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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Zweytes Buch. III. Abschnitt.
kommt aber ferner nicht von einer andern ursprüngli-
chen Substanz her; sondern eben von einer Ursachlichkeit,
welche durch Einwirkung bedingt, oder ein Vermit-
teltes
ist. Diß zunächst Aeusserliche, das an die
Ursache kommt und die Seite ihrer Passivität ausmacht,
ist daher durch sie selbst vermittelt, es ist durch ihre
eigene Activität hervorgebracht, somit die durch ihre
Activität selbst gesetzte Passivität
. -- Die
Causalität ist bedingt und bedingend; das Bedingen-
de
ist das Passive, aber eben so sehr ist das Be-
dingte passiv
. Diß Bedingen oder die Passivität ist
die Negation der Ursache durch sich selbst, indem sie
sich wesentlich zur Wirkung macht, und eben dadurch
Ursache ist. Die Wechselwirkung ist daher nur die
Causalität selbst; die Ursache hat nicht nur eine Wir-
kung, sondern in der Wirkung steht sie als Ursache
mit sich selbst in Beziehung.

Hiedurch ist die Causalität zu ihrem absoluten
Begriffe
zurükgekehrt, und zugleich zum Begriffe
selbst gekommen. Sie ist zunächst die reale Nothwen-
digkeit; absolute Identität mit sich, so daß der Un-
terschied der Nothwendigkeit und die in ihr sich auf einan-
der beziehenden Bestimmungen, Substanzen, freye
Wirklichkeiten
, gegen einander, sind. Die Noth-
wendigkeit ist auf diese Weise die innre Identität;
die Causalität ist die Manifestation derselben, worin ihr
Schein des substantiellen Andersseyn sich auf-
gehoben hat, und die Nothwendigkeit zur Freyheit
erhoben ist. -- In der Wechselwirkung stellt die ur-
sprüngliche Causalität sich als ein Entstehen aus ihrer
Negation, der Passivität, und als Vergehen in die-
selbe, als ein Werden dar; aber so daß diß Werden
zugleich eben so sehr nur Scheinen ist; das Uebergehen
in Anderes ist Reflexion-in-sich selbst; die Nega-
tion
, welche Grund der Ursache ist, ist ihr positives
Zusammengehen
mit sich selbst.

Noth-

Zweytes Buch. III. Abſchnitt.
kommt aber ferner nicht von einer andern urſpruͤngli-
chen Subſtanz her; ſondern eben von einer Urſachlichkeit,
welche durch Einwirkung bedingt, oder ein Vermit-
teltes
iſt. Diß zunaͤchſt Aeuſſerliche, das an die
Urſache kommt und die Seite ihrer Paſſivitaͤt ausmacht,
iſt daher durch ſie ſelbſt vermittelt, es iſt durch ihre
eigene Activitaͤt hervorgebracht, ſomit die durch ihre
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. — Die
Cauſalitaͤt iſt bedingt und bedingend; das Bedingen-
de
iſt das Paſſive, aber eben ſo ſehr iſt das Be-
dingte paſſiv
. Diß Bedingen oder die Paſſivitaͤt iſt
die Negation der Urſache durch ſich ſelbſt, indem ſie
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Urſache iſt. Die Wechſelwirkung iſt daher nur die
Cauſalitaͤt ſelbſt; die Urſache hat nicht nur eine Wir-
kung, ſondern in der Wirkung ſteht ſie als Urſache
mit ſich ſelbſt in Beziehung.

Hiedurch iſt die Cauſalitaͤt zu ihrem abſoluten
Begriffe
zuruͤkgekehrt, und zugleich zum Begriffe
ſelbſt gekommen. Sie iſt zunaͤchſt die reale Nothwen-
digkeit; abſolute Identitaͤt mit ſich, ſo daß der Un-
terſchied der Nothwendigkeit und die in ihr ſich auf einan-
der beziehenden Beſtimmungen, Subſtanzen, freye
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, gegen einander, ſind. Die Noth-
wendigkeit iſt auf dieſe Weiſe die innre Identitaͤt;
die Cauſalitaͤt iſt die Manifeſtation derſelben, worin ihr
Schein des ſubſtantiellen Andersſeyn ſich auf-
gehoben hat, und die Nothwendigkeit zur Freyheit
erhoben iſt. — In der Wechſelwirkung ſtellt die ur-
ſpruͤngliche Cauſalitaͤt ſich als ein Entſtehen aus ihrer
Negation, der Paſſivitaͤt, und als Vergehen in die-
ſelbe, als ein Werden dar; aber ſo daß diß Werden
zugleich eben ſo ſehr nur Scheinen iſt; das Uebergehen
in Anderes iſt Reflexion-in-ſich ſelbſt; die Nega-
tion
, welche Grund der Urſache iſt, iſt ihr poſitives
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mit ſich ſelbſt.

Noth-
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[280/0292] Zweytes Buch. III. Abſchnitt. kommt aber ferner nicht von einer andern urſpruͤngli- chen Subſtanz her; ſondern eben von einer Urſachlichkeit, welche durch Einwirkung bedingt, oder ein Vermit- teltes iſt. Diß zunaͤchſt Aeuſſerliche, das an die Urſache kommt und die Seite ihrer Paſſivitaͤt ausmacht, iſt daher durch ſie ſelbſt vermittelt, es iſt durch ihre eigene Activitaͤt hervorgebracht, ſomit die durch ihre Activitaͤt ſelbſt geſetzte Paſſivitaͤt. — Die Cauſalitaͤt iſt bedingt und bedingend; das Bedingen- de iſt das Paſſive, aber eben ſo ſehr iſt das Be- dingte paſſiv. Diß Bedingen oder die Paſſivitaͤt iſt die Negation der Urſache durch ſich ſelbſt, indem ſie ſich weſentlich zur Wirkung macht, und eben dadurch Urſache iſt. Die Wechſelwirkung iſt daher nur die Cauſalitaͤt ſelbſt; die Urſache hat nicht nur eine Wir- kung, ſondern in der Wirkung ſteht ſie als Urſache mit ſich ſelbſt in Beziehung. Hiedurch iſt die Cauſalitaͤt zu ihrem abſoluten Begriffe zuruͤkgekehrt, und zugleich zum Begriffe ſelbſt gekommen. Sie iſt zunaͤchſt die reale Nothwen- digkeit; abſolute Identitaͤt mit ſich, ſo daß der Un- terſchied der Nothwendigkeit und die in ihr ſich auf einan- der beziehenden Beſtimmungen, Subſtanzen, freye Wirklichkeiten, gegen einander, ſind. Die Noth- wendigkeit iſt auf dieſe Weiſe die innre Identitaͤt; die Cauſalitaͤt iſt die Manifeſtation derſelben, worin ihr Schein des ſubſtantiellen Andersſeyn ſich auf- gehoben hat, und die Nothwendigkeit zur Freyheit erhoben iſt. — In der Wechſelwirkung ſtellt die ur- ſpruͤngliche Cauſalitaͤt ſich als ein Entſtehen aus ihrer Negation, der Paſſivitaͤt, und als Vergehen in die- ſelbe, als ein Werden dar; aber ſo daß diß Werden zugleich eben ſo ſehr nur Scheinen iſt; das Uebergehen in Anderes iſt Reflexion-in-ſich ſelbſt; die Nega- tion, welche Grund der Urſache iſt, iſt ihr poſitives Zuſammengehen mit ſich ſelbſt. Noth-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/292>, abgerufen am 06.05.2024.