ligion von einer andern; allein es ist zugleich zu be- merken, dass die Darstellung dieses seines Wissens von sich nach dieser einzelnen Bestimmtheit in der That nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft. Die Reihe der verschiednen Religionen, die sich er- geben werden, stellt ebensosehr wieder nur die ver- schiednen Seiten einer einzigen, und zwar jeder einzel- nen dar, und die Vorstellungen, welche eine wirkliche Religion vor einer andern auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor. Allein zugleich muss die Ver- schiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Reli- gion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines Bewusstseyns und seines Selbst- bewusstseyns befindet, so hat die Bewegung das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben, und der Gestalt, die Gegenstand des Bewusstseyns ist, die Form des Selbstbewusstseyns zu geben. Dieser Unterschied ist aber nicht dadurch schon aufgehoben, dass die Ge- stalten, die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts an ihnen haben, und der Gott als Selbstbewusstseyn vor- gestellt wird. Das vorgestellte Selbst ist nicht das wirk- liche; dass es, wie jede andre nähere Bestimmung der Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muss es theils durch das Thun des Selbstbewusstseyns in sie gesetzt werden, theils muss die niedrige Bestimmung von der höhern aufgehoben und begriffen zu seyn sich zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, vorge- stelltes und seinem Wissen fremd zu seyn, dass das Selbst es hervorgebracht hat, und also die Bestim-
ligion von einer andern; allein es ist zugleich zu be- merken, daſs die Darſtellung dieses seines Wiſſens von sich nach dieser einzelnen Beſtimmtheit in der That nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft. Die Reihe der verschiednen Religionen, die sich er- geben werden, stellt ebensosehr wieder nur die ver- schiednen Seiten einer einzigen, und zwar jeder einzel- nen dar, und die Vorſtellungen, welche eine wirkliche Religion vor einer andern auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor. Allein zugleich muſs die Ver- schiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Reli- gion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines Bewuſstseyns und seines Selbst- bewuſstseyns befindet, so hat die Bewegung das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben, und der Geſtalt, die Gegenſtand des Bewuſstſeyns iſt, die Form des Selbstbewuſstseyns zu geben. Dieser Unterschied ist aber nicht dadurch schon aufgehoben, daſs die Ge- ſtalten, die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts an ihnen haben, und der Gott als Selbſtbewuſstseyn vor- geſtellt wird. Das vorgeſtellte Selbst ist nicht das wirk- liche; daſs es, wie jede andre nähere Bestimmung der Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muſs es theils durch das Thun des Selbstbewuſstseyns in sie gesetzt werden, theils muſs die niedrige Bestimmung von der höhern aufgehoben und begriffen zu seyn sich zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, vorge- stelltes und seinem Wiſſen fremd zu seyn, daſs das Selbst es hervorgebracht hat, und also die Bestim-
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ligion von einer andern; allein es ist zugleich zu be-
merken, daſs die Darſtellung dieses seines Wiſſens
von sich nach dieser einzelnen Beſtimmtheit in der That
nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft.
Die Reihe der verschiednen Religionen, die sich er-
geben werden, stellt ebensosehr wieder nur die ver-
schiednen Seiten einer einzigen, und zwar jeder einzel-
nen dar, und die Vorſtellungen, welche eine wirkliche
Religion vor einer andern auszuzeichnen scheinen,
kommen in jeder vor. Allein zugleich muſs die Ver-
schiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Reli-
gion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich
im Unterschiede seines Bewuſstseyns und seines Selbst-
bewuſstseyns befindet, so hat die Bewegung das Ziel,
diesen Hauptunterschied aufzuheben, und der Geſtalt,
die Gegenſtand des Bewuſstſeyns iſt, die Form des
Selbstbewuſstseyns zu geben. Dieser Unterschied ist
aber nicht dadurch schon aufgehoben, daſs die Ge-
ſtalten, die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts
an ihnen haben, und der Gott als Selbſtbewuſstseyn vor-
geſtellt wird. Das vorgeſtellte Selbst ist nicht das wirk-
liche; daſs es, wie jede andre nähere Bestimmung der
Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muſs es theils
durch das Thun des Selbstbewuſstseyns in sie gesetzt
werden, theils muſs die niedrige Bestimmung von der
höhern aufgehoben und begriffen zu seyn sich zeigen.
Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, vorge-
stelltes und seinem Wiſſen fremd zu seyn, daſs das
Selbst es hervorgebracht hat, und also die Bestim-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/747>, abgerufen am 22.11.2024.
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