Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Drittes Buch. §. 194. persönlichen Begegnungen und Correspondenzen jeder nach allgemeinsittlicher Ueberzeugung kränkenden Form zu enthalten, nicht aber auch von selbst die Verbindlichkeit eine bestimmte positive Form der Be- handlung zu beobachten. Indessen hat die Sorge für die eigene Würde, verbunden mit der Ungleichheit, welche sich hinsichtlich des Ranges der einzelnen Staaten unter einander ergeben hat, sodann der Geist des abendländischen Ritterthums und die Mode des Hof- lebens zur Annahme gewisser Formen geführt und ein eigenes Staa- tencerimonial erzeugt, 1 welches zwar im Allgemeinen nur in Aeu- ßerlichkeiten besteht, dennoch aber, soweit es ein vollkommen be- gründetes und verbindliches ist, von der politischen Wissenschaft nicht ganz übersehen werden darf. Es kommt zur Anwendung a. bei persönlicher Annäherung der Souveräne und souveränen Familienglieder unter sich, es sei durch persönliche Zusam- menkunft oder Correspondenz; b. im diplomatischen persönlichen oder schriftlichen Verkehr; c. in der Correspondenz der Behörden verschiedener Staaten untereinander; d. im Schiffsverkehr. 1 Schriften über diesen allerdings wenig juristischen Stoff enthaltenden Ge-
genstand s. bei v. Ompteda §. 207. 208. und bei v. Kamptz §. 138. Die bedeutendsten, wenn auch in vielen Stücken nicht mehr brauchbaren, da- von sind: Il Cerimoniale historico e politico di Gregorio Leti. 6 Vol. Am- stell. 1685. 12. Friedrich Wilhelm v. Winterfeld. Teutsche und Cerimonial Politika. 3 Thle. Frankf. u. Leipz. 1700 u. 1702. 8. Gottfr. Stievens Europäisches Hofcerimonial. Leipz. 1714. 2. 1723. Joh. Chr. Lünig Theatrum cerimoniale historico-politicum. Leipz. 1716. 2. 1719. 20. Julius Bernhard v. Rohr Einleitung zur Cerimonialwissenschaft. Ber- lin 1730. 2. 1735. Georg Chr. Gebauer Programma de cerimon. natura atque jure. Götting. 1737. Ceremonial diplomatique des cours de l'Europe par Rousset. II. Amsterd. et a la Haye 1739. fol. Joh. J. Moser Versuch des neuesten europ. Völkerr. Th. II. In allen diesen Schriften ist indessen Staats- und Hofcerimonial nebst Staatsgalanterie untereinander vermischt, und, was wahrhaft Cerimonial- recht sei? nicht dargethan worden. Drittes Buch. §. 194. perſönlichen Begegnungen und Correſpondenzen jeder nach allgemeinſittlicher Ueberzeugung kränkenden Form zu enthalten, nicht aber auch von ſelbſt die Verbindlichkeit eine beſtimmte poſitive Form der Be- handlung zu beobachten. Indeſſen hat die Sorge für die eigene Würde, verbunden mit der Ungleichheit, welche ſich hinſichtlich des Ranges der einzelnen Staaten unter einander ergeben hat, ſodann der Geiſt des abendländiſchen Ritterthums und die Mode des Hof- lebens zur Annahme gewiſſer Formen geführt und ein eigenes Staa- tencerimonial erzeugt, 1 welches zwar im Allgemeinen nur in Aeu- ßerlichkeiten beſteht, dennoch aber, ſoweit es ein vollkommen be- gründetes und verbindliches iſt, von der politiſchen Wiſſenſchaft nicht ganz überſehen werden darf. Es kommt zur Anwendung a. bei perſönlicher Annäherung der Souveräne und ſouveränen Familienglieder unter ſich, es ſei durch perſönliche Zuſam- menkunft oder Correſpondenz; b. im diplomatiſchen perſönlichen oder ſchriftlichen Verkehr; c. in der Correſpondenz der Behörden verſchiedener Staaten untereinander; d. im Schiffsverkehr. 1 Schriften über dieſen allerdings wenig juriſtiſchen Stoff enthaltenden Ge-
genſtand ſ. bei v. Ompteda §. 207. 208. und bei v. Kamptz §. 138. Die bedeutendſten, wenn auch in vielen Stücken nicht mehr brauchbaren, da- von ſind: Il Cerimoniale historico e politico di Gregorio Leti. 6 Vol. Am- stell. 1685. 12. Friedrich Wilhelm v. Winterfeld. Teutſche und Cerimonial Politika. 3 Thle. Frankf. u. Leipz. 1700 u. 1702. 8. Gottfr. Stievens Europäiſches Hofcerimonial. Leipz. 1714. 2. 1723. Joh. Chr. Lünig Theatrum cerimoniale historico-politicum. Leipz. 1716. 2. 1719. 20. Julius Bernhard v. Rohr Einleitung zur Cerimonialwiſſenſchaft. Ber- lin 1730. 2. 1735. Georg Chr. Gebauer Programma de cerimon. natura atque jure. Götting. 1737. Cérémonial diplomatique des cours de l’Europe par Rousset. II. Amsterd. et à la Haye 1739. fol. Joh. J. Moſer Verſuch des neueſten europ. Völkerr. Th. II. In allen dieſen Schriften iſt indeſſen Staats- und Hofcerimonial nebſt Staatsgalanterie untereinander vermiſcht, und, was wahrhaft Cerimonial- recht ſei? nicht dargethan worden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0348" n="324"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch</hi>. §. 194.</fw><lb/> perſönlichen Begegnungen und Correſpondenzen jeder nach allgemein<lb/> ſittlicher Ueberzeugung kränkenden Form zu enthalten, nicht aber auch<lb/> von ſelbſt die Verbindlichkeit eine beſtimmte poſitive Form der Be-<lb/> handlung zu beobachten. Indeſſen hat die Sorge für die eigene<lb/> Würde, verbunden mit der Ungleichheit, welche ſich hinſichtlich des<lb/> Ranges der einzelnen Staaten unter einander ergeben hat, ſodann<lb/> der Geiſt des abendländiſchen Ritterthums und die Mode des Hof-<lb/> lebens zur Annahme gewiſſer Formen geführt und ein eigenes Staa-<lb/> tencerimonial erzeugt, <note place="foot" n="1">Schriften über dieſen allerdings wenig juriſtiſchen Stoff enthaltenden Ge-<lb/> genſtand ſ. bei v. Ompteda §. 207. 208. und bei v. Kamptz §. 138. Die<lb/> bedeutendſten, wenn auch in vielen Stücken nicht mehr brauchbaren, da-<lb/> von ſind:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Il Cerimoniale historico e politico di Gregorio Leti. 6 Vol. Am-<lb/> stell.</hi> 1685. 12.<lb/> Friedrich Wilhelm v. Winterfeld. Teutſche und Cerimonial Politika.<lb/> 3 Thle. Frankf. u. Leipz. 1700 u. 1702. 8.<lb/> Gottfr. Stievens Europäiſches Hofcerimonial. Leipz. 1714. 2. 1723.<lb/> Joh. Chr. Lünig <hi rendition="#aq">Theatrum cerimoniale historico-politicum.</hi> Leipz.<lb/> 1716. 2. 1719. 20.<lb/> Julius Bernhard v. Rohr Einleitung zur Cerimonialwiſſenſchaft. Ber-<lb/> lin 1730. 2. 1735.<lb/> Georg Chr. Gebauer <hi rendition="#aq">Programma de cerimon. natura atque jure.</hi><lb/> Götting. 1737.<lb/><hi rendition="#aq">Cérémonial diplomatique des cours de l’Europe par Rousset. II.<lb/> Amsterd. et à la Haye 1739. fol.</hi><lb/> Joh. J. Moſer Verſuch des neueſten europ. Völkerr. Th. <hi rendition="#aq">II.</hi></hi><lb/> In allen dieſen Schriften iſt indeſſen Staats- und Hofcerimonial nebſt<lb/> Staatsgalanterie untereinander vermiſcht, und, was wahrhaft Cerimonial-<lb/><hi rendition="#g">recht</hi> ſei? nicht dargethan worden.</note> welches zwar im Allgemeinen nur in Aeu-<lb/> ßerlichkeiten beſteht, dennoch aber, ſoweit es ein vollkommen be-<lb/> gründetes und verbindliches iſt, von der politiſchen Wiſſenſchaft<lb/> nicht ganz überſehen werden darf. Es kommt zur Anwendung</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> bei perſönlicher Annäherung der Souveräne und ſouveränen<lb/> Familienglieder unter ſich, es ſei durch perſönliche Zuſam-<lb/> menkunft oder Correſpondenz;</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> im diplomatiſchen perſönlichen oder ſchriftlichen Verkehr;</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> in der Correſpondenz der Behörden verſchiedener Staaten<lb/> untereinander;</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> im Schiffsverkehr.</item> </list><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [324/0348]
Drittes Buch. §. 194.
perſönlichen Begegnungen und Correſpondenzen jeder nach allgemein
ſittlicher Ueberzeugung kränkenden Form zu enthalten, nicht aber auch
von ſelbſt die Verbindlichkeit eine beſtimmte poſitive Form der Be-
handlung zu beobachten. Indeſſen hat die Sorge für die eigene
Würde, verbunden mit der Ungleichheit, welche ſich hinſichtlich des
Ranges der einzelnen Staaten unter einander ergeben hat, ſodann
der Geiſt des abendländiſchen Ritterthums und die Mode des Hof-
lebens zur Annahme gewiſſer Formen geführt und ein eigenes Staa-
tencerimonial erzeugt, 1 welches zwar im Allgemeinen nur in Aeu-
ßerlichkeiten beſteht, dennoch aber, ſoweit es ein vollkommen be-
gründetes und verbindliches iſt, von der politiſchen Wiſſenſchaft
nicht ganz überſehen werden darf. Es kommt zur Anwendung
a. bei perſönlicher Annäherung der Souveräne und ſouveränen
Familienglieder unter ſich, es ſei durch perſönliche Zuſam-
menkunft oder Correſpondenz;
b. im diplomatiſchen perſönlichen oder ſchriftlichen Verkehr;
c. in der Correſpondenz der Behörden verſchiedener Staaten
untereinander;
d. im Schiffsverkehr.
1 Schriften über dieſen allerdings wenig juriſtiſchen Stoff enthaltenden Ge-
genſtand ſ. bei v. Ompteda §. 207. 208. und bei v. Kamptz §. 138. Die
bedeutendſten, wenn auch in vielen Stücken nicht mehr brauchbaren, da-
von ſind:
Il Cerimoniale historico e politico di Gregorio Leti. 6 Vol. Am-
stell. 1685. 12.
Friedrich Wilhelm v. Winterfeld. Teutſche und Cerimonial Politika.
3 Thle. Frankf. u. Leipz. 1700 u. 1702. 8.
Gottfr. Stievens Europäiſches Hofcerimonial. Leipz. 1714. 2. 1723.
Joh. Chr. Lünig Theatrum cerimoniale historico-politicum. Leipz.
1716. 2. 1719. 20.
Julius Bernhard v. Rohr Einleitung zur Cerimonialwiſſenſchaft. Ber-
lin 1730. 2. 1735.
Georg Chr. Gebauer Programma de cerimon. natura atque jure.
Götting. 1737.
Cérémonial diplomatique des cours de l’Europe par Rousset. II.
Amsterd. et à la Haye 1739. fol.
Joh. J. Moſer Verſuch des neueſten europ. Völkerr. Th. II.
In allen dieſen Schriften iſt indeſſen Staats- und Hofcerimonial nebſt
Staatsgalanterie untereinander vermiſcht, und, was wahrhaft Cerimonial-
recht ſei? nicht dargethan worden.
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