deutung auftritt. -- In der Welt der Sittlichkeit, Gesetz und Befehl, -- in der Welt der Wirklichkeit, erst Rath, hat sie das Wesen zum Inhalte, und ist dessen Form; hier aber erhält sie die Form, welche sie ist, selbst zum Inhalte, und gilt als Sprache; es ist die Krafft des Sprechens, als eines solchen, wel- che das ausführt, was auszuführen ist. Denn sie ist das Daseyn des reinen Selbsts, als Selbsts; in ihr tritt die für sichseyende Einzelnheit des Selbstbewusstseyns als solche in die Existenz, so dass sie für andre ist. Ich als dieses reine Ich ist sonst nicht da; in jeder andern Aeusserung ist es in eine Wirklichkeit ver- senkt, und in einer Gestalt, aus welcher es sich zu- rückziehen kann; es ist aus seiner Handlung, wie aus seinem physiognomischen Ausdrucke in sich re- flectirt, und lässt solches unvollständiges Daseyn, worin immer ebensosehr zu viel als zu wenig ist, entseelt liegen. Die Sprache aber enthält es in sei- ner Reinheit, sie allein spricht Ich aus, es selbst. Diss sein Daseyn ist als Daseyn eine Gegenständlich- keit, welche seine wahre Natur an ihr hat. Ich ist dieses Ich -- aber ebenso allgemeines; sein Erschei- nen ist ebenso unmittelbar die Entäusserung und das Verschwinden dieses Ichs, und dadurch sein Bleiben in seiner Allgemeinheit. Ich, das sich ausspricht, ist vernommen; es ist eine Ansteckung, worin es un- mittelbar in die Einheit mit denen, für welche es da ist, übergegangen und allgemeines Selbstbewusst- seyn ist. -- Dass es vernommen wird, darin ist sein
deutung auftritt. — In der Welt der Sittlichkeit, Gesetz und Befehl, — in der Welt der Wirklichkeit, erst Rath, hat sie das Wesen zum Inhalte, und ist deſſen Form; hier aber erhält sie die Form, welche sie ist, selbst zum Inhalte, und gilt als Sprache; es ist die Krafft des Sprechens, als eines solchen, wel- che das ausführt, was auszuführen ist. Denn sie ist das Daseyn des reinen Selbsts, als Selbsts; in ihr tritt die für sichseyende Einzelnheit des Selbstbewuſstseyns als solche in die Existenz, so daſs sie für andre ist. Ich als dieses reine Ich ist sonſt nicht da; in jeder andern Aeuſserung ist es in eine Wirklichkeit ver- ſenkt, und in einer Geſtalt, aus welcher es sich zu- rückziehen kann; es ist aus seiner Handlung, wie aus seinem physiognomischen Ausdrucke in sich re- flectirt, und läſst solches unvollſtändiges Daseyn, worin immer ebensosehr zu viel als zu wenig ist, entseelt liegen. Die Sprache aber enthält es in sei- ner Reinheit, sie allein spricht Ich aus, es selbſt. Diſs sein Daseyn ist als Daseyn eine Gegenſtändlich- keit, welche seine wahre Natur an ihr hat. Ich ist dieses Ich — aber ebenso allgemeines; sein Erschei- nen ist ebenso unmittelbar die Entäuſserung und das Verschwinden dieses Ichs, und dadurch sein Bleiben in seiner Allgemeinheit. Ich, das sich ausspricht, ist vernommen; es ist eine Anſteckung, worin es un- mittelbar in die Einheit mit denen, für welche es da ist, übergegangen und allgemeines Selbstbewuſst- seyn ist. — Daſs es vernommen wird, darin ist sein
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deutung auftritt. — In der Welt der Sittlichkeit,
Gesetz und Befehl, — in der Welt der Wirklichkeit,
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deſſen Form; hier aber erhält sie die Form, welche
sie ist, selbst zum Inhalte, und gilt als Sprache; es
ist die Krafft des Sprechens, als eines solchen, wel-
che das ausführt, was auszuführen ist. Denn sie ist
das Daseyn des reinen Selbsts, als Selbsts; in ihr tritt
die für sichseyende Einzelnheit des Selbstbewuſstseyns
als solche in die Existenz, so daſs sie für andre ist.
Ich als dieses reine Ich ist sonſt nicht da; in jeder
andern Aeuſserung ist es in eine Wirklichkeit ver-
ſenkt, und in einer Geſtalt, aus welcher es sich zu-
rückziehen kann; es ist aus seiner Handlung, wie
aus seinem physiognomischen Ausdrucke in sich re-
flectirt, und läſst solches unvollſtändiges Daseyn,
worin immer ebensosehr zu viel als zu wenig ist,
entseelt liegen. Die Sprache aber enthält es in sei-
ner Reinheit, sie allein spricht Ich aus, es selbſt.
Diſs sein Daseyn ist als Daseyn eine Gegenſtändlich-
keit, welche seine wahre Natur an ihr hat. Ich ist
dieses Ich — aber ebenso allgemeines; sein Erschei-
nen ist ebenso unmittelbar die Entäuſserung und das
Verschwinden dieses Ichs, und dadurch sein Bleiben
in seiner Allgemeinheit. Ich, das sich ausspricht,
ist vernommen; es ist eine Anſteckung, worin es un-
mittelbar in die Einheit mit denen, für welche es
da ist, übergegangen und allgemeines Selbstbewuſst-
seyn ist. — Daſs es vernommen wird, darin ist sein
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/562>, abgerufen am 22.11.2024.
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