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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Die Erscheinung.
diese als äusserlich damit verbunden und dem Dinge
durch eine fremde Gewalt eingedrükt.

Als diß unmittelbare Bestehen ist die Kraft eine
ruhige Bestimmtheit des Dings überhaupt;
nicht ein sich äusserndes, sondern unmittelbar ein äusser-
liches. So wird die Kraft auch als Materie bezeichnet,
und statt magnetischer, elektrischer u. s. f. Kraft, eine
magnetische, elektrische u. s. f. Materie angenommen;
oder statt der berühmten anziehenden Kraft ein
feiner Aether, der alles zusammenhalte. -- Es sind die
Materien, in welche sich die unthätige, kraftlose negati-
ve Einheit des Dings auflöst, und die oben betrachtet
wurden.

Aber die Kraft enthält die unmittelbare Existenz,
als Moment, als ein solches das zwar Bedingung ist,
aber übergeht und sich aufhebt; also nicht als ein existi-
rendes Ding. Sie ist ferner nicht die Negation als Be-
stimmtheit, sondern negative, sich in sich reflectirende
Einheit. Das Ding, an dem die Kraft seyn sollte, hat
somit hier keine Bedeutung mehr; sie selbst ist vielmehr
Setzen der Aeusserlichkeit, welche als Existenz erscheint.
Sie ist also auch nicht bloß eine bestimmte Materie; sol-
che Selbstständigkeit ist längst in das Gesetztseyn und in
die Erscheinung übergegangen.

Zweytens, die Kraft ist die Einheit des reflec-
tirten und des unmittelbaren Bestehens, oder der Form-
einheit und der äusserlichen Selbstständigkeit. Sie ist
beydes in Einem; sie ist die Berührung solcher, deren
das eine ist, insofern das andere nicht ist; die mit sich
identische positive, und die negirte Reflexion. Die Kraft
ist so der sich von sich selbst abstossende Widerspruch; sie
ist thätig; oder sie ist die sich auf sich beziehende ne-

gative

Die Erſcheinung.
dieſe als aͤuſſerlich damit verbunden und dem Dinge
durch eine fremde Gewalt eingedruͤkt.

Als diß unmittelbare Beſtehen iſt die Kraft eine
ruhige Beſtimmtheit des Dings uͤberhaupt;
nicht ein ſich aͤuſſerndes, ſondern unmittelbar ein aͤuſſer-
liches. So wird die Kraft auch als Materie bezeichnet,
und ſtatt magnetiſcher, elektriſcher u. ſ. f. Kraft, eine
magnetiſche, elektriſche u. ſ. f. Materie angenommen;
oder ſtatt der beruͤhmten anziehenden Kraft ein
feiner Aether, der alles zuſammenhalte. — Es ſind die
Materien, in welche ſich die unthaͤtige, kraftloſe negati-
ve Einheit des Dings aufloͤst, und die oben betrachtet
wurden.

Aber die Kraft enthaͤlt die unmittelbare Exiſtenz,
als Moment, als ein ſolches das zwar Bedingung iſt,
aber uͤbergeht und ſich aufhebt; alſo nicht als ein exiſti-
rendes Ding. Sie iſt ferner nicht die Negation als Be-
ſtimmtheit, ſondern negative, ſich in ſich reflectirende
Einheit. Das Ding, an dem die Kraft ſeyn ſollte, hat
ſomit hier keine Bedeutung mehr; ſie ſelbſt iſt vielmehr
Setzen der Aeuſſerlichkeit, welche als Exiſtenz erſcheint.
Sie iſt alſo auch nicht bloß eine beſtimmte Materie; ſol-
che Selbſtſtaͤndigkeit iſt laͤngſt in das Geſetztſeyn und in
die Erſcheinung uͤbergegangen.

Zweytens, die Kraft iſt die Einheit des reflec-
tirten und des unmittelbaren Beſtehens, oder der Form-
einheit und der aͤuſſerlichen Selbſtſtaͤndigkeit. Sie iſt
beydes in Einem; ſie iſt die Beruͤhrung ſolcher, deren
das eine iſt, inſofern das andere nicht iſt; die mit ſich
identiſche poſitive, und die negirte Reflexion. Die Kraft
iſt ſo der ſich von ſich ſelbſt abſtoſſende Widerſpruch; ſie
iſt thaͤtig; oder ſie iſt die ſich auf ſich beziehende ne-

gative
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[199/0211] Die Erſcheinung. dieſe als aͤuſſerlich damit verbunden und dem Dinge durch eine fremde Gewalt eingedruͤkt. Als diß unmittelbare Beſtehen iſt die Kraft eine ruhige Beſtimmtheit des Dings uͤberhaupt; nicht ein ſich aͤuſſerndes, ſondern unmittelbar ein aͤuſſer- liches. So wird die Kraft auch als Materie bezeichnet, und ſtatt magnetiſcher, elektriſcher u. ſ. f. Kraft, eine magnetiſche, elektriſche u. ſ. f. Materie angenommen; oder ſtatt der beruͤhmten anziehenden Kraft ein feiner Aether, der alles zuſammenhalte. — Es ſind die Materien, in welche ſich die unthaͤtige, kraftloſe negati- ve Einheit des Dings aufloͤst, und die oben betrachtet wurden. Aber die Kraft enthaͤlt die unmittelbare Exiſtenz, als Moment, als ein ſolches das zwar Bedingung iſt, aber uͤbergeht und ſich aufhebt; alſo nicht als ein exiſti- rendes Ding. Sie iſt ferner nicht die Negation als Be- ſtimmtheit, ſondern negative, ſich in ſich reflectirende Einheit. Das Ding, an dem die Kraft ſeyn ſollte, hat ſomit hier keine Bedeutung mehr; ſie ſelbſt iſt vielmehr Setzen der Aeuſſerlichkeit, welche als Exiſtenz erſcheint. Sie iſt alſo auch nicht bloß eine beſtimmte Materie; ſol- che Selbſtſtaͤndigkeit iſt laͤngſt in das Geſetztſeyn und in die Erſcheinung uͤbergegangen. Zweytens, die Kraft iſt die Einheit des reflec- tirten und des unmittelbaren Beſtehens, oder der Form- einheit und der aͤuſſerlichen Selbſtſtaͤndigkeit. Sie iſt beydes in Einem; ſie iſt die Beruͤhrung ſolcher, deren das eine iſt, inſofern das andere nicht iſt; die mit ſich identiſche poſitive, und die negirte Reflexion. Die Kraft iſt ſo der ſich von ſich ſelbſt abſtoſſende Widerſpruch; ſie iſt thaͤtig; oder ſie iſt die ſich auf ſich beziehende ne- gative

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/211>, abgerufen am 02.05.2024.