los, -- eine Sprache, deren Töne und Tonverbin- dungen nicht die Sache selbst, sondern durch die freye Willkühr mit ihr verknüpft und zufällig für sie sind.
Eine solche willkührliche Verbindung von sol- chen, die ein Aeusseres für einander sind, gibt kein Gesetz. Die Physiognomik soll sich aber von an- dern schlechten Künsten und heillosen Studien da- durch unterscheiden, dass sie die bestimmte Indivi- dualität in dem nothwendigen Gegensatze eines Innern und Aeussern, des Charakters als bewussten Wesens, und ebendesselben als seyender Gestalt betrachtet, und diese Momente so auf einander bezieht, wie sie durch ihren Begriff aufeinander bezogen sind, und daher den Inhalt eines Gesetzes ausmachen müssen. In der Astrologie, Chiromantie und dergleichen Wis- senschafsten hingegen scheint nur Aeusseres auf Aeusseres, irgend etwas auf ein ihm fremdes, bezo- gen zu seyn. Diese Constellation bey der Geburt, und wenn diss Aeussere näher auf den Leib selbst ge- rückt wird, diese Züge der Hand sind äussere Mo- mente für das lange oder kurze Leben, und das Schicksal des einzelnen Menschen überhaupt. Als Aeusserlichkeiten verhalten sie sich gleichgültig zu- einander und haben nicht die Nothwendigkeit für- einander, welche in der Beziehung eines Aeussern und Innern liegen soll.
Die Hand freylich scheint nicht so sehr etwas äu- sseres für das Schicksal zu seyn, sondern vielmehr
los, — eine Sprache, deren Töne und Tonverbin- dungen nicht die Sache selbst, sondern durch die freye Willkühr mit ihr verknüpft und zufällig für sie sind.
Eine solche willkührliche Verbindung von sol- chen, die ein Aeuſseres für einander sind, gibt kein Gesetz. Die Physiognomik soll sich aber von an- dern schlechten Künsten und heillosen Studien da- durch unterscheiden, daſs sie die bestimmte Indivi- dualität in dem nothwendigen Gegensatze eines Innern und Aeuſsern, des Charakters als bewuſsten Wesens, und ebendesselben als seyender Gestalt betrachtet, und diese Momente so auf einander bezieht, wie sie durch ihren Begriff aufeinander bezogen sind, und daher den Inhalt eines Gesetzes ausmachen müssen. In der Astrologie, Chiromantie und dergleichen Wis- senschafſten hingegen scheint nur Aeuſseres auf Aeuſseres, irgend etwas auf ein ihm fremdes, bezo- gen zu seyn. Diese Constellation bey der Geburt, und wenn diſs Aeuſsere näher auf den Leib selbst ge- rückt wird, diese Züge der Hand sind äuſsere Mo- mente für das lange oder kurze Leben, und das Schicksal des einzelnen Menschen überhaupt. Als Aeuſserlichkeiten verhalten sie sich gleichgültig zu- einander und haben nicht die Nothwendigkeit für- einander, welche in der Beziehung eines Aeuſsern und Innern liegen soll.
Die Hand freylich scheint nicht so sehr etwas äu- ſseres für das Schicksal zu seyn, sondern vielmehr
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los, — eine Sprache, deren Töne und Tonverbin-
dungen nicht die Sache selbst, sondern durch die
freye Willkühr mit ihr verknüpft und zufällig für
sie sind.
Eine solche willkührliche Verbindung von sol-
chen, die ein Aeuſseres für einander sind, gibt kein
Gesetz. Die Physiognomik soll sich aber von an-
dern schlechten Künsten und heillosen Studien da-
durch unterscheiden, daſs sie die bestimmte Indivi-
dualität in dem nothwendigen Gegensatze eines Innern
und Aeuſsern, des Charakters als bewuſsten Wesens,
und ebendesselben als seyender Gestalt betrachtet,
und diese Momente so auf einander bezieht, wie sie
durch ihren Begriff aufeinander bezogen sind, und
daher den Inhalt eines Gesetzes ausmachen müssen.
In der Astrologie, Chiromantie und dergleichen Wis-
senschafſten hingegen scheint nur Aeuſseres auf
Aeuſseres, irgend etwas auf ein ihm fremdes, bezo-
gen zu seyn. Diese Constellation bey der Geburt,
und wenn diſs Aeuſsere näher auf den Leib selbst ge-
rückt wird, diese Züge der Hand sind äuſsere Mo-
mente für das lange oder kurze Leben, und das
Schicksal des einzelnen Menschen überhaupt. Als
Aeuſserlichkeiten verhalten sie sich gleichgültig zu-
einander und haben nicht die Nothwendigkeit für-
einander, welche in der Beziehung eines Aeuſsern
und Innern liegen soll.
Die Hand freylich scheint nicht so sehr etwas äu-
ſseres für das Schicksal zu seyn, sondern vielmehr
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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