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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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friedigt, wenn sie auf einem ihr bekannten
Ruhepunkte angelangt ist.

Wenn aber die Nothwendigkeit des Be-
griffs den losern Gang der räsonnirenden Con-
versation, wie den steifern des wissenschafftli-
chen Gepränges verbannt, so ist schon oben
erinnert worden, dass seine Stelle nicht durch
die Unmethode des Ahndens und der Begeiste-
rung und die Willkühr des prophetischen Re-
dens ersetzt werden soll, welches nicht jene
Wissenschafftlichkeit nur, sondern die Wissen-
schafftlichkeit überhaupt verachtet.

Ehensowenig ist, nachdem die kantische,
noch erst durch den Instinct wiedergesunden,
noch todte, noch unbegriffne Triplicität zu ih-
rer absoluten Bedeutung erhoben, damit die
wahrhaffte Form in ihrem wahrhafften Inhalte
zugleich aufgestellt und der Begriff der Wissen-
schaft hervorgegangen ist, -- derjenige Gebrauch
dieser Form für etwas wissenschafftliches zu hal-
ten, durch den wir sie zum leblosen Schema,
zu einem eigentlichen Schemen, und die wis-
senschafftliche Organisation zur Tabelle herab-
gebracht sehen. -- Dieser Formalismus, von
dem oben schon im Allgemeinen gesprochen,
und dessen Manier wir hier näher angeben
wollen, meynt die Natur und das Leben einer

friedigt, wenn ſie auf einem ihr bekannten
Ruhepunkte angelangt iſt.

Wenn aber die Nothwendigkeit des Be-
griffs den loſern Gang der räſonnirenden Con-
verſation, wie den ſteifern des wiſſenſchafftli-
chen Gepränges verbannt, ſo iſt ſchon oben
erinnert worden, daſs ſeine Stelle nicht durch
die Unmethode des Ahndens und der Begeiſte-
rung und die Willkühr des prophetiſchen Re-
dens erſetzt werden ſoll, welches nicht jene
Wiſſenſchafftlichkeit nur, ſondern die Wiſſen-
ſchafftlichkeit überhaupt verachtet.

Ehenſowenig iſt, nachdem die kantiſche,
noch erſt durch den Inſtinct wiedergeſunden,
noch todte, noch unbegriffne Triplicität zu ih-
rer abſoluten Bedeutung erhoben, damit die
wahrhaffte Form in ihrem wahrhafften Inhalte
zugleich aufgeſtellt und der Begriff der Wiſſen-
ſchaft hervorgegangen iſt, — derjenige Gebrauch
dieſer Form für etwas wiſſenſchafftliches zu hal-
ten, durch den wir ſie zum lebloſen Schema,
zu einem eigentlichen Schemen, und die wiſ-
ſenſchafftliche Organiſation zur Tabelle herab-
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dem oben ſchon im Allgemeinen geſprochen,
und deſſen Manier wir hier näher angeben
wollen, meynt die Natur und das Leben einer

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[LIX/0074] friedigt, wenn ſie auf einem ihr bekannten Ruhepunkte angelangt iſt. Wenn aber die Nothwendigkeit des Be- griffs den loſern Gang der räſonnirenden Con- verſation, wie den ſteifern des wiſſenſchafftli- chen Gepränges verbannt, ſo iſt ſchon oben erinnert worden, daſs ſeine Stelle nicht durch die Unmethode des Ahndens und der Begeiſte- rung und die Willkühr des prophetiſchen Re- dens erſetzt werden ſoll, welches nicht jene Wiſſenſchafftlichkeit nur, ſondern die Wiſſen- ſchafftlichkeit überhaupt verachtet. Ehenſowenig iſt, nachdem die kantiſche, noch erſt durch den Inſtinct wiedergeſunden, noch todte, noch unbegriffne Triplicität zu ih- rer abſoluten Bedeutung erhoben, damit die wahrhaffte Form in ihrem wahrhafften Inhalte zugleich aufgeſtellt und der Begriff der Wiſſen- ſchaft hervorgegangen iſt, — derjenige Gebrauch dieſer Form für etwas wiſſenſchafftliches zu hal- ten, durch den wir ſie zum lebloſen Schema, zu einem eigentlichen Schemen, und die wiſ- ſenſchafftliche Organiſation zur Tabelle herab- gebracht ſehen. — Dieſer Formalismus, von dem oben ſchon im Allgemeinen geſprochen, und deſſen Manier wir hier näher angeben wollen, meynt die Natur und das Leben einer

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/74>, abgerufen am 04.05.2024.