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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. I. Abschnitt.
dene Bedeutungen zu haben schien, so scheint auch das
Ideelle im Sinne des Ansichseyns, als unendliche
Beziehung auf sich
, und im Sinne des Seyns-für-
Anderes, nemlich als Seyn-für-eines, unterschie-
den zu seyn.

-- So ist der Geist, Gott, das Absolute über-
haupt, ein Ideelles, als unendliche Beziehung auf
sich selbst, als Einheit mit sich, die nicht in die Aeusser-
lichkeit und in das Andersseyn verloren ist, sondern für
welche alle Bestimmtheit ist. -- Das Leibnitzische
vorstellende
Wesen, die Monade, ist wesentlich
Ideelles. Das Vorstellen ist ein Fürsichseyn, in wel-
chem die Bestimmtheiten, nicht Grenzen, sondern nur
Momente sind. Vorstellen ist zwar eine concretere Be-
stimmung, die dem Bewußtseyn angehört, aber es hat
hier keine weitere Bedeutung, als die der Idealität;
denn auch das Bewußtseynslose überhaupt ist Vorstellen-
des. Es ist in diesem Systeme also das Andersseyn
überhaupt aufgehoben; Geist und Körper, oder die Mo-
naden überhaupt sind nicht Andere für einander, sie be-
grenzen sich nicht, haben keine Einwirkung aufeinander;
es fallen überhaupt alle Verhältnisse weg, welchen ein
Andersseyn zum Grunde liegt. Daß es mehrere Mo-
naden
gibt, daß sie damit auch als Andere bestimmt
werden, geht die Monaden selbst nichts an; es ist die
ausser ihnen fallende Reflexion eines Dritten; sie sind
nicht an ihnen selbst Andere. -- Allein hierin
liegt zugleich das Unvollendete dieses Systems. Die Mo-
naden sind nur an sich, oder in Gott, als der Mo-
nade der Monaden, oder auch im Systeme, Vor-
stellendes. Aber das Andersseyn ist gleichfalls vorhan-
den; es falle wohin es wolle, in die Vorstellung selbst,
oder wie das Dritte bestimmt werde, welches sie als
Andere betrachtet. Das Andre ist daher nicht an sich

selbst

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
dene Bedeutungen zu haben ſchien, ſo ſcheint auch das
Ideelle im Sinne des Anſichſeyns, als unendliche
Beziehung auf ſich
, und im Sinne des Seyns-fuͤr-
Anderes, nemlich als Seyn-fuͤr-eines, unterſchie-
den zu ſeyn.

— So iſt der Geiſt, Gott, das Abſolute uͤber-
haupt, ein Ideelles, als unendliche Beziehung auf
ſich ſelbſt, als Einheit mit ſich, die nicht in die Aeuſſer-
lichkeit und in das Andersſeyn verloren iſt, ſondern fuͤr
welche alle Beſtimmtheit iſt. — Das Leibnitziſche
vorſtellende
Weſen, die Monade, iſt weſentlich
Ideelles. Das Vorſtellen iſt ein Fuͤrſichſeyn, in wel-
chem die Beſtimmtheiten, nicht Grenzen, ſondern nur
Momente ſind. Vorſtellen iſt zwar eine concretere Be-
ſtimmung, die dem Bewußtſeyn angehoͤrt, aber es hat
hier keine weitere Bedeutung, als die der Idealitaͤt;
denn auch das Bewußtſeynsloſe uͤberhaupt iſt Vorſtellen-
des. Es iſt in dieſem Syſteme alſo das Andersſeyn
uͤberhaupt aufgehoben; Geiſt und Koͤrper, oder die Mo-
naden uͤberhaupt ſind nicht Andere fuͤr einander, ſie be-
grenzen ſich nicht, haben keine Einwirkung aufeinander;
es fallen uͤberhaupt alle Verhaͤltniſſe weg, welchen ein
Andersſeyn zum Grunde liegt. Daß es mehrere Mo-
naden
gibt, daß ſie damit auch als Andere beſtimmt
werden, geht die Monaden ſelbſt nichts an; es iſt die
auſſer ihnen fallende Reflexion eines Dritten; ſie ſind
nicht an ihnen ſelbſt Andere. — Allein hierin
liegt zugleich das Unvollendete dieſes Syſtems. Die Mo-
naden ſind nur an ſich, oder in Gott, als der Mo-
nade der Monaden, oder auch im Syſteme, Vor-
ſtellendes. Aber das Andersſeyn iſt gleichfalls vorhan-
den; es falle wohin es wolle, in die Vorſtellung ſelbſt,
oder wie das Dritte beſtimmt werde, welches ſie als
Andere betrachtet. Das Andre iſt daher nicht an ſich

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[96/0144] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. dene Bedeutungen zu haben ſchien, ſo ſcheint auch das Ideelle im Sinne des Anſichſeyns, als unendliche Beziehung auf ſich, und im Sinne des Seyns-fuͤr- Anderes, nemlich als Seyn-fuͤr-eines, unterſchie- den zu ſeyn. — So iſt der Geiſt, Gott, das Abſolute uͤber- haupt, ein Ideelles, als unendliche Beziehung auf ſich ſelbſt, als Einheit mit ſich, die nicht in die Aeuſſer- lichkeit und in das Andersſeyn verloren iſt, ſondern fuͤr welche alle Beſtimmtheit iſt. — Das Leibnitziſche vorſtellende Weſen, die Monade, iſt weſentlich Ideelles. Das Vorſtellen iſt ein Fuͤrſichſeyn, in wel- chem die Beſtimmtheiten, nicht Grenzen, ſondern nur Momente ſind. Vorſtellen iſt zwar eine concretere Be- ſtimmung, die dem Bewußtſeyn angehoͤrt, aber es hat hier keine weitere Bedeutung, als die der Idealitaͤt; denn auch das Bewußtſeynsloſe uͤberhaupt iſt Vorſtellen- des. Es iſt in dieſem Syſteme alſo das Andersſeyn uͤberhaupt aufgehoben; Geiſt und Koͤrper, oder die Mo- naden uͤberhaupt ſind nicht Andere fuͤr einander, ſie be- grenzen ſich nicht, haben keine Einwirkung aufeinander; es fallen uͤberhaupt alle Verhaͤltniſſe weg, welchen ein Andersſeyn zum Grunde liegt. Daß es mehrere Mo- naden gibt, daß ſie damit auch als Andere beſtimmt werden, geht die Monaden ſelbſt nichts an; es iſt die auſſer ihnen fallende Reflexion eines Dritten; ſie ſind nicht an ihnen ſelbſt Andere. — Allein hierin liegt zugleich das Unvollendete dieſes Syſtems. Die Mo- naden ſind nur an ſich, oder in Gott, als der Mo- nade der Monaden, oder auch im Syſteme, Vor- ſtellendes. Aber das Andersſeyn iſt gleichfalls vorhan- den; es falle wohin es wolle, in die Vorſtellung ſelbſt, oder wie das Dritte beſtimmt werde, welches ſie als Andere betrachtet. Das Andre iſt daher nicht an ſich ſelbſt

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/144>, abgerufen am 24.11.2024.