Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Subjectivität.
Einzelnheit enthält, und hiedurch selbst concret ist,
so kann durch sie mit dem Subject nur ein Prädicat
verbunden werden, das ihm als concretem zukommt. --
Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Grün, ge-
schlossen werden sollte, daß ein Gemählde angenehm sey,
weil das Grün dem Auge angenehm ist, oder ein Ge-
dicht, ein Gebäude u. s. f. schön sey, weil es Regel-
mässigkeit
besitze, so könnte das Gemählde, u. s. f.
dessen ungeachtet häßlich seyn, um anderer Bestimmun-
gen willen, aus denen auf diß letztere Prädicat geschlos-
sen werden könnte. Indem hingegen der Medius Ter-
minus die Bestimmung der Allheit hat, so enthält er
das Grüne, die Regelmässigkeit als ein Concretes,
das eben darum nicht die Abstraction eines bloß Grünen,
Regelmässigen u. s. f. ist; mit diesem Concreten kön-
nen nun nur Prädicate verbunden seyn, die der Tota-
lität des Concreten
gemäß sind. -- In dem Ur-
theil: Das Grüne, oder Regelmässige ist an-
genehm
, ist das Subject nur die Abstraction von
Grün, Regelmässigkeit; in dem Satze: Alles Grüne,
oder Regelmässige ist angenehm
; ist das Sub-
ject dagegen: alle wirklichen concreten Gegenstände, die
grün oder regelmässig sind, die also als concrete
mit allen ihren Eigenschaften, die sie ausser
dem Grünen oder der Regelmässigkeit noch haben, ge-
nommen werden.

2. Diese Reflexions-Vollkommenheit des Schlusses
macht ihn aber eben hiemit zu einem blossen Blendwerk.
Der Medius Terminus hat die Bestimmtheit: Alle;
diesen kommt im Obersatze das Prädicat unmittelbar
zu, das mit dem Subjecte zusammen geschlossen wird.
Aber Alle sind alle Einzelne; darin hat also das
einzelne Subject jenes Prädicat schon unmittelbar, und
erhält es nicht erst durch den Schluß. -- Oder

das

I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
Einzelnheit enthaͤlt, und hiedurch ſelbſt concret iſt,
ſo kann durch ſie mit dem Subject nur ein Praͤdicat
verbunden werden, das ihm als concretem zukommt. —
Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Gruͤn, ge-
ſchloſſen werden ſollte, daß ein Gemaͤhlde angenehm ſey,
weil das Gruͤn dem Auge angenehm iſt, oder ein Ge-
dicht, ein Gebaͤude u. ſ. f. ſchoͤn ſey, weil es Regel-
maͤſſigkeit
beſitze, ſo koͤnnte das Gemaͤhlde, u. ſ. f.
deſſen ungeachtet haͤßlich ſeyn, um anderer Beſtimmun-
gen willen, aus denen auf diß letztere Praͤdicat geſchloſ-
ſen werden koͤnnte. Indem hingegen der Medius Ter-
minus die Beſtimmung der Allheit hat, ſo enthaͤlt er
das Gruͤne, die Regelmaͤſſigkeit als ein Concretes,
das eben darum nicht die Abſtraction eines bloß Gruͤnen,
Regelmaͤſſigen u. ſ. f. iſt; mit dieſem Concreten koͤn-
nen nun nur Praͤdicate verbunden ſeyn, die der Tota-
litaͤt des Concreten
gemaͤß ſind. — In dem Ur-
theil: Das Gruͤne, oder Regelmaͤſſige iſt an-
genehm
, iſt das Subject nur die Abſtraction von
Gruͤn, Regelmaͤſſigkeit; in dem Satze: Alles Gruͤne,
oder Regelmaͤſſige iſt angenehm
; iſt das Sub-
ject dagegen: alle wirklichen concreten Gegenſtaͤnde, die
gruͤn oder regelmaͤſſig ſind, die alſo als concrete
mit allen ihren Eigenſchaften, die ſie auſſer
dem Gruͤnen oder der Regelmaͤſſigkeit noch haben, ge-
nommen werden.

2. Dieſe Reflexions-Vollkommenheit des Schluſſes
macht ihn aber eben hiemit zu einem bloſſen Blendwerk.
Der Medius Terminus hat die Beſtimmtheit: Alle;
dieſen kommt im Oberſatze das Praͤdicat unmittelbar
zu, das mit dem Subjecte zuſammen geſchloſſen wird.
Aber Alle ſind alle Einzelne; darin hat alſo das
einzelne Subject jenes Praͤdicat ſchon unmittelbar, und
erhaͤlt es nicht erſt durch den Schluß. — Oder

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0186" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt. Subjectivita&#x0364;t</hi>.</fw><lb/><hi rendition="#g">Einzelnheit</hi> entha&#x0364;lt, und hiedurch &#x017F;elb&#x017F;t concret i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o kann durch &#x017F;ie mit dem Subject nur ein Pra&#x0364;dicat<lb/>
verbunden werden, das ihm als concretem zukommt. &#x2014;<lb/>
Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: <hi rendition="#g">Gru&#x0364;n</hi>, ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden &#x017F;ollte, daß ein Gema&#x0364;hlde angenehm &#x017F;ey,<lb/>
weil das Gru&#x0364;n dem Auge angenehm i&#x017F;t, oder ein Ge-<lb/>
dicht, ein Geba&#x0364;ude u. &#x017F;. f. &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ey, weil es <hi rendition="#g">Regel-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit</hi> be&#x017F;itze, &#x017F;o ko&#x0364;nnte das Gema&#x0364;hlde, u. &#x017F;. f.<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en ungeachtet ha&#x0364;ßlich &#x017F;eyn, um anderer Be&#x017F;timmun-<lb/>
gen willen, aus denen auf diß letztere Pra&#x0364;dicat ge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en werden ko&#x0364;nnte. Indem hingegen der Medius Ter-<lb/>
minus die Be&#x017F;timmung der <hi rendition="#g">Allheit</hi> hat, &#x017F;o entha&#x0364;lt er<lb/>
das Gru&#x0364;ne, die Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit als <hi rendition="#g">ein Concretes</hi>,<lb/>
das eben darum nicht die Ab&#x017F;traction eines bloß Gru&#x0364;nen,<lb/>
Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen u. &#x017F;. f. i&#x017F;t; mit die&#x017F;em <hi rendition="#g">Concreten</hi> ko&#x0364;n-<lb/>
nen nun nur Pra&#x0364;dicate verbunden &#x017F;eyn, die der <hi rendition="#g">Tota-<lb/>
lita&#x0364;t des Concreten</hi> gema&#x0364;ß &#x017F;ind. &#x2014; In dem Ur-<lb/>
theil: <hi rendition="#g">Das Gru&#x0364;ne</hi>, oder <hi rendition="#g">Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige i&#x017F;t an-<lb/>
genehm</hi>, i&#x017F;t das Subject nur die Ab&#x017F;traction von<lb/>
Gru&#x0364;n, Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit; in dem Satze: <hi rendition="#g">Alles Gru&#x0364;ne,<lb/>
oder Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige i&#x017F;t angenehm</hi>; i&#x017F;t das Sub-<lb/>
ject dagegen: alle wirklichen concreten Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, die<lb/>
gru&#x0364;n oder regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;ind, die al&#x017F;o <hi rendition="#g">als concrete</hi><lb/>
mit <hi rendition="#g">allen ihren Eigen&#x017F;chaften</hi>, die &#x017F;ie au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
dem Gru&#x0364;nen oder der Regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit noch haben, ge-<lb/>
nommen werden.</p><lb/>
                <p>2. Die&#x017F;e Reflexions-Vollkommenheit des Schlu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
macht ihn aber eben hiemit zu einem blo&#x017F;&#x017F;en Blendwerk.<lb/>
Der Medius Terminus hat die Be&#x017F;timmtheit: <hi rendition="#g">Alle</hi>;<lb/>
die&#x017F;en kommt im Ober&#x017F;atze das Pra&#x0364;dicat <hi rendition="#g">unmittelbar</hi><lb/>
zu, das mit dem Subjecte zu&#x017F;ammen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wird.<lb/>
Aber <hi rendition="#g">Alle</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#g">alle Einzelne</hi>; darin hat al&#x017F;o das<lb/>
einzelne Subject jenes Pra&#x0364;dicat &#x017F;chon unmittelbar, und<lb/><hi rendition="#g">erha&#x0364;lt es nicht er&#x017F;t durch den Schluß</hi>. &#x2014; Oder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0186] I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. Einzelnheit enthaͤlt, und hiedurch ſelbſt concret iſt, ſo kann durch ſie mit dem Subject nur ein Praͤdicat verbunden werden, das ihm als concretem zukommt. — Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Gruͤn, ge- ſchloſſen werden ſollte, daß ein Gemaͤhlde angenehm ſey, weil das Gruͤn dem Auge angenehm iſt, oder ein Ge- dicht, ein Gebaͤude u. ſ. f. ſchoͤn ſey, weil es Regel- maͤſſigkeit beſitze, ſo koͤnnte das Gemaͤhlde, u. ſ. f. deſſen ungeachtet haͤßlich ſeyn, um anderer Beſtimmun- gen willen, aus denen auf diß letztere Praͤdicat geſchloſ- ſen werden koͤnnte. Indem hingegen der Medius Ter- minus die Beſtimmung der Allheit hat, ſo enthaͤlt er das Gruͤne, die Regelmaͤſſigkeit als ein Concretes, das eben darum nicht die Abſtraction eines bloß Gruͤnen, Regelmaͤſſigen u. ſ. f. iſt; mit dieſem Concreten koͤn- nen nun nur Praͤdicate verbunden ſeyn, die der Tota- litaͤt des Concreten gemaͤß ſind. — In dem Ur- theil: Das Gruͤne, oder Regelmaͤſſige iſt an- genehm, iſt das Subject nur die Abſtraction von Gruͤn, Regelmaͤſſigkeit; in dem Satze: Alles Gruͤne, oder Regelmaͤſſige iſt angenehm; iſt das Sub- ject dagegen: alle wirklichen concreten Gegenſtaͤnde, die gruͤn oder regelmaͤſſig ſind, die alſo als concrete mit allen ihren Eigenſchaften, die ſie auſſer dem Gruͤnen oder der Regelmaͤſſigkeit noch haben, ge- nommen werden. 2. Dieſe Reflexions-Vollkommenheit des Schluſſes macht ihn aber eben hiemit zu einem bloſſen Blendwerk. Der Medius Terminus hat die Beſtimmtheit: Alle; dieſen kommt im Oberſatze das Praͤdicat unmittelbar zu, das mit dem Subjecte zuſammen geſchloſſen wird. Aber Alle ſind alle Einzelne; darin hat alſo das einzelne Subject jenes Praͤdicat ſchon unmittelbar, und erhaͤlt es nicht erſt durch den Schluß. — Oder das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/186
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/186>, abgerufen am 21.11.2024.