Wahrheit ist, nemlich ein Erstes zu seyn, das nur ein vorausgesetztes ist.
Diß macht nun die negative Seite der Erschei- nung aus. Aber in dieser negativen Vermittlung ist un- mittelbar die positive Identität des Existirenden mit sich enthalten. Denn es ist nicht Gesetztseyn gegen einen wesentlichen Grund, oder ist nicht der Schein an einem Selbstständigen; sondern ist Gesetztseyn, das sich auf ein Gesetztseyn be- zieht, oder ist ein Schein nur in einem Scheine. Es bezieht sich in dieser seiner Negation oder in sei- nem Andern, das selbst ein aufgehobenes ist, auf sich selbst; ist also mit sich identische oder positive Wesent- lichkeit. -- Dieses Identische ist nicht die Unmittel- barkeit, die der Existenz als solcher zukommt, und nur das Unwesentliche ist, sein Bestehen in einem Andern zu haben. Sondern es ist der wesentliche Inhalt der Erscheinung, welcher zwey Seiten hat, erstens in der Form des Gesetztseyns oder der äusserlichen Un- mittelbarkeit, zweytens das Gesetztseyn als mit sich identi- sches zu seyn. Nach der ersten Seite ist er als ein Daseyn, aber als ein zufälliges, unwesentliches, das nach seiner Unmittelbarkeit dem Uebergehen, Entstehen und Vergehen unterworfen ist. Nach der andern Seite ist er die einfache jenem Wechsel entnommene Inhaltsbe- stimmung, das Bleibende desselben.
Ausserdem daß dieser Inhalt überhaupt das Ein- fache des Vergänglichen ist, ist er auch bestimm- ter, in sich verschiedener Inhalt. Er ist die Re- flexion der Erscheinung, des negativen Daseyns, in sich, enthält also die Bestimmtheit wesentlich. Die Er- scheinung aber ist die seyende vielfache Verschieden- heit, die sich in unwesentlicher Mannichfaltigkeit herum-
wirft;
Zweytes Buch. II.Abſchnitt.
Wahrheit iſt, nemlich ein Erſtes zu ſeyn, das nur ein vorausgeſetztes iſt.
Diß macht nun die negative Seite der Erſchei- nung aus. Aber in dieſer negativen Vermittlung iſt un- mittelbar die poſitive Identitaͤt des Exiſtirenden mit ſich enthalten. Denn es iſt nicht Geſetztſeyn gegen einen weſentlichen Grund, oder iſt nicht der Schein an einem Selbſtſtaͤndigen; ſondern iſt Geſetztſeyn, das ſich auf ein Geſetztſeyn be- zieht, oder iſt ein Schein nur in einem Scheine. Es bezieht ſich in dieſer ſeiner Negation oder in ſei- nem Andern, das ſelbſt ein aufgehobenes iſt, auf ſich ſelbſt; iſt alſo mit ſich identiſche oder poſitive Weſent- lichkeit. — Dieſes Identiſche iſt nicht die Unmittel- barkeit, die der Exiſtenz als ſolcher zukommt, und nur das Unweſentliche iſt, ſein Beſtehen in einem Andern zu haben. Sondern es iſt der weſentliche Inhalt der Erſcheinung, welcher zwey Seiten hat, erſtens in der Form des Geſetztſeyns oder der aͤuſſerlichen Un- mittelbarkeit, zweytens das Geſetztſeyn als mit ſich identi- ſches zu ſeyn. Nach der erſten Seite iſt er als ein Daſeyn, aber als ein zufaͤlliges, unweſentliches, das nach ſeiner Unmittelbarkeit dem Uebergehen, Entſtehen und Vergehen unterworfen iſt. Nach der andern Seite iſt er die einfache jenem Wechſel entnommene Inhaltsbe- ſtimmung, das Bleibende deſſelben.
Auſſerdem daß dieſer Inhalt uͤberhaupt das Ein- fache des Vergaͤnglichen iſt, iſt er auch beſtimm- ter, in ſich verſchiedener Inhalt. Er iſt die Re- flexion der Erſcheinung, des negativen Daſeyns, in ſich, enthaͤlt alſo die Beſtimmtheit weſentlich. Die Er- ſcheinung aber iſt die ſeyende vielfache Verſchieden- heit, die ſich in unweſentlicher Mannichfaltigkeit herum-
wirft;
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Zweytes Buch. II. Abſchnitt.
Wahrheit iſt, nemlich ein Erſtes zu ſeyn, das nur ein
vorausgeſetztes iſt.
Diß macht nun die negative Seite der Erſchei-
nung aus. Aber in dieſer negativen Vermittlung iſt un-
mittelbar die poſitive Identitaͤt des Exiſtirenden
mit ſich enthalten. Denn es iſt nicht Geſetztſeyn
gegen einen weſentlichen Grund, oder iſt nicht
der Schein an einem Selbſtſtaͤndigen; ſondern
iſt Geſetztſeyn, das ſich auf ein Geſetztſeyn be-
zieht, oder iſt ein Schein nur in einem Scheine.
Es bezieht ſich in dieſer ſeiner Negation oder in ſei-
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ſelbſt; iſt alſo mit ſich identiſche oder poſitive Weſent-
lichkeit. — Dieſes Identiſche iſt nicht die Unmittel-
barkeit, die der Exiſtenz als ſolcher zukommt, und nur
das Unweſentliche iſt, ſein Beſtehen in einem Andern zu
haben. Sondern es iſt der weſentliche Inhalt
der Erſcheinung, welcher zwey Seiten hat, erſtens in
der Form des Geſetztſeyns oder der aͤuſſerlichen Un-
mittelbarkeit, zweytens das Geſetztſeyn als mit ſich identi-
ſches zu ſeyn. Nach der erſten Seite iſt er als ein
Daſeyn, aber als ein zufaͤlliges, unweſentliches, das
nach ſeiner Unmittelbarkeit dem Uebergehen, Entſtehen
und Vergehen unterworfen iſt. Nach der andern Seite
iſt er die einfache jenem Wechſel entnommene Inhaltsbe-
ſtimmung, das Bleibende deſſelben.
Auſſerdem daß dieſer Inhalt uͤberhaupt das Ein-
fache des Vergaͤnglichen iſt, iſt er auch beſtimm-
ter, in ſich verſchiedener Inhalt. Er iſt die Re-
flexion der Erſcheinung, des negativen Daſeyns, in ſich,
enthaͤlt alſo die Beſtimmtheit weſentlich. Die Er-
ſcheinung aber iſt die ſeyende vielfache Verſchieden-
heit, die ſich in unweſentlicher Mannichfaltigkeit herum-
wirft;
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/182>, abgerufen am 16.07.2024.
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