen seiner Cha- raktere. Hingegen der Unterschied des Wiſſens und Nichtwiſſens fällt in ein jedes der wirklichen Selbstbe- wuſstseyn — und nur in der Abſtraction, im Elemente der Allgemeinheit vertheilter sich an zwey individuel- le Gestalten. Denn das Selbſt der Heros, hat nur Da- seyn als ganzes Bewuſstseyn und iſt daher wesentlich der ganze Unterschied, der der Form angehört; aber seine Subſtanz iſt beſtimmt, und es gehört ihm nur die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher erhalten die beyden Seiten des Bewuſstseyns, die in der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigne Individualität haben, in der Vorſtellung jede ihre be- sondere Geſtalt; die eine die des offenbarenden Gottes, die andre der sich verborgen haltenden Erinnye. Bey- de genieſſen theils gleicher Ehre, theils iſt die Geſtalt der Subſtanz, Zevs, die Nothwendigkeit der Beziehung beyder aufeinander. Die Subſtanz iſt die Beziehung, daſs das Wiſſen für ſich iſt, aber seine Wahrheit an dem Einfachen, der Unterschied, wodurch das wirk- liche Bewuſstseyn iſt, seinen Grund an dem ihn til- genden innern Wesen, die sich klare Verſicherung der Gewiſsheit ihre Beſtätigung an der Vergeſſenheit hat. Das Bewuſstseyn schloſs diesen Gegensatz durch das Handeln auf; nach dem offenbaren Wiſſen han- X x

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/798
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/798>, abgerufen am 23.11.2024.