recht, wie wir gesehen, so auf, dass was geschehen ist, vielmehr ein Werk wird, damit das Seyn, das Letzte, auch ein gewolltes und hiemit erfreulich sey.
Das sittliche Reich ist auf diese Weise in sei- nem Bestehen eine unbefleckte durch keinen Zwie- spalt verunreinigte Welt. Ebenso ist seine Bewe- gung ein ruhiges Werden der einen Macht dessel- ben zur andern, so dass jede die andere selbst erhält und hervorbringt. Wir sehen sie zwar in zwey Weseen und deren Wirklichkeit sich theilen; aber ihr Gegensatz ist vielmehr die Bewährung des Einen durch das Andere, und, worin sie sich unmittelbar als wirkliche berühren, ihre Mitte und Element ist die unmittelbare Durchdringung derselben. Das eine Extrem, der allgemeine sich bewusste Geist, wird mit seinem andern Extrem, seiner Krafft und sei- nem Element, mit dem bewusstlosen Geiste, durch die Individualitat des Mannes zusammen geschlossen. Dagegen hat das göttliche Gesetz seine Individualisi- rung, oder der bewusstlose Geist des Einzelnen sein Daseyn an dem Weibe, durch welches als die Mitte er aus seiner Unwirklichkeit in die Wirklichkeit, aus dem Unwissenden und Ungewussten in das be- wusste Reich herauftritt. Die Vereinigung des Man- nes und des Weibes macht die thätige Mitte des Gan- zen und das Element aus, das, in diese Extreme des göttlichen und menschlichen Gesetzes entzweyt, ebenso ihre unmittelbare Vereinigung ist, welche jene beyden ersten Schlüsse zu demselben Schlusse
recht, wie wir gesehen, so auf, daſs was geschehen ist, vielmehr ein Werk wird, damit das Seyn, das Letzte, auch ein gewolltes und hiemit erfreulich sey.
Das sittliche Reich ist auf diese Weise in sei- nem Bestehen eine unbefleckte durch keinen Zwie- spalt verunreinigte Welt. Ebenso ist seine Bewe- gung ein ruhiges Werden der einen Macht dessel- ben zur andern, so daſs jede die andere selbst erhält und hervorbringt. Wir sehen sie zwar in zwey Weseen und deren Wirklichkeit sich theilen; aber ihr Gegensatz ist vielmehr die Bewährung des Einen durch das Andere, und, worin sie sich unmittelbar als wirkliche berühren, ihre Mitte und Element ist die unmittelbare Durchdringung derselben. Das eine Extrem, der allgemeine sich bewuſste Geist, wird mit seinem andern Extrem, seiner Krafft und sei- nem Element, mit dem bewuſstlosen Geiste, durch die Individualitat des Mannes zusammen geschlossen. Dagegen hat das göttliche Gesetz seine Individualisi- rung, oder der bewuſstlose Geist des Einzelnen sein Daseyn an dem Weibe, durch welches als die Mitte er aus seiner Unwirklichkeit in die Wirklichkeit, aus dem Unwissenden und Ungewuſsten in das be- wuſste Reich herauftritt. Die Vereinigung des Man- nes und des Weibes macht die thätige Mitte des Gan- zen und das Element aus, das, in diese Extreme des göttlichen und menschlichen Gesetzes entzweyt, ebenso ihre unmittelbare Vereinigung ist, welche jene beyden ersten Schlüsse zu demselben Schlusse
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recht, wie wir gesehen, so auf, daſs was geschehen
ist, vielmehr ein Werk wird, damit das Seyn, das
Letzte, auch ein gewolltes und hiemit erfreulich sey.
Das sittliche Reich ist auf diese Weise in sei-
nem Bestehen eine unbefleckte durch keinen Zwie-
spalt verunreinigte Welt. Ebenso ist seine Bewe-
gung ein ruhiges Werden der einen Macht dessel-
ben zur andern, so daſs jede die andere selbst erhält
und hervorbringt. Wir sehen sie zwar in zwey
Weseen und deren Wirklichkeit sich theilen; aber ihr
Gegensatz ist vielmehr die Bewährung des Einen
durch das Andere, und, worin sie sich unmittelbar
als wirkliche berühren, ihre Mitte und Element ist die
unmittelbare Durchdringung derselben. Das eine
Extrem, der allgemeine sich bewuſste Geist, wird
mit seinem andern Extrem, seiner Krafft und sei-
nem Element, mit dem bewuſstlosen Geiste, durch
die Individualitat des Mannes zusammen geschlossen.
Dagegen hat das göttliche Gesetz seine Individualisi-
rung, oder der bewuſstlose Geist des Einzelnen sein
Daseyn an dem Weibe, durch welches als die Mitte
er aus seiner Unwirklichkeit in die Wirklichkeit,
aus dem Unwissenden und Ungewuſsten in das be-
wuſste Reich herauftritt. Die Vereinigung des Man-
nes und des Weibes macht die thätige Mitte des Gan-
zen und das Element aus, das, in diese Extreme des
göttlichen und menschlichen Gesetzes entzweyt,
ebenso ihre unmittelbare Vereinigung ist, welche
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/511>, abgerufen am 22.11.2024.
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