Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
im Allgemeinen.

Ich beschränke mich hier auf eine Bemerkung, die
für das Auffassen der hier entwickelten Begriffe dienen
kann, und es erleichtern mag, sich darein zu finden.
Der Begriff, insofern er zu einer solchen Existenz
gediehen ist, welche selbst frey ist, ist nichts anderes
als Ich oder das reine Selbstbewußtseyn. Ich habe
wohl Begriffe, das heißt, bestimmte Begriffe; aber Ich
ist der reine Begriff selbst, der als Begriff zum Da-
seyn
gekommen ist. Wenn man daher an die Grund-
bestimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen,
erinnert, so darf man voraussetzen, daß an etwas Be-
kanntes, d. i. der Vorstellung geläuffiges, erinnert wird.
Ich aber ist diese erstlich reine sich auf sich beziehen-
de Einheit, und diß nicht unmittelbar, sondern indem
es von aller Bestimmtheit und Inhalt abstrahirt, und in
die Freyheit der schrankenlosen Gleichheit mit sich selbst
zurückgeht. So ist es Allgemeinheit; Einheit,
welche nur durch jenes negative Verhalten, welches
als das Abstrahiren erscheint, Einheit mit sich ist, und
dadurch alles Bestimmtseyn in sich aufgelöst enthält.
Zweytens ist Ich eben so unmittelbar als die sich
auf sich selbst beziehende Negativität, Einzelnheit,
absolutes Bestimmtseyn
, welches sich anderem
gegenüberstellt, und es ausschließt; individuelle
Persönlichkeit
. Jene absolute Allgemeinheit,
die eben so unmittelbar absolute Vereinzelung ist,
und ein An- und Für-sichseyn, welches schlechthin Ge-
setztseyn und nur diß An- und Für-sichseyn durch
die Einheit mit dem Gesetztseyn ist, macht ebenso die
Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem
einen und dem andern ist nichts zu begreiffen, wenn
nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer
Abstraction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit
aufgefaßt werden.

Wenn
im Allgemeinen.

Ich beſchraͤnke mich hier auf eine Bemerkung, die
fuͤr das Auffaſſen der hier entwickelten Begriffe dienen
kann, und es erleichtern mag, ſich darein zu finden.
Der Begriff, inſofern er zu einer ſolchen Exiſtenz
gediehen iſt, welche ſelbſt frey iſt, iſt nichts anderes
als Ich oder das reine Selbſtbewußtſeyn. Ich habe
wohl Begriffe, das heißt, beſtimmte Begriffe; aber Ich
iſt der reine Begriff ſelbſt, der als Begriff zum Da-
ſeyn
gekommen iſt. Wenn man daher an die Grund-
beſtimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen,
erinnert, ſo darf man vorausſetzen, daß an etwas Be-
kanntes, d. i. der Vorſtellung gelaͤuffiges, erinnert wird.
Ich aber iſt dieſe erſtlich reine ſich auf ſich beziehen-
de Einheit, und diß nicht unmittelbar, ſondern indem
es von aller Beſtimmtheit und Inhalt abſtrahirt, und in
die Freyheit der ſchrankenloſen Gleichheit mit ſich ſelbſt
zuruͤckgeht. So iſt es Allgemeinheit; Einheit,
welche nur durch jenes negative Verhalten, welches
als das Abſtrahiren erſcheint, Einheit mit ſich iſt, und
dadurch alles Beſtimmtſeyn in ſich aufgeloͤſt enthaͤlt.
Zweytens iſt Ich eben ſo unmittelbar als die ſich
auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt, Einzelnheit,
abſolutes Beſtimmtſeyn
, welches ſich anderem
gegenuͤberſtellt, und es ausſchließt; individuelle
Perſoͤnlichkeit
. Jene abſolute Allgemeinheit,
die eben ſo unmittelbar abſolute Vereinzelung iſt,
und ein An- und Fuͤr-ſichſeyn, welches ſchlechthin Ge-
ſetztſeyn und nur diß An- und Fuͤr-ſichſeyn durch
die Einheit mit dem Geſetztſeyn iſt, macht ebenſo die
Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem
einen und dem andern iſt nichts zu begreiffen, wenn
nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer
Abſtraction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit
aufgefaßt werden.

Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0029" n="11"/>
        <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">im Allgemeinen</hi>.</fw><lb/>
        <p>Ich be&#x017F;chra&#x0364;nke mich hier auf eine Bemerkung, die<lb/>
fu&#x0364;r das Auffa&#x017F;&#x017F;en der hier entwickelten Begriffe dienen<lb/>
kann, und es erleichtern mag, &#x017F;ich darein zu finden.<lb/>
Der Begriff, in&#x017F;ofern er zu einer &#x017F;olchen <hi rendition="#g">Exi&#x017F;tenz</hi><lb/>
gediehen i&#x017F;t, welche &#x017F;elb&#x017F;t frey i&#x017F;t, i&#x017F;t nichts anderes<lb/>
als <hi rendition="#g">Ich</hi> oder das reine Selb&#x017F;tbewußt&#x017F;eyn. Ich <hi rendition="#g">habe</hi><lb/>
wohl Begriffe, das heißt, be&#x017F;timmte Begriffe; aber Ich<lb/>
i&#x017F;t der reine Begriff &#x017F;elb&#x017F;t, der als Begriff zum <hi rendition="#g">Da-<lb/>
&#x017F;eyn</hi> gekommen i&#x017F;t. Wenn man daher an die Grund-<lb/>
be&#x017F;timmungen, welche die Natur des Ich ausmachen,<lb/>
erinnert, &#x017F;o darf man voraus&#x017F;etzen, daß an etwas Be-<lb/>
kanntes, d. i. der Vor&#x017F;tellung gela&#x0364;uffiges, erinnert wird.<lb/><hi rendition="#g">Ich</hi> aber i&#x017F;t die&#x017F;e <hi rendition="#g">er&#x017F;tlich</hi> reine &#x017F;ich auf &#x017F;ich beziehen-<lb/>
de Einheit, und diß nicht unmittelbar, &#x017F;ondern indem<lb/>
es von aller Be&#x017F;timmtheit und Inhalt ab&#x017F;trahirt, und in<lb/>
die Freyheit der &#x017F;chrankenlo&#x017F;en Gleichheit mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zuru&#x0364;ckgeht. So i&#x017F;t es <hi rendition="#g">Allgemeinheit</hi>; Einheit,<lb/>
welche nur durch jenes <hi rendition="#g">negative</hi> Verhalten, welches<lb/>
als das Ab&#x017F;trahiren er&#x017F;cheint, Einheit mit &#x017F;ich i&#x017F;t, und<lb/>
dadurch alles Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn in &#x017F;ich aufgelo&#x0364;&#x017F;t entha&#x0364;lt.<lb/><hi rendition="#g">Zweytens</hi> i&#x017F;t Ich eben &#x017F;o unmittelbar als die &#x017F;ich<lb/>
auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t beziehende Negativita&#x0364;t, <hi rendition="#g">Einzelnheit,<lb/>
ab&#x017F;olutes Be&#x017F;timmt&#x017F;eyn</hi>, welches &#x017F;ich anderem<lb/>
gegenu&#x0364;ber&#x017F;tellt, und es aus&#x017F;chließt; <hi rendition="#g">individuelle<lb/>
Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit</hi>. Jene ab&#x017F;olute <hi rendition="#g">Allgemeinheit</hi>,<lb/>
die eben &#x017F;o unmittelbar ab&#x017F;olute <hi rendition="#g">Vereinzelung</hi> i&#x017F;t,<lb/>
und ein An- und Fu&#x0364;r-&#x017F;ich&#x017F;eyn, welches &#x017F;chlechthin Ge-<lb/>
&#x017F;etzt&#x017F;eyn und nur diß <hi rendition="#g">An- und Fu&#x0364;r-&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi> durch<lb/>
die Einheit mit dem <hi rendition="#g">Ge&#x017F;etzt&#x017F;eyn</hi> i&#x017F;t, macht eben&#x017F;o die<lb/>
Natur des <hi rendition="#g">Ich</hi>, als des <hi rendition="#g">Begriffes</hi> aus; von dem<lb/>
einen und dem andern i&#x017F;t nichts zu begreiffen, wenn<lb/>
nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer<lb/>
Ab&#x017F;traction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit<lb/>
aufgefaßt werden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0029] im Allgemeinen. Ich beſchraͤnke mich hier auf eine Bemerkung, die fuͤr das Auffaſſen der hier entwickelten Begriffe dienen kann, und es erleichtern mag, ſich darein zu finden. Der Begriff, inſofern er zu einer ſolchen Exiſtenz gediehen iſt, welche ſelbſt frey iſt, iſt nichts anderes als Ich oder das reine Selbſtbewußtſeyn. Ich habe wohl Begriffe, das heißt, beſtimmte Begriffe; aber Ich iſt der reine Begriff ſelbſt, der als Begriff zum Da- ſeyn gekommen iſt. Wenn man daher an die Grund- beſtimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen, erinnert, ſo darf man vorausſetzen, daß an etwas Be- kanntes, d. i. der Vorſtellung gelaͤuffiges, erinnert wird. Ich aber iſt dieſe erſtlich reine ſich auf ſich beziehen- de Einheit, und diß nicht unmittelbar, ſondern indem es von aller Beſtimmtheit und Inhalt abſtrahirt, und in die Freyheit der ſchrankenloſen Gleichheit mit ſich ſelbſt zuruͤckgeht. So iſt es Allgemeinheit; Einheit, welche nur durch jenes negative Verhalten, welches als das Abſtrahiren erſcheint, Einheit mit ſich iſt, und dadurch alles Beſtimmtſeyn in ſich aufgeloͤſt enthaͤlt. Zweytens iſt Ich eben ſo unmittelbar als die ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt, Einzelnheit, abſolutes Beſtimmtſeyn, welches ſich anderem gegenuͤberſtellt, und es ausſchließt; individuelle Perſoͤnlichkeit. Jene abſolute Allgemeinheit, die eben ſo unmittelbar abſolute Vereinzelung iſt, und ein An- und Fuͤr-ſichſeyn, welches ſchlechthin Ge- ſetztſeyn und nur diß An- und Fuͤr-ſichſeyn durch die Einheit mit dem Geſetztſeyn iſt, macht ebenſo die Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem einen und dem andern iſt nichts zu begreiffen, wenn nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer Abſtraction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit aufgefaßt werden. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/29
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/29>, abgerufen am 27.11.2024.