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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 187.
Besitz genommenen Landes ihre Wirksamkeit auf die occupirten
Grenzen beschränken müssen und, wenn nur ein Theil des Landes
occupirt ist, nicht auch ihr altes Ressortverhältniß über jene Gren-
zen hinaus fortsetzen können; es sei denn, daß der frühere Besitz-
stand in dieser Hinsicht ungestört und unbeeinträchtigt durch den
Feind fortgedauert hätte. 1

Das Postliminium. 2

187. Außerhalb eines Friedensschlusses können die durch Krieg
gestörten Rechtsverhältnisse vermöge des Postliminiums, d. i. nach
factischer Befreiung von feindlicher Gewalt in ihre vorigen Fugen
zurücktreten, dergestalt, daß sie als fortdauernd für die Zukunft gel-
ten, gleich als wären sie nie unterbrochen gewesen. Aber auch nur
die Rechtsverhältnisse, nicht die Wirklichkeit des Genusses, nicht
die vom Besitz und Genuß abhängigen Rechte, so lange man sich
nicht auch diese für die Zukunft wiederverschaft hat; niemals end-
lich mit Wiedererlangung des in der Zwischenzeit von dem Feinde
thatsächlich Entzogenen, 3 wenn es dem Feinde nicht im Frieden
oder noch während des Krieges durch Gewalt wieder abgezwun-
gen wird.

Anwendbar ist der Grundsatz des Postliminiums sowohl auf
öffentliche wie auf Privatverhältnisse; er beruhet darauf, daß wohl-
erworbene Rechte, außerhalb des Staatswillens in einem gemein-
samen Staatsverbande, durch keine einseitige Willkühr, also auch
durch keine feindliche Gewalt vernichtet werden können; er findet
auch noch nach eingetretenem Frieden Anwendung, wenn in dem-

1 Fragen dieser Art haben sich unter Andern in Betreff gerichtlicher Urtheile
ergeben. v. Dalwigk, juristische Aufsätze. Frankf. 1796. No. II, S. 25.
Der osnabrücksche Friedensschluß IV, 49. behält sich für solche Fälle eine
Revision der Urtheile vor.
2 Schriften s. außer den älteren Commentatoren zu dem Titel der Justinia-
nischen Digesten: de captivis et postliminio reversis (49, 15.) und des
Codex: de postliminio reversis et redemptis (8, 51.), bei v. Ompteda
§. 328. und v. Kamptz §. 313., vorzüglich: Henr. Cocceji, de jure post-
liminii
1683. und de postliminio in pace et amnestia. 1752. (Exercit.
cur. I, n. 46. 78.) J. H. Boecler, de p. Argent. 1713. C. v. Byn-
kershoeck, Quaest. jur. publ. I,
16. Hiernächst Groot III, 9. Vattel
III, ch. 14.
3 Vgl. Ziegler, de iurib. majest. I, 33, §. 83.

Zweites Buch. §. 187.
Beſitz genommenen Landes ihre Wirkſamkeit auf die occupirten
Grenzen beſchränken müſſen und, wenn nur ein Theil des Landes
occupirt iſt, nicht auch ihr altes Reſſortverhältniß über jene Gren-
zen hinaus fortſetzen können; es ſei denn, daß der frühere Beſitz-
ſtand in dieſer Hinſicht ungeſtört und unbeeinträchtigt durch den
Feind fortgedauert hätte. 1

Das Poſtliminium. 2

187. Außerhalb eines Friedensſchluſſes können die durch Krieg
geſtörten Rechtsverhältniſſe vermöge des Poſtliminiums, d. i. nach
factiſcher Befreiung von feindlicher Gewalt in ihre vorigen Fugen
zurücktreten, dergeſtalt, daß ſie als fortdauernd für die Zukunft gel-
ten, gleich als wären ſie nie unterbrochen geweſen. Aber auch nur
die Rechtsverhältniſſe, nicht die Wirklichkeit des Genuſſes, nicht
die vom Beſitz und Genuß abhängigen Rechte, ſo lange man ſich
nicht auch dieſe für die Zukunft wiederverſchaft hat; niemals end-
lich mit Wiedererlangung des in der Zwiſchenzeit von dem Feinde
thatſächlich Entzogenen, 3 wenn es dem Feinde nicht im Frieden
oder noch während des Krieges durch Gewalt wieder abgezwun-
gen wird.

Anwendbar iſt der Grundſatz des Poſtliminiums ſowohl auf
öffentliche wie auf Privatverhältniſſe; er beruhet darauf, daß wohl-
erworbene Rechte, außerhalb des Staatswillens in einem gemein-
ſamen Staatsverbande, durch keine einſeitige Willkühr, alſo auch
durch keine feindliche Gewalt vernichtet werden können; er findet
auch noch nach eingetretenem Frieden Anwendung, wenn in dem-

1 Fragen dieſer Art haben ſich unter Andern in Betreff gerichtlicher Urtheile
ergeben. v. Dalwigk, juriſtiſche Aufſätze. Frankf. 1796. No. II, S. 25.
Der osnabrückſche Friedensſchluß IV, 49. behält ſich für ſolche Fälle eine
Reviſion der Urtheile vor.
2 Schriften ſ. außer den älteren Commentatoren zu dem Titel der Juſtinia-
niſchen Digeſten: de captivis et postliminio reversis (49, 15.) und des
Codex: de postliminio reversis et redemptis (8, 51.), bei v. Ompteda
§. 328. und v. Kamptz §. 313., vorzüglich: Henr. Cocceji, de jure post-
liminii
1683. und de postliminio in pace et amnestia. 1752. (Exercit.
cur. I, n. 46. 78.) J. H. Boecler, de p. Argent. 1713. C. v. Byn-
kershoeck, Quaest. jur. publ. I,
16. Hiernächſt Groot III, 9. Vattel
III, ch. 14.
3 Vgl. Ziegler, de iurib. majest. I, 33, §. 83.
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[310/0334] Zweites Buch. §. 187. Beſitz genommenen Landes ihre Wirkſamkeit auf die occupirten Grenzen beſchränken müſſen und, wenn nur ein Theil des Landes occupirt iſt, nicht auch ihr altes Reſſortverhältniß über jene Gren- zen hinaus fortſetzen können; es ſei denn, daß der frühere Beſitz- ſtand in dieſer Hinſicht ungeſtört und unbeeinträchtigt durch den Feind fortgedauert hätte. 1 Das Poſtliminium. 2 187. Außerhalb eines Friedensſchluſſes können die durch Krieg geſtörten Rechtsverhältniſſe vermöge des Poſtliminiums, d. i. nach factiſcher Befreiung von feindlicher Gewalt in ihre vorigen Fugen zurücktreten, dergeſtalt, daß ſie als fortdauernd für die Zukunft gel- ten, gleich als wären ſie nie unterbrochen geweſen. Aber auch nur die Rechtsverhältniſſe, nicht die Wirklichkeit des Genuſſes, nicht die vom Beſitz und Genuß abhängigen Rechte, ſo lange man ſich nicht auch dieſe für die Zukunft wiederverſchaft hat; niemals end- lich mit Wiedererlangung des in der Zwiſchenzeit von dem Feinde thatſächlich Entzogenen, 3 wenn es dem Feinde nicht im Frieden oder noch während des Krieges durch Gewalt wieder abgezwun- gen wird. Anwendbar iſt der Grundſatz des Poſtliminiums ſowohl auf öffentliche wie auf Privatverhältniſſe; er beruhet darauf, daß wohl- erworbene Rechte, außerhalb des Staatswillens in einem gemein- ſamen Staatsverbande, durch keine einſeitige Willkühr, alſo auch durch keine feindliche Gewalt vernichtet werden können; er findet auch noch nach eingetretenem Frieden Anwendung, wenn in dem- 1 Fragen dieſer Art haben ſich unter Andern in Betreff gerichtlicher Urtheile ergeben. v. Dalwigk, juriſtiſche Aufſätze. Frankf. 1796. No. II, S. 25. Der osnabrückſche Friedensſchluß IV, 49. behält ſich für ſolche Fälle eine Reviſion der Urtheile vor. 2 Schriften ſ. außer den älteren Commentatoren zu dem Titel der Juſtinia- niſchen Digeſten: de captivis et postliminio reversis (49, 15.) und des Codex: de postliminio reversis et redemptis (8, 51.), bei v. Ompteda §. 328. und v. Kamptz §. 313., vorzüglich: Henr. Cocceji, de jure post- liminii 1683. und de postliminio in pace et amnestia. 1752. (Exercit. cur. I, n. 46. 78.) J. H. Boecler, de p. Argent. 1713. C. v. Byn- kershoeck, Quaest. jur. publ. I, 16. Hiernächſt Groot III, 9. Vattel III, ch. 14. 3 Vgl. Ziegler, de iurib. majest. I, 33, §. 83.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/334>, abgerufen am 03.12.2024.