Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Thun oder negativen Eins frey gelassen, ist die leere
Einzelnheit, nur ein passives Seyn für anderes, aller
niedrigen vernunftlosen Individualität und den Kräff-
ten abstracter Stoffe preisgegeben, wovon jene um
des Lebens willen, das sie hat, diese um ihrer nega-
tiven Natur willen itzt mächtiger sind, als er. Diss
ihn entehrende Thun bewusstloser Begierde und ab-
stracter Wesen hält die Familie von ihm ab, setzt
das ihrige an die Stelle, und vermahlt den Verwand-
ten dem Schosse der Erde, der elementarischen un-
vergänglichen Individualität; sie macht ihn hierdurch
zum Genossen eines Gemeinwesens, welches viel-
mehr die Kräffte der einzelnen Stoffe und die nie-
drigen Lebendigkeiten, die gegen ihn frey werden
und ihn zerstören wollten, überwältigt und gebun-
den hält.

Diese letzte Pflicht macht also das vollkommene
göttliche Gesetz, oder die positive sittliche Handlung
gegen den Einzelnen aus. Alles andre Verhältniss
gegen ihn, das nicht in der Liebe stehen bleibt, son-
dern sittlich ist, gehört dem menschlichen Gesetze
an, und hat die negative Bedeutung, den Einzelnen
über die Einschliessung in das natürliche Gemein-
wesen zu erheben, dem er als wirklicher angehört.
Wenn nun aber schon das menschliche Recht zu sei-
nem Inhalte und Macht die wirkliche ihrer bewusste
sittliche Substanz, das ganze Volk, hat; das göttliche
Recht und Gesetz aber den Einzelnen, der jenseits
der Wirklichkeit ist, so ist er nicht ohne Macht;

Thun oder negativen Eins frey gelassen, ist die leere
Einzelnheit, nur ein passives Seyn für anderes, aller
niedrigen vernunftlosen Individualität und den Kräff-
ten abstracter Stoffe preisgegeben, wovon jene um
des Lebens willen, das sie hat, diese um ihrer nega-
tiven Natur willen itzt mächtiger sind, als er. Diſs
ihn entehrende Thun bewuſstloser Begierde und ab-
stracter Wesen hält die Familie von ihm ab, setzt
das ihrige an die Stelle, und vermahlt den Verwand-
ten dem Schoſse der Erde, der elementarischen un-
vergänglichen Individualität; sie macht ihn hierdurch
zum Genossen eines Gemeinwesens, welches viel-
mehr die Kräffte der einzelnen Stoffe und die nie-
drigen Lebendigkeiten, die gegen ihn frey werden
und ihn zerstören wollten, überwältigt und gebun-
den hält.

Diese letzte Pflicht macht also das vollkommene
göttliche Gesetz, oder die positive sittliche Handlung
gegen den Einzelnen aus. Alles andre Verhältniſs
gegen ihn, das nicht in der Liebe stehen bleibt, son-
dern sittlich ist, gehört dem menschlichen Gesetze
an, und hat die negative Bedeutung, den Einzelnen
über die Einschlieſsung in das natürliche Gemein-
wesen zu erheben, dem er als wirklicher angehört.
Wenn nun aber schon das menschliche Recht zu sei-
nem Inhalte und Macht die wirkliche ihrer bewuſste
sittliche Substanz, das ganze Volk, hat; das göttliche
Recht und Gesetz aber den Einzelnen, der jenseits
der Wirklichkeit ist, so ist er nicht ohne Macht;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0500" n="391"/><hi rendition="#i">Thun</hi> oder negativen Eins frey gelassen, ist die leere<lb/>
Einzelnheit, nur ein passives <hi rendition="#i">Seyn für anderes</hi>, aller<lb/>
niedrigen vernunftlosen Individualität und den Kräff-<lb/>
ten abstracter Stoffe preisgegeben, wovon jene um<lb/>
des Lebens willen, das sie hat, diese um ihrer nega-<lb/>
tiven Natur willen itzt mächtiger sind, als er. Di&#x017F;s<lb/>
ihn entehrende Thun bewu&#x017F;stloser Begierde und ab-<lb/>
stracter Wesen hält die Familie von ihm ab, setzt<lb/>
das ihrige an die Stelle, und vermahlt den Verwand-<lb/>
ten dem Scho&#x017F;se der Erde, der elementarischen un-<lb/>
vergänglichen Individualität; sie macht ihn hierdurch<lb/>
zum Genossen eines Gemeinwesens, welches viel-<lb/>
mehr die Kräffte der einzelnen Stoffe und die nie-<lb/>
drigen Lebendigkeiten, die gegen ihn frey werden<lb/>
und ihn zerstören wollten, überwältigt und gebun-<lb/>
den hält.</p><lb/>
              <p>Diese letzte Pflicht macht also das vollkommene<lb/><hi rendition="#i">göttliche</hi> Gesetz, oder die positive <hi rendition="#i">sittliche</hi> Handlung<lb/>
gegen den Einzelnen aus. Alles andre Verhältni&#x017F;s<lb/>
gegen ihn, das nicht in der Liebe stehen bleibt, son-<lb/>
dern sittlich ist, gehört dem menschlichen Gesetze<lb/>
an, und hat die negative Bedeutung, den Einzelnen<lb/>
über die Einschlie&#x017F;sung in das natürliche Gemein-<lb/>
wesen zu erheben, dem er als <hi rendition="#i">wirklicher</hi> angehört.<lb/>
Wenn nun aber schon das menschliche Recht zu sei-<lb/>
nem Inhalte und Macht die wirkliche ihrer bewu&#x017F;ste<lb/>
sittliche Substanz, das ganze Volk, hat; das göttliche<lb/>
Recht und Gesetz aber den Einzelnen, der jenseits<lb/>
der Wirklichkeit ist, so ist er nicht ohne Macht;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0500] Thun oder negativen Eins frey gelassen, ist die leere Einzelnheit, nur ein passives Seyn für anderes, aller niedrigen vernunftlosen Individualität und den Kräff- ten abstracter Stoffe preisgegeben, wovon jene um des Lebens willen, das sie hat, diese um ihrer nega- tiven Natur willen itzt mächtiger sind, als er. Diſs ihn entehrende Thun bewuſstloser Begierde und ab- stracter Wesen hält die Familie von ihm ab, setzt das ihrige an die Stelle, und vermahlt den Verwand- ten dem Schoſse der Erde, der elementarischen un- vergänglichen Individualität; sie macht ihn hierdurch zum Genossen eines Gemeinwesens, welches viel- mehr die Kräffte der einzelnen Stoffe und die nie- drigen Lebendigkeiten, die gegen ihn frey werden und ihn zerstören wollten, überwältigt und gebun- den hält. Diese letzte Pflicht macht also das vollkommene göttliche Gesetz, oder die positive sittliche Handlung gegen den Einzelnen aus. Alles andre Verhältniſs gegen ihn, das nicht in der Liebe stehen bleibt, son- dern sittlich ist, gehört dem menschlichen Gesetze an, und hat die negative Bedeutung, den Einzelnen über die Einschlieſsung in das natürliche Gemein- wesen zu erheben, dem er als wirklicher angehört. Wenn nun aber schon das menschliche Recht zu sei- nem Inhalte und Macht die wirkliche ihrer bewuſste sittliche Substanz, das ganze Volk, hat; das göttliche Recht und Gesetz aber den Einzelnen, der jenseits der Wirklichkeit ist, so ist er nicht ohne Macht;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/500
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/500>, abgerufen am 22.11.2024.