Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Einleitung. §. 8. Handelspolitik zu einem großartigeren Einfluß auf die Europäi-schen Angelegenheiten, sie verflocht mit diesen die Colonialinteressen, wie sie, vorzüglich seit dem Abfall der vereinigten Niederlande von der Spanischen Monarchie, den Krieg selbst in entferntere Weltge- genden hinüberspielte. Das siebenzehnte Jahrhundert brachte für's Erste die religiöse Die nächste Folge war eine überaus geschäftige Politik, theils Noch den größeren Theil des achtzehnten Jahrhunderts hin- 1 Die wichtigsten Schriften über den Westphälischen Friedens-Congreß s. in
v. Martens Staatshändel S. 55. Einleitung. §. 8. Handelspolitik zu einem großartigeren Einfluß auf die Europäi-ſchen Angelegenheiten, ſie verflocht mit dieſen die Colonialintereſſen, wie ſie, vorzüglich ſeit dem Abfall der vereinigten Niederlande von der Spaniſchen Monarchie, den Krieg ſelbſt in entferntere Weltge- genden hinüberſpielte. Das ſiebenzehnte Jahrhundert brachte für’s Erſte die religiöſe Die nächſte Folge war eine überaus geſchäftige Politik, theils Noch den größeren Theil des achtzehnten Jahrhunderts hin- 1 Die wichtigſten Schriften über den Weſtphäliſchen Friedens-Congreß ſ. in
v. Martens Staatshändel S. 55. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>. §. 8.</fw><lb/> Handelspolitik zu einem großartigeren Einfluß auf die Europäi-<lb/> ſchen Angelegenheiten, ſie verflocht mit dieſen die Colonialintereſſen,<lb/> wie ſie, vorzüglich ſeit dem Abfall der vereinigten Niederlande von<lb/> der Spaniſchen Monarchie, den Krieg ſelbſt in entferntere Weltge-<lb/> genden hinüberſpielte.</p><lb/> <p>Das ſiebenzehnte Jahrhundert brachte für’s Erſte die religiöſe<lb/> Aufregung zum Stillſtande. Die Politik der Machthaber feierte<lb/> ihren Triumph auf dem Weſtphäliſchen Friedens-Congreß. Er war<lb/> lange Zeit ihr Stolz, wenn gleich der Friedensſchluß ſelbſt in man-<lb/> cher Hinſicht ſich als verhängnißvolle Pandora demnächſt geoffen-<lb/> bart hat. Gewiß wurde er eine langdauernde Baſis des ſüdweſt-<lb/> lichen Europäiſchen Staatenbeſtandes und des Gleichgewichts darin.<lb/> Zugleich aber auch der Wendepunct zwiſchen der älteren und neue-<lb/> ſten Diplomatie. Bis dahin hatte man noch immer mindeſtens<lb/> einen Schein des Rechts zur Grundlage der Verhandlungen ge-<lb/> macht; der Friedens-Congreß zu Münſter und Osnabrück ließ es<lb/> ſchon weniger ſeine Aufgabe ſein, gekränkte Rechte wiederherzuſtel-<lb/> len, als vielmehr nach politiſchen Convenienzen zu verfahren und<lb/> ſogar Rechte zu vernichten, z. B. im Wege der Säculariſation und<lb/> Mediatiſirung. <note place="foot" n="1">Die wichtigſten Schriften über den Weſtphäliſchen Friedens-Congreß ſ. in<lb/> v. Martens Staatshändel S. 55.</note></p><lb/> <p>Die nächſte Folge war eine überaus geſchäftige Politik, theils<lb/> um jeden äußeren Vortheil zu erlangen, theils um das mühſam<lb/> hergeſtellte Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Die ſ. g. Einmi-<lb/> ſchungspolitik kam zur vollen Blüthe, mit ihr die Praxis der all-<lb/> gemeinen Friedens-Congreſſe und Concerts, worin man bei dem<lb/> damals herrſchenden Regierungsſyſtem nach Unterdrückung der Feu-<lb/> dalſtände nicht ſehr gehindert war. Im Haag war gewiſſermaßen<lb/> der neutrale Heerd der Diplomatie, wo man die Karten miſchte<lb/> oder das Spiel zu endigen ſuchte, und ſich gegenſeitig auch bei<lb/> feindlichen Zuſtänden aufſuchen konnte.</p><lb/> <p>Noch den größeren Theil des achtzehnten Jahrhunderts hin-<lb/> durch blieb die Europäiſche Vertragspraxis ein Syſtem des poli-<lb/> tiſchen Calcüls jede für das Gleichgewicht gefährliche Uebergewalt<lb/> möglichſt zu beſeitigen, wo nicht das Glück der Waffen oder die<lb/> Verwickelung der Umſtände einen Theil unrettbar in die Hand des<lb/> anderen gegeben hatte. Außerdem ließ man zwar nicht das ſtrenge<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0040]
Einleitung. §. 8.
Handelspolitik zu einem großartigeren Einfluß auf die Europäi-
ſchen Angelegenheiten, ſie verflocht mit dieſen die Colonialintereſſen,
wie ſie, vorzüglich ſeit dem Abfall der vereinigten Niederlande von
der Spaniſchen Monarchie, den Krieg ſelbſt in entferntere Weltge-
genden hinüberſpielte.
Das ſiebenzehnte Jahrhundert brachte für’s Erſte die religiöſe
Aufregung zum Stillſtande. Die Politik der Machthaber feierte
ihren Triumph auf dem Weſtphäliſchen Friedens-Congreß. Er war
lange Zeit ihr Stolz, wenn gleich der Friedensſchluß ſelbſt in man-
cher Hinſicht ſich als verhängnißvolle Pandora demnächſt geoffen-
bart hat. Gewiß wurde er eine langdauernde Baſis des ſüdweſt-
lichen Europäiſchen Staatenbeſtandes und des Gleichgewichts darin.
Zugleich aber auch der Wendepunct zwiſchen der älteren und neue-
ſten Diplomatie. Bis dahin hatte man noch immer mindeſtens
einen Schein des Rechts zur Grundlage der Verhandlungen ge-
macht; der Friedens-Congreß zu Münſter und Osnabrück ließ es
ſchon weniger ſeine Aufgabe ſein, gekränkte Rechte wiederherzuſtel-
len, als vielmehr nach politiſchen Convenienzen zu verfahren und
ſogar Rechte zu vernichten, z. B. im Wege der Säculariſation und
Mediatiſirung. 1
Die nächſte Folge war eine überaus geſchäftige Politik, theils
um jeden äußeren Vortheil zu erlangen, theils um das mühſam
hergeſtellte Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Die ſ. g. Einmi-
ſchungspolitik kam zur vollen Blüthe, mit ihr die Praxis der all-
gemeinen Friedens-Congreſſe und Concerts, worin man bei dem
damals herrſchenden Regierungsſyſtem nach Unterdrückung der Feu-
dalſtände nicht ſehr gehindert war. Im Haag war gewiſſermaßen
der neutrale Heerd der Diplomatie, wo man die Karten miſchte
oder das Spiel zu endigen ſuchte, und ſich gegenſeitig auch bei
feindlichen Zuſtänden aufſuchen konnte.
Noch den größeren Theil des achtzehnten Jahrhunderts hin-
durch blieb die Europäiſche Vertragspraxis ein Syſtem des poli-
tiſchen Calcüls jede für das Gleichgewicht gefährliche Uebergewalt
möglichſt zu beſeitigen, wo nicht das Glück der Waffen oder die
Verwickelung der Umſtände einen Theil unrettbar in die Hand des
anderen gegeben hatte. Außerdem ließ man zwar nicht das ſtrenge
1 Die wichtigſten Schriften über den Weſtphäliſchen Friedens-Congreß ſ. in
v. Martens Staatshändel S. 55.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |