Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.§§. 177. 178. Völkerrecht im Zustand des Unfriedens. die Abschließung eines förmlichen Friedens unter den feindli- chen Staaten. Dagegen tritt nur ein Zustand usurpirter Ruhe ein, wenn zwar Ueber Alles dieses müssen hier noch die entscheidenden Grund- a. Allseitige Aufhebung der Feindseligkeiten. 177. Es ist nicht nothwendig, daß ein Kriegszustand durch b. Völlige Unterwerfung des feindlichen Staates. 178. Die ältere Geschichte liefert Beispiele in Menge, wo der 1 So endigte der Krieg zwischen der Krone Polen und Schweden im Jahre 1716 mit einer gänzlichen Intermission der Feindseligkeiten und der einge- tretene Friedenszustand wurde nur noch 10 Jahre später durch gegenseitige Schreiben der Souveräne anerkannt. de Steck Essais sur divers sujets de polit. n. 2. 2 Auf einen solchen, jetzt sehr seltenen Fall, würde im Allgemeinen zur An-
wendung geeignet sein, was H. Cocceji in seiner Abhandlung de postlimi- nio et amnestia von einen Friedensschluß ohne Amnestieclausel deducirt hat. §§. 177. 178. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens. die Abſchließung eines förmlichen Friedens unter den feindli- chen Staaten. Dagegen tritt nur ein Zuſtand uſurpirter Ruhe ein, wenn zwar Ueber Alles dieſes müſſen hier noch die entſcheidenden Grund- a. Allſeitige Aufhebung der Feindſeligkeiten. 177. Es iſt nicht nothwendig, daß ein Kriegszuſtand durch b. Voͤllige Unterwerfung des feindlichen Staates. 178. Die ältere Geſchichte liefert Beiſpiele in Menge, wo der 1 So endigte der Krieg zwiſchen der Krone Polen und Schweden im Jahre 1716 mit einer gänzlichen Intermiſſion der Feindſeligkeiten und der einge- tretene Friedenszuſtand wurde nur noch 10 Jahre ſpäter durch gegenſeitige Schreiben der Souveräne anerkannt. de Steck Essais sur divers sujets de polit. n. 2. 2 Auf einen ſolchen, jetzt ſehr ſeltenen Fall, würde im Allgemeinen zur An-
wendung geeignet ſein, was H. Cocceji in ſeiner Abhandlung de postlimi- nio et amnestia von einen Friedensſchluß ohne Amneſtieclauſel deducirt hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0323" n="299"/> <fw place="top" type="header">§§. 177. 178. <hi rendition="#g">Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens</hi>.</fw><lb/> <list> <item>die Abſchließung eines förmlichen Friedens unter den feindli-<lb/> chen Staaten.</item> </list><lb/> <p>Dagegen tritt nur ein Zuſtand uſurpirter Ruhe ein, wenn zwar<lb/> der Widerſtand der feindlichen Staatsgewalt beſeitigt, ein Wieder-<lb/> eintritt derſelben jedoch nicht völlig ausgeſchloſſen iſt. Endlich fin-<lb/> det vor oder nach Beendigung eines Krieges nicht ſelten eine all-<lb/> gemeine oder partielle Wiederkehr der früheren, durch den Krieg<lb/> thatſächlich geſtörten Rechtsverhältniſſe (ein ſogenanntes Poſtlimi-<lb/> nium) Statt.</p><lb/> <p>Ueber Alles dieſes müſſen hier noch die entſcheidenden Grund-<lb/> ſätze zuſammengeſtellt werden.</p><lb/> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">a.</hi><hi rendition="#g">Allſeitige Aufhebung der Feindſeligkeiten</hi>.</head><lb/> <p>177. Es iſt nicht nothwendig, daß ein Kriegszuſtand durch<lb/> formelle Erklärungen der kriegführenden Theile aufgehoben werde,<lb/> obgleich es räthlich und gewöhnlich iſt. Man kann ſtillſchwei-<lb/> gend die Feindſeligkeiten einſtellen und einen gegenſeitigen freund-<lb/> ſchaftlichen Verkehr wiedereröffnen, und Niemand wird dann noch<lb/> eine Fortdauer des Krieges für ſich anrufen können. Von ſelbſt<lb/> verſteht ſich dabei als Baſis des ferneren gegenſeitigen Rechtszu-<lb/> ſtandes der <hi rendition="#aq">status quo,</hi> bei welchem ſich jeder Theil ſeit Einſtel-<lb/> lung der Feindſeligkeiten beruhigt hat. <note place="foot" n="1">So endigte der Krieg zwiſchen der Krone Polen und Schweden im Jahre<lb/> 1716 mit einer gänzlichen Intermiſſion der Feindſeligkeiten und der einge-<lb/> tretene Friedenszuſtand wurde nur noch 10 Jahre ſpäter durch gegenſeitige<lb/> Schreiben der Souveräne anerkannt. <hi rendition="#aq">de Steck Essais sur divers sujets<lb/> de polit. n.</hi> 2.</note> Allein es würde daraus<lb/> ohne beſtimmte Friedenserklärung ſchwerlich ſchon eine Beilegung<lb/> der Streitigkeiten gefolgert werden können, welche zu dem Kriege<lb/> Anlaß gegeben haben, ſo wenig als ein Verzicht auf diejenigen<lb/> Forderungen, welche jedem Theile durch das Verhalten des Ande-<lb/> ren im Kriege erwachſen ſein können. <note place="foot" n="2">Auf einen ſolchen, jetzt ſehr ſeltenen Fall, würde im Allgemeinen zur An-<lb/> wendung geeignet ſein, was H. Cocceji in ſeiner Abhandlung <hi rendition="#aq">de postlimi-<lb/> nio et amnestia</hi> von einen Friedensſchluß ohne Amneſtieclauſel deducirt hat.</note></p> </div><lb/> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#g">Voͤllige Unterwerfung des feindlichen Staates</hi>.</head><lb/> <p>178. Die ältere Geſchichte liefert Beiſpiele in Menge, wo der<lb/> Krieg zu einer völligen ausdrücklichen Unterwerfung überwundener<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0323]
§§. 177. 178. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens.
die Abſchließung eines förmlichen Friedens unter den feindli-
chen Staaten.
Dagegen tritt nur ein Zuſtand uſurpirter Ruhe ein, wenn zwar
der Widerſtand der feindlichen Staatsgewalt beſeitigt, ein Wieder-
eintritt derſelben jedoch nicht völlig ausgeſchloſſen iſt. Endlich fin-
det vor oder nach Beendigung eines Krieges nicht ſelten eine all-
gemeine oder partielle Wiederkehr der früheren, durch den Krieg
thatſächlich geſtörten Rechtsverhältniſſe (ein ſogenanntes Poſtlimi-
nium) Statt.
Ueber Alles dieſes müſſen hier noch die entſcheidenden Grund-
ſätze zuſammengeſtellt werden.
a. Allſeitige Aufhebung der Feindſeligkeiten.
177. Es iſt nicht nothwendig, daß ein Kriegszuſtand durch
formelle Erklärungen der kriegführenden Theile aufgehoben werde,
obgleich es räthlich und gewöhnlich iſt. Man kann ſtillſchwei-
gend die Feindſeligkeiten einſtellen und einen gegenſeitigen freund-
ſchaftlichen Verkehr wiedereröffnen, und Niemand wird dann noch
eine Fortdauer des Krieges für ſich anrufen können. Von ſelbſt
verſteht ſich dabei als Baſis des ferneren gegenſeitigen Rechtszu-
ſtandes der status quo, bei welchem ſich jeder Theil ſeit Einſtel-
lung der Feindſeligkeiten beruhigt hat. 1 Allein es würde daraus
ohne beſtimmte Friedenserklärung ſchwerlich ſchon eine Beilegung
der Streitigkeiten gefolgert werden können, welche zu dem Kriege
Anlaß gegeben haben, ſo wenig als ein Verzicht auf diejenigen
Forderungen, welche jedem Theile durch das Verhalten des Ande-
ren im Kriege erwachſen ſein können. 2
b. Voͤllige Unterwerfung des feindlichen Staates.
178. Die ältere Geſchichte liefert Beiſpiele in Menge, wo der
Krieg zu einer völligen ausdrücklichen Unterwerfung überwundener
1 So endigte der Krieg zwiſchen der Krone Polen und Schweden im Jahre
1716 mit einer gänzlichen Intermiſſion der Feindſeligkeiten und der einge-
tretene Friedenszuſtand wurde nur noch 10 Jahre ſpäter durch gegenſeitige
Schreiben der Souveräne anerkannt. de Steck Essais sur divers sujets
de polit. n. 2.
2 Auf einen ſolchen, jetzt ſehr ſeltenen Fall, würde im Allgemeinen zur An-
wendung geeignet ſein, was H. Cocceji in ſeiner Abhandlung de postlimi-
nio et amnestia von einen Friedensſchluß ohne Amneſtieclauſel deducirt hat.
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