zu seyn, sondern es ist alle Wirklichkeit, und diese Wirklichkeit ist nur als Wissen; was das Bewusst- seyn nicht wüsste, hätte keinen Sinn und kann kei- ne Macht für es seyn; in seinen wissenden Willen hat sich alle Gegenständlichkeit und Welt zurückge- zogen. Es ist absolut frey, darin dass es seine Frey- heit weiss, und eben diss Wissen seiner Freyheit ist seine Substanz und Zweck und einziger Inhalt.
a. Die moralische Weltanschauung.
Das Selbstbewusstseyn weiss die Pflicht, als das absolute Wesein; es ist nur durch sie gebunden, und diese Substanz ist sein eignes reines Bewusstseyn; die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für es erhalten. So aber in sich selbst beschlossen ist das moralische Selbstbewusstseyn noch nicht als Be- wusstseyn gesetzt und betrachtet. Der Gegenstand ist unmittelbares Wissen, und so rein von dem Selbst durchdrungen ist er nicht Gegenstand. Aber we- sentlich die Vermittlung und Negativität, hat es in seinem Begriffe die Beziehung auf ein Andersseyn; und ist Bewusstseyn. Diss Andersseyn ist einerseits, weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck und Gegenstand ausmacht, für es eine völlig bedeu- tungslose Wirklichkeit. Weil diss Bewusstseyn aber so vollkommen in sich beschlossen ist, so verhält es sich gegen diss Audersseyn vollkommen frey und
zu seyn, sondern es ist alle Wirklichkeit, und dieſe Wirklichkeit ist nur als Wiſſen; was das Bewuſst- seyn nicht wüſste, hätte keinen Sinn und kann kei- ne Macht für es seyn; in seinen wiſſenden Willen hat sich alle Gegenſtändlichkeit und Welt zurückge- zogen. Es ist abſolut frey, darin daſs es seine Frey- heit weiſs, und eben diſs Wiſſen seiner Freyheit ist seine Subſtanz und Zweck und einziger Inhalt.
a. Die moralische Weltanschauung.
Das Selbſtbewuſstſeyn weiſs die Pflicht, als das abſolute Wesein; es ist nur durch sie gebunden, und dieſe Subſtanz ist sein eignes reines Bewuſstseyn; die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für es erhalten. So aber in sich selbſt beschloſſen ist das moralische Selbſtbewuſstseyn noch nicht als Be- wuſstseyn gesetzt und betrachtet. Der Gegenſtand ist unmittelbares Wiſſen, und so rein von dem Selbſt durchdrungen ist er nicht Gegenſtand. Aber we- ſentlich die Vermittlung und Negativität, hat es in seinem Begriffe die Beziehung auf ein Andersſeyn; und ist Bewuſstseyn. Diſs Andersſeyn ist einerseits, weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck und Gegenſtand ausmacht, für es eine völlig bedeu- tungslose Wirklichkeit. Weil diſs Bewuſstseyn aber so vollkommen in sich beſchloſſen ist, so verhält es sich gegen diſs Audersſeyn vollkommen frey und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0659"n="550"/>
zu seyn, sondern es ist alle <hirendition="#i"><choice><sic>Wlrklichkeit</sic><corr>Wirklichkeit</corr></choice></hi>, und dieſe<lb/>
Wirklichkeit ist nur als Wiſſen; was das Bewuſst-<lb/>
seyn nicht wüſste, hätte keinen Sinn und kann kei-<lb/>
ne Macht für es seyn; in seinen wiſſenden Willen<lb/>
hat sich alle Gegenſtändlichkeit und Welt zurückge-<lb/>
zogen. Es ist abſolut frey, darin daſs es seine Frey-<lb/>
heit weiſs, und eben diſs Wiſſen seiner Freyheit ist<lb/>
seine Subſtanz und Zweck und einziger Inhalt.</p><lb/><divn="4"><head>a.<lb/>
Die moralische Weltanschauung.</head><lb/><p>Das Selbſtbewuſstſeyn weiſs die Pflicht, als das<lb/>
abſolute Wesein; es ist nur durch sie gebunden, und<lb/>
dieſe Subſtanz ist sein eignes reines Bewuſstseyn;<lb/>
die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für<lb/>
es erhalten. So aber in sich selbſt beschloſſen ist<lb/>
das moralische Selbſtbewuſstseyn noch nicht als <hirendition="#i">Be-<lb/>
wuſstseyn</hi> gesetzt und betrachtet. Der Gegenſtand ist<lb/>
unmittelbares Wiſſen, und so rein von dem Selbſt<lb/>
durchdrungen ist er nicht Gegenſtand. Aber we-<lb/>ſentlich die Vermittlung und Negativität, hat es in<lb/>
seinem Begriffe die Beziehung auf ein <hirendition="#i">Andersſeyn</hi>;<lb/>
und ist Bewuſstseyn. Diſs Andersſeyn ist einerseits,<lb/>
weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck<lb/>
und Gegenſtand ausmacht, für es eine völlig <hirendition="#i">bedeu-<lb/>
tungslose</hi> Wirklichkeit. Weil diſs Bewuſstseyn aber so<lb/>
vollkommen in sich beſchloſſen ist, so verhält es<lb/>
sich gegen diſs Audersſeyn vollkommen frey und<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[550/0659]
zu seyn, sondern es ist alle Wirklichkeit, und dieſe
Wirklichkeit ist nur als Wiſſen; was das Bewuſst-
seyn nicht wüſste, hätte keinen Sinn und kann kei-
ne Macht für es seyn; in seinen wiſſenden Willen
hat sich alle Gegenſtändlichkeit und Welt zurückge-
zogen. Es ist abſolut frey, darin daſs es seine Frey-
heit weiſs, und eben diſs Wiſſen seiner Freyheit ist
seine Subſtanz und Zweck und einziger Inhalt.
a.
Die moralische Weltanschauung.
Das Selbſtbewuſstſeyn weiſs die Pflicht, als das
abſolute Wesein; es ist nur durch sie gebunden, und
dieſe Subſtanz ist sein eignes reines Bewuſstseyn;
die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für
es erhalten. So aber in sich selbſt beschloſſen ist
das moralische Selbſtbewuſstseyn noch nicht als Be-
wuſstseyn gesetzt und betrachtet. Der Gegenſtand ist
unmittelbares Wiſſen, und so rein von dem Selbſt
durchdrungen ist er nicht Gegenſtand. Aber we-
ſentlich die Vermittlung und Negativität, hat es in
seinem Begriffe die Beziehung auf ein Andersſeyn;
und ist Bewuſstseyn. Diſs Andersſeyn ist einerseits,
weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck
und Gegenſtand ausmacht, für es eine völlig bedeu-
tungslose Wirklichkeit. Weil diſs Bewuſstseyn aber so
vollkommen in sich beſchloſſen ist, so verhält es
sich gegen diſs Audersſeyn vollkommen frey und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/659>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.