Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch. §. 197.
III. Nur als übliche Höflichkeit, jedoch nicht als Recht und Ver-
bindlichkeit, ist Folgendes anzusehen:
a. Begegnet ein Kriegsschiff einem fremden Kriegsgeschwa-
der: so grüßt jenes zuerst mit Kanonenschüssen. Ebenso
hält man es bei Vereinigung einzelner Schiffe mit einem
fremden Geschwader.
b. Eine Hilfsflotte grüßt das Geschwader der Hauptmacht
zuerst.
c. Bei Begegnungen einzelner Schiffe grüßt das dem Range
nach geringere das höhere zuerst; bei Ranggleichheit das
unter dem Wind befindliche.
d. Caper grüßen stets die Kriegsschiffe zuerst ohne selbst
Gegengruß zu empfangen.
e. Kauffahrer grüßen fremde Kriegsschiffe zuerst mit Se-
gel und Flaggengruß, auch wohl mit Kanonen, wenn
sie dergleichen führen; doch wird Eines oder das An-
dere erlassen, wenn das Schiff im vollen Laufe ist. 1

Reine Höflichkeit bringt ferner noch mit sich, daß Festungen und
Häfen, wenn sich ihnen fremde Regenten oder Stellvertreter dersel-
ben nähern oder vorüberfahren, selbige zuerst mit Kanonen be-
grüßen.

Zu wünschen wäre, daß man sich endlich, mindestens auf offe-
ner See, wegen Unterlassung jedes Schiffsgrußes unter den Natio-
nen vereinigte. 2 Unbefugt und unverantwortlich ist es, wegen der
Unterlassung eines solchen Grußes, sogar wenn sie gefordert wer-
den könnte, in Gewaltthätigkeiten überzugehen, 3 anstatt sich mit blo-
ßen Zurückweisungen zu begnügen, oder auf friedlichem Wege zu-
erst bei der Regierung des unterlassenden Theiles auf Genugthuung
anzutragen.



1 Moser Versuch II, 482. Nau §. 142.
2 Dergleichen Vereinigungen bestehen bereits unter einzelnen Nationen. Mo-
ser kleine Schriften XII, 22. Klüber droit des gens §. 121. Nau §. 143.
3 Beispiele solcher Gewaltthaten s. in Mosers Beiträgen II, 445.
Drittes Buch. §. 197.
III. Nur als übliche Höflichkeit, jedoch nicht als Recht und Ver-
bindlichkeit, iſt Folgendes anzuſehen:
a. Begegnet ein Kriegsſchiff einem fremden Kriegsgeſchwa-
der: ſo grüßt jenes zuerſt mit Kanonenſchüſſen. Ebenſo
hält man es bei Vereinigung einzelner Schiffe mit einem
fremden Geſchwader.
b. Eine Hilfsflotte grüßt das Geſchwader der Hauptmacht
zuerſt.
c. Bei Begegnungen einzelner Schiffe grüßt das dem Range
nach geringere das höhere zuerſt; bei Ranggleichheit das
unter dem Wind befindliche.
d. Caper grüßen ſtets die Kriegsſchiffe zuerſt ohne ſelbſt
Gegengruß zu empfangen.
e. Kauffahrer grüßen fremde Kriegsſchiffe zuerſt mit Se-
gel und Flaggengruß, auch wohl mit Kanonen, wenn
ſie dergleichen führen; doch wird Eines oder das An-
dere erlaſſen, wenn das Schiff im vollen Laufe iſt. 1

Reine Höflichkeit bringt ferner noch mit ſich, daß Feſtungen und
Häfen, wenn ſich ihnen fremde Regenten oder Stellvertreter derſel-
ben nähern oder vorüberfahren, ſelbige zuerſt mit Kanonen be-
grüßen.

Zu wünſchen wäre, daß man ſich endlich, mindeſtens auf offe-
ner See, wegen Unterlaſſung jedes Schiffsgrußes unter den Natio-
nen vereinigte. 2 Unbefugt und unverantwortlich iſt es, wegen der
Unterlaſſung eines ſolchen Grußes, ſogar wenn ſie gefordert wer-
den könnte, in Gewaltthätigkeiten überzugehen, 3 anſtatt ſich mit blo-
ßen Zurückweiſungen zu begnügen, oder auf friedlichem Wege zu-
erſt bei der Regierung des unterlaſſenden Theiles auf Genugthuung
anzutragen.



1 Moſer Verſuch II, 482. Nau §. 142.
2 Dergleichen Vereinigungen beſtehen bereits unter einzelnen Nationen. Mo-
ſer kleine Schriften XII, 22. Klüber droit des gens §. 121. Nau §. 143.
3 Beiſpiele ſolcher Gewaltthaten ſ. in Moſers Beiträgen II, 445.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0354" n="330"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch</hi>. §. 197.</fw><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">III.</hi> Nur als übliche Höflichkeit, jedoch nicht als Recht und Ver-<lb/>
bindlichkeit, i&#x017F;t Folgendes anzu&#x017F;ehen:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a.</hi> Begegnet ein Kriegs&#x017F;chiff einem fremden Kriegsge&#x017F;chwa-<lb/>
der: &#x017F;o grüßt jenes zuer&#x017F;t mit Kanonen&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;en. Eben&#x017F;o<lb/>
hält man es bei Vereinigung einzelner Schiffe mit einem<lb/>
fremden Ge&#x017F;chwader.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">b.</hi> Eine Hilfsflotte grüßt das Ge&#x017F;chwader der Hauptmacht<lb/>
zuer&#x017F;t.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">c.</hi> Bei Begegnungen einzelner Schiffe grüßt das dem Range<lb/>
nach geringere das höhere zuer&#x017F;t; bei Ranggleichheit das<lb/>
unter dem Wind befindliche.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">d.</hi> Caper grüßen &#x017F;tets die Kriegs&#x017F;chiffe zuer&#x017F;t ohne &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Gegengruß zu empfangen.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">e.</hi> Kauffahrer grüßen fremde Kriegs&#x017F;chiffe zuer&#x017F;t mit Se-<lb/>
gel und Flaggengruß, auch wohl mit Kanonen, wenn<lb/>
&#x017F;ie dergleichen führen; doch wird Eines oder das An-<lb/>
dere erla&#x017F;&#x017F;en, wenn das Schiff im vollen Laufe i&#x017F;t. <note place="foot" n="1">Mo&#x017F;er Ver&#x017F;uch <hi rendition="#aq">II,</hi> 482. Nau §. 142.</note></item></list></item>
            </list><lb/>
            <p>Reine Höflichkeit bringt ferner noch mit &#x017F;ich, daß Fe&#x017F;tungen und<lb/>
Häfen, wenn &#x017F;ich ihnen fremde Regenten oder Stellvertreter der&#x017F;el-<lb/>
ben nähern oder vorüberfahren, &#x017F;elbige zuer&#x017F;t mit Kanonen be-<lb/>
grüßen.</p><lb/>
            <p>Zu wün&#x017F;chen wäre, daß man &#x017F;ich endlich, minde&#x017F;tens auf offe-<lb/>
ner See, wegen Unterla&#x017F;&#x017F;ung jedes Schiffsgrußes unter den Natio-<lb/>
nen vereinigte. <note place="foot" n="2">Dergleichen Vereinigungen be&#x017F;tehen bereits unter einzelnen Nationen. Mo-<lb/>
&#x017F;er kleine Schriften <hi rendition="#aq">XII,</hi> 22. Klüber <hi rendition="#aq">droit des gens</hi> §. 121. Nau §. 143.</note> Unbefugt und unverantwortlich i&#x017F;t es, wegen der<lb/>
Unterla&#x017F;&#x017F;ung eines &#x017F;olchen Grußes, &#x017F;ogar wenn &#x017F;ie gefordert wer-<lb/>
den könnte, in Gewaltthätigkeiten überzugehen, <note place="foot" n="3">Bei&#x017F;piele &#x017F;olcher Gewaltthaten &#x017F;. in Mo&#x017F;ers Beiträgen <hi rendition="#aq">II,</hi> 445.</note> an&#x017F;tatt &#x017F;ich mit blo-<lb/>
ßen Zurückwei&#x017F;ungen zu begnügen, oder auf friedlichem Wege zu-<lb/>
er&#x017F;t bei der Regierung des unterla&#x017F;&#x017F;enden Theiles auf Genugthuung<lb/>
anzutragen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0354] Drittes Buch. §. 197. III. Nur als übliche Höflichkeit, jedoch nicht als Recht und Ver- bindlichkeit, iſt Folgendes anzuſehen: a. Begegnet ein Kriegsſchiff einem fremden Kriegsgeſchwa- der: ſo grüßt jenes zuerſt mit Kanonenſchüſſen. Ebenſo hält man es bei Vereinigung einzelner Schiffe mit einem fremden Geſchwader. b. Eine Hilfsflotte grüßt das Geſchwader der Hauptmacht zuerſt. c. Bei Begegnungen einzelner Schiffe grüßt das dem Range nach geringere das höhere zuerſt; bei Ranggleichheit das unter dem Wind befindliche. d. Caper grüßen ſtets die Kriegsſchiffe zuerſt ohne ſelbſt Gegengruß zu empfangen. e. Kauffahrer grüßen fremde Kriegsſchiffe zuerſt mit Se- gel und Flaggengruß, auch wohl mit Kanonen, wenn ſie dergleichen führen; doch wird Eines oder das An- dere erlaſſen, wenn das Schiff im vollen Laufe iſt. 1 Reine Höflichkeit bringt ferner noch mit ſich, daß Feſtungen und Häfen, wenn ſich ihnen fremde Regenten oder Stellvertreter derſel- ben nähern oder vorüberfahren, ſelbige zuerſt mit Kanonen be- grüßen. Zu wünſchen wäre, daß man ſich endlich, mindeſtens auf offe- ner See, wegen Unterlaſſung jedes Schiffsgrußes unter den Natio- nen vereinigte. 2 Unbefugt und unverantwortlich iſt es, wegen der Unterlaſſung eines ſolchen Grußes, ſogar wenn ſie gefordert wer- den könnte, in Gewaltthätigkeiten überzugehen, 3 anſtatt ſich mit blo- ßen Zurückweiſungen zu begnügen, oder auf friedlichem Wege zu- erſt bei der Regierung des unterlaſſenden Theiles auf Genugthuung anzutragen. 1 Moſer Verſuch II, 482. Nau §. 142. 2 Dergleichen Vereinigungen beſtehen bereits unter einzelnen Nationen. Mo- ſer kleine Schriften XII, 22. Klüber droit des gens §. 121. Nau §. 143. 3 Beiſpiele ſolcher Gewaltthaten ſ. in Moſers Beiträgen II, 445.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/354
Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/354>, abgerufen am 22.05.2024.