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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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II. Kapitel. Das Urtheil.
rer Allgemeinheit dargestellt würde, verlangt eigentlich
ein Pantonomium, die erschöpfte Unendlichkeit; aber
hier stellt sich von selbst die Schranke jener Foderung
ein, und die Darstellung der unendlichen Menge muß
sich mit dem Sollen derselben, und daher auch mit
einem Polynomium begnügen. In der That aber ist
in den Fällen das Binomium schon das Pantonomium,
in denen die Methode oder Regel nur die Abhängig-
keit Eines Gliedes von Einem andern betrifft, und die
Abhängigkeit Mehrerer Glieder von ihren vorhergehen-
den sich nicht particularisirt, sondern eine und dieselbe
Function zu Grunde liegen bleibt. Die Methode oder
Regel ist als das wahrhaft Allgemeine anzusehen;
in der Fortsetzung der Entwicklung, oder in der Entwick-
lung eines Polynomiums wird sie nur wiederholt;
sie gewinnt somit durch die vergrösserte Mehrheit der
Glieder nichts an Allgemeinheit. Es ist von der schlech-
ten Unendlichkeit und deren Täuschung schon früher die
Rede gewesen; die Allgemeinheit des Begriffs ist das
erreichte Jenseits; jene Unendlichkeit aber bleibt
mit dem Jenseits als einem unerreichbaren behaftet, in-
sofern sie der blosse Progreß ins Unendliche bleibt.
Wenn bey der Allgemeinheit nur die Allheit vor-
schwebt, eine Allgemeinheit, welche in den einzelnen als
Einzelnen erschöpft werden soll, so ist diß ein Rückfall
in jene schlechte Unendlichkeit; oder aber es wird auch
nur die Vielheit für Allheit genommen. Die Viel-
heit jedoch, so groß sie auch sey, bleibt schlechthin nur
Particularität, und ist nicht Allheit. -- Es schwebt aber
dabey die an und für sich seyende Allgemeinheit des Be-
griffs
dunkel vor; er ist es, der gewaltsam über die
beharrliche Einzelnheit, woran sich die Vorstellung hält,
und über das Aeusserliche ihrer Reflexion hinaustreibt,
und die Allheit als Totalität, oder vielmehr das
kategorische An- und- fürsichseyn unterschiebt.

Diß

II. Kapitel. Das Urtheil.
rer Allgemeinheit dargeſtellt wuͤrde, verlangt eigentlich
ein Pantonomium, die erſchoͤpfte Unendlichkeit; aber
hier ſtellt ſich von ſelbſt die Schranke jener Foderung
ein, und die Darſtellung der unendlichen Menge muß
ſich mit dem Sollen derſelben, und daher auch mit
einem Polynomium begnuͤgen. In der That aber iſt
in den Faͤllen das Binomium ſchon das Pantonomium,
in denen die Methode oder Regel nur die Abhaͤngig-
keit Eines Gliedes von Einem andern betrifft, und die
Abhaͤngigkeit Mehrerer Glieder von ihren vorhergehen-
den ſich nicht particulariſirt, ſondern eine und dieſelbe
Function zu Grunde liegen bleibt. Die Methode oder
Regel iſt als das wahrhaft Allgemeine anzuſehen;
in der Fortſetzung der Entwicklung, oder in der Entwick-
lung eines Polynomiums wird ſie nur wiederholt;
ſie gewinnt ſomit durch die vergroͤſſerte Mehrheit der
Glieder nichts an Allgemeinheit. Es iſt von der ſchlech-
ten Unendlichkeit und deren Taͤuſchung ſchon fruͤher die
Rede geweſen; die Allgemeinheit des Begriffs iſt das
erreichte Jenſeits; jene Unendlichkeit aber bleibt
mit dem Jenſeits als einem unerreichbaren behaftet, in-
ſofern ſie der bloſſe Progreß ins Unendliche bleibt.
Wenn bey der Allgemeinheit nur die Allheit vor-
ſchwebt, eine Allgemeinheit, welche in den einzelnen als
Einzelnen erſchoͤpft werden ſoll, ſo iſt diß ein Ruͤckfall
in jene ſchlechte Unendlichkeit; oder aber es wird auch
nur die Vielheit fuͤr Allheit genommen. Die Viel-
heit jedoch, ſo groß ſie auch ſey, bleibt ſchlechthin nur
Particularitaͤt, und iſt nicht Allheit. — Es ſchwebt aber
dabey die an und fuͤr ſich ſeyende Allgemeinheit des Be-
griffs
dunkel vor; er iſt es, der gewaltſam uͤber die
beharrliche Einzelnheit, woran ſich die Vorſtellung haͤlt,
und uͤber das Aeuſſerliche ihrer Reflexion hinaustreibt,
und die Allheit als Totalitaͤt, oder vielmehr das
kategoriſche An- und- fuͤrſichſeyn unterſchiebt.

Diß
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[107/0125] II. Kapitel. Das Urtheil. rer Allgemeinheit dargeſtellt wuͤrde, verlangt eigentlich ein Pantonomium, die erſchoͤpfte Unendlichkeit; aber hier ſtellt ſich von ſelbſt die Schranke jener Foderung ein, und die Darſtellung der unendlichen Menge muß ſich mit dem Sollen derſelben, und daher auch mit einem Polynomium begnuͤgen. In der That aber iſt in den Faͤllen das Binomium ſchon das Pantonomium, in denen die Methode oder Regel nur die Abhaͤngig- keit Eines Gliedes von Einem andern betrifft, und die Abhaͤngigkeit Mehrerer Glieder von ihren vorhergehen- den ſich nicht particulariſirt, ſondern eine und dieſelbe Function zu Grunde liegen bleibt. Die Methode oder Regel iſt als das wahrhaft Allgemeine anzuſehen; in der Fortſetzung der Entwicklung, oder in der Entwick- lung eines Polynomiums wird ſie nur wiederholt; ſie gewinnt ſomit durch die vergroͤſſerte Mehrheit der Glieder nichts an Allgemeinheit. Es iſt von der ſchlech- ten Unendlichkeit und deren Taͤuſchung ſchon fruͤher die Rede geweſen; die Allgemeinheit des Begriffs iſt das erreichte Jenſeits; jene Unendlichkeit aber bleibt mit dem Jenſeits als einem unerreichbaren behaftet, in- ſofern ſie der bloſſe Progreß ins Unendliche bleibt. Wenn bey der Allgemeinheit nur die Allheit vor- ſchwebt, eine Allgemeinheit, welche in den einzelnen als Einzelnen erſchoͤpft werden ſoll, ſo iſt diß ein Ruͤckfall in jene ſchlechte Unendlichkeit; oder aber es wird auch nur die Vielheit fuͤr Allheit genommen. Die Viel- heit jedoch, ſo groß ſie auch ſey, bleibt ſchlechthin nur Particularitaͤt, und iſt nicht Allheit. — Es ſchwebt aber dabey die an und fuͤr ſich ſeyende Allgemeinheit des Be- griffs dunkel vor; er iſt es, der gewaltſam uͤber die beharrliche Einzelnheit, woran ſich die Vorſtellung haͤlt, und uͤber das Aeuſſerliche ihrer Reflexion hinaustreibt, und die Allheit als Totalitaͤt, oder vielmehr das kategoriſche An- und- fuͤrſichſeyn unterſchiebt. Diß

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/125>, abgerufen am 22.11.2024.