der neuern Zeit hingegen findet das Individuum die abstracte Form vorbereitet; die Anstrengung sie zu ergreiffen und sich zu eigen zu machen, ist mehr das unvermittelte Hervortreiben des Innern und abgeschnittne Erzeugen des Allgemeinen, als ein Hervorgehen desselben aus dem Concreten und der Mannichfaltigkeit des Daseyns. Itzt be- steht darum die Arbeit nicht sosehr darin, das In- dividuum aus der unmittelbaren sinnlichen Weise zu reinigen und es zur gedachten und denken- den Substanz zu machen, als vielmehr in dem entgegengesetzten, durch das Aufheben der fe- sten bestimmten Gedanken das Allgemeine zu ver- wirklichen und zu begeisten. Es ist aber weit schwerer, die festen Gedanken in Flüssigkeit zu bringen, als das sinnliche Daseyn. Der Grund ist das vorhin angegebene; jene Bestimmungen haben das Ich, die Macht des Negativen oder die reine Wirklichkeit zur Substanz und zum Ele- ment ihres Daseyns; die sinnlichen Bestimmun- gen dagegen nur die unmächtige abstracte Un- mittelbarkeit oder das Seyn als solches. Die Gedanken werden flüssig, indem das reine Den- ken, diese innere Unmittelbarkeit, sich als Mo- ment erkennt oder indem die reine Gewissheit seiner selbst von sich abstrahirt; -- nicht sich weglässt, auf die Seite setzt, sondern das Fixe
der neuern Zeit hingegen findet das Individuum die abstracte Form vorbereitet; die Anstrengung sie zu ergreiffen und sich zu eigen zu machen, ist mehr das unvermittelte Hervortreiben des Innern und abgeschnittne Erzeugen des Allgemeinen, als ein Hervorgehen deſſelben aus dem Concreten und der Mannichfaltigkeit des Daseyns. Itzt be- steht darum die Arbeit nicht sosehr darin, das In- dividuum aus der unmittelbaren sinnlichen Weise zu reinigen und es zur gedachten und denken- den Substanz zu machen, als vielmehr in dem entgegengesetzten, durch das Aufheben der fe- sten bestimmten Gedanken das Allgemeine zu ver- wirklichen und zu begeisten. Es ist aber weit schwerer, die festen Gedanken in Flüſſigkeit zu bringen, als das sinnliche Daseyn. Der Grund ist das vorhin angegebene; jene Bestimmungen haben das Ich, die Macht des Negativen oder die reine Wirklichkeit zur Substanz und zum Ele- ment ihres Daseyns; die sinnlichen Bestimmun- gen dagegen nur die unmächtige abstracte Un- mittelbarkeit oder das Seyn als solches. Die Gedanken werden flüſſig, indem das reine Den- ken, diese innere Unmittelbarkeit, sich als Mo- ment erkennt oder indem die reine Gewiſsheit seiner selbst von sich abstrahirt; — nicht sich wegläſst, auf die Seite setzt, sondern das Fixe
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[XL/0055]
der neuern Zeit hingegen findet das Individuum
die abstracte Form vorbereitet; die Anstrengung
sie zu ergreiffen und sich zu eigen zu machen, ist
mehr das unvermittelte Hervortreiben des Innern
und abgeschnittne Erzeugen des Allgemeinen,
als ein Hervorgehen deſſelben aus dem Concreten
und der Mannichfaltigkeit des Daseyns. Itzt be-
steht darum die Arbeit nicht sosehr darin, das In-
dividuum aus der unmittelbaren sinnlichen Weise
zu reinigen und es zur gedachten und denken-
den Substanz zu machen, als vielmehr in dem
entgegengesetzten, durch das Aufheben der fe-
sten bestimmten Gedanken das Allgemeine zu ver-
wirklichen und zu begeisten. Es ist aber weit
schwerer, die festen Gedanken in Flüſſigkeit zu
bringen, als das sinnliche Daseyn. Der Grund
ist das vorhin angegebene; jene Bestimmungen
haben das Ich, die Macht des Negativen oder die
reine Wirklichkeit zur Substanz und zum Ele-
ment ihres Daseyns; die sinnlichen Bestimmun-
gen dagegen nur die unmächtige abstracte Un-
mittelbarkeit oder das Seyn als solches. Die
Gedanken werden flüſſig, indem das reine Den-
ken, diese innere Unmittelbarkeit, sich als Mo-
ment erkennt oder indem die reine Gewiſsheit
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. XL. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/55>, abgerufen am 25.11.2024.
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