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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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I. Abschnitt. Subjectivität.
es auch selbst noch ein Bestimmtes gegen sie, und
das Ganze ein Schluß, dessen Verhältniß zu seinem Be-
griffe zu betrachten ist. Die Mitte ist als das Allge-
meine gegen ihre beyden Extreme subsumirend oder
Prädicat, nicht auch das einemal subsumirt oder Sub-
ject. Insofern er daher als eine Art des Schlusses
diesem entsprechen soll, so kann diß nur geschehen, daß
indem die eine Beziehung E -- A schon das gehörige
Verhältniß hat, auch die andere A -- B dasselbe erhal-
te. Diß geschieht in einem Urtheil, worin das Verhält-
niß von Subject und Prädicat gleichgültig ist, in einem
negativen Urtheil. So wird der Schluß legitim; aber
die Conclusion nothwendig negativ.

Damit ist es nun auch gleichgültig, welche von
den beyden Bestimmungen dieses Satzes als Prädicat
oder als Subject, und im Schlusse ob als Extrem der
Einzelnheit oder als das der Besonderheit, hiemit ob
als Terminus Minor oder als Terminus Major genom-
men werde. Indem es hievon nach der gewöhnlichen
Annahme abhängt, welche von den Prämissen die Major
oder Minor seyn soll, so ist diß hier gleichgültig gewor-
den. -- Diß ist der Grund der gewöhnlichen vierten
Figur
des Schlusses, die Aristoteles nicht gekannt, und
die vollends einen ganz leeren, interesselosen Unterschied
betrift. Die unmittelbare Stellung der Terminorum ist
darin die umgekehrte der Stellung der ersten Figur;
da Subject und Prädicat des negativen Schlußsatzes nach
der formalen Betrachtung des Urtheils das bestimmte
Verhältniß von Subject und Prädicat nicht haben, son-
dern eines die Stelle des andern einnehmen kann, so ist
es gleichgültig, welcher Terminus als Subject, und wel-
cher als Prädicat genommen werde; daher eben so gleich-
gültig, welche Prämisse als Major oder Minor genom-
men wird. -- Diese Gleichgültigkeit, zu der auch die

Be-

I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
es auch ſelbſt noch ein Beſtimmtes gegen ſie, und
das Ganze ein Schluß, deſſen Verhaͤltniß zu ſeinem Be-
griffe zu betrachten iſt. Die Mitte iſt als das Allge-
meine gegen ihre beyden Extreme ſubſumirend oder
Praͤdicat, nicht auch das einemal ſubſumirt oder Sub-
ject. Inſofern er daher als eine Art des Schluſſes
dieſem entſprechen ſoll, ſo kann diß nur geſchehen, daß
indem die eine Beziehung E — A ſchon das gehoͤrige
Verhaͤltniß hat, auch die andere A — B daſſelbe erhal-
te. Diß geſchieht in einem Urtheil, worin das Verhaͤlt-
niß von Subject und Praͤdicat gleichguͤltig iſt, in einem
negativen Urtheil. So wird der Schluß legitim; aber
die Concluſion nothwendig negativ.

Damit iſt es nun auch gleichguͤltig, welche von
den beyden Beſtimmungen dieſes Satzes als Praͤdicat
oder als Subject, und im Schluſſe ob als Extrem der
Einzelnheit oder als das der Beſonderheit, hiemit ob
als Terminus Minor oder als Terminus Major genom-
men werde. Indem es hievon nach der gewoͤhnlichen
Annahme abhaͤngt, welche von den Praͤmiſſen die Major
oder Minor ſeyn ſoll, ſo iſt diß hier gleichguͤltig gewor-
den. — Diß iſt der Grund der gewoͤhnlichen vierten
Figur
des Schluſſes, die Ariſtoteles nicht gekannt, und
die vollends einen ganz leeren, intereſſeloſen Unterſchied
betrift. Die unmittelbare Stellung der Terminorum iſt
darin die umgekehrte der Stellung der erſten Figur;
da Subject und Praͤdicat des negativen Schlußſatzes nach
der formalen Betrachtung des Urtheils das beſtimmte
Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat nicht haben, ſon-
dern eines die Stelle des andern einnehmen kann, ſo iſt
es gleichguͤltig, welcher Terminus als Subject, und wel-
cher als Praͤdicat genommen werde; daher eben ſo gleich-
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men wird. — Dieſe Gleichguͤltigkeit, zu der auch die

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[154/0172] I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. es auch ſelbſt noch ein Beſtimmtes gegen ſie, und das Ganze ein Schluß, deſſen Verhaͤltniß zu ſeinem Be- griffe zu betrachten iſt. Die Mitte iſt als das Allge- meine gegen ihre beyden Extreme ſubſumirend oder Praͤdicat, nicht auch das einemal ſubſumirt oder Sub- ject. Inſofern er daher als eine Art des Schluſſes dieſem entſprechen ſoll, ſo kann diß nur geſchehen, daß indem die eine Beziehung E — A ſchon das gehoͤrige Verhaͤltniß hat, auch die andere A — B daſſelbe erhal- te. Diß geſchieht in einem Urtheil, worin das Verhaͤlt- niß von Subject und Praͤdicat gleichguͤltig iſt, in einem negativen Urtheil. So wird der Schluß legitim; aber die Concluſion nothwendig negativ. Damit iſt es nun auch gleichguͤltig, welche von den beyden Beſtimmungen dieſes Satzes als Praͤdicat oder als Subject, und im Schluſſe ob als Extrem der Einzelnheit oder als das der Beſonderheit, hiemit ob als Terminus Minor oder als Terminus Major genom- men werde. Indem es hievon nach der gewoͤhnlichen Annahme abhaͤngt, welche von den Praͤmiſſen die Major oder Minor ſeyn ſoll, ſo iſt diß hier gleichguͤltig gewor- den. — Diß iſt der Grund der gewoͤhnlichen vierten Figur des Schluſſes, die Ariſtoteles nicht gekannt, und die vollends einen ganz leeren, intereſſeloſen Unterſchied betrift. Die unmittelbare Stellung der Terminorum iſt darin die umgekehrte der Stellung der erſten Figur; da Subject und Praͤdicat des negativen Schlußſatzes nach der formalen Betrachtung des Urtheils das beſtimmte Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat nicht haben, ſon- dern eines die Stelle des andern einnehmen kann, ſo iſt es gleichguͤltig, welcher Terminus als Subject, und wel- cher als Praͤdicat genommen werde; daher eben ſo gleich- guͤltig, welche Praͤmiſſe als Major oder Minor genom- men wird. — Dieſe Gleichguͤltigkeit, zu der auch die Be-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/172>, abgerufen am 21.11.2024.