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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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dasselbe bedingt, und daher überhaupt nicht wahr-
hafft sich selbst gleiche, sondern mit einem Gegen-
satze afficirte
Allgemeinheit, welche sich darum in
die Extreme der Einzelnheit und Allgemeinheit, des
Eins der Eigenschafften und des Auchs der freyen
Materien trennt. Diese reinen Bestimmtheiten schei-
nen die Wesenheit selbst auszudrücken, aber sie sind
nur ein für sich seyn, welches mit dem Seyn für ein
anderes
behafftet ist; indem aber beyde wesentlich
in einer Einheit sind, so ist itzt die unbedingte absolute
Allgemeinheit vorhanden, und das Bewusstseyn tritt
hier erst wahrhafft in das Reich des Verstandes ein.

Die sinnliche Einzelnheit also verschwindet zwar
in der dialektischen Bewegung der unmittelbaren Ge-
wissheit und wird Allgemeinheit, aber nur sinnliche
Allgemeinheit
. Das Meynen ist verschwunden, und
das Wahrnehmen nimmt den Gegenstand, wie er
an sich
ist; oder als Allgemeines überhaupt; die Ein-
zelnheit tritt daher an ihm, als wahre Einzelnheit,
als an sich seyn des Eins hervor, oder als reflectirt-
seyn in sich
selbst. Es ist aber noch ein bedingtes für
sich seyn, neben welchem ein anderes für sich seyn,
die der Einzelnheit entgegengesetzte, und durch sie
bedingte Allgemeinheit vorkommt; aber diese bey-
den widersprechenden Extreme sind nicht nur neben
einander
, sondern in Einer Einheit, oder, was das-
selbe ist, das gemeinschafftliche beyder, das für sich
seyn ist
mit dem Gegensatze überhaupt behafftet, das
heisst, es ist zugleich nicht ein für sich seyn. Diese

dasselbe bedingt, und daher überhaupt nicht wahr-
hafft sich selbst gleiche, sondern mit einem Gegen-
satze afficirte
Allgemeinheit, welche sich darum in
die Extreme der Einzelnheit und Allgemeinheit, des
Eins der Eigenschafften und des Auchs der freyen
Materien trennt. Diese reinen Bestimmtheiten schei-
nen die Wesenheit selbst auszudrücken, aber sie sind
nur ein für sich seyn, welches mit dem Seyn für ein
anderes
behafftet ist; indem aber beyde wesentlich
in einer Einheit sind, so ist itzt die unbedingte absolute
Allgemeinheit vorhanden, und das Bewuſstseyn tritt
hier erst wahrhafft in das Reich des Verstandes ein.

Die sinnliche Einzelnheit also verschwindet zwar
in der dialektischen Bewegung der unmittelbaren Ge-
wiſsheit und wird Allgemeinheit, aber nur sinnliche
Allgemeinheit
. Das Meynen ist verschwunden, und
das Wahrnehmen nimmt den Gegenstand, wie er
an sich
ist; oder als Allgemeines überhaupt; die Ein-
zelnheit tritt daher an ihm, als wahre Einzelnheit,
als an sich seyn des Eins hervor, oder als reflectirt-
seyn in sich
selbst. Es ist aber noch ein bedingtes für
sich seyn, neben welchem ein anderes für sich seyn,
die der Einzelnheit entgegengesetzte, und durch sie
bedingte Allgemeinheit vorkommt; aber diese bey-
den widersprechenden Extreme sind nicht nur neben
einander
, sondern in Einer Einheit, oder, was das-
selbe ist, das gemeinschafftliche beyder, das für sich
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[55/0164] dasselbe bedingt, und daher überhaupt nicht wahr- hafft sich selbst gleiche, sondern mit einem Gegen- satze afficirte Allgemeinheit, welche sich darum in die Extreme der Einzelnheit und Allgemeinheit, des Eins der Eigenschafften und des Auchs der freyen Materien trennt. Diese reinen Bestimmtheiten schei- nen die Wesenheit selbst auszudrücken, aber sie sind nur ein für sich seyn, welches mit dem Seyn für ein anderes behafftet ist; indem aber beyde wesentlich in einer Einheit sind, so ist itzt die unbedingte absolute Allgemeinheit vorhanden, und das Bewuſstseyn tritt hier erst wahrhafft in das Reich des Verstandes ein. Die sinnliche Einzelnheit also verschwindet zwar in der dialektischen Bewegung der unmittelbaren Ge- wiſsheit und wird Allgemeinheit, aber nur sinnliche Allgemeinheit. Das Meynen ist verschwunden, und das Wahrnehmen nimmt den Gegenstand, wie er an sich ist; oder als Allgemeines überhaupt; die Ein- zelnheit tritt daher an ihm, als wahre Einzelnheit, als an sich seyn des Eins hervor, oder als reflectirt- seyn in sich selbst. Es ist aber noch ein bedingtes für sich seyn, neben welchem ein anderes für sich seyn, die der Einzelnheit entgegengesetzte, und durch sie bedingte Allgemeinheit vorkommt; aber diese bey- den widersprechenden Extreme sind nicht nur neben einander, sondern in Einer Einheit, oder, was das- selbe ist, das gemeinschafftliche beyder, das für sich seyn ist mit dem Gegensatze überhaupt behafftet, das heiſst, es ist zugleich nicht ein für sich seyn. Diese

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/164>, abgerufen am 07.05.2024.