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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 97. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
mer in Betreff der die Anderen individuell betreffenden Stipulatio-
nen als Gewährsmann zu betrachten, 1 wenn nicht auch dieses
verabredet worden. 2

Die Uebernahme der Gewährschaft geschieht entweder bei der
Schließung des Hauptvertrages selbst oder in einem accessorischen
Vertrage oder durch Abgabe der dem Dritten vorbehaltenen Garan-
tieerklärung. Sie ist entweder eine allgemeine, sämmtliche Ver-
tragsverbindlichkeiten umfassende, oder eine specielle für gewisse
Stipulationen; und geht bald auf die ganze Dauer der Haupt-
verbindlichkeit, bald nur auf eine bestimmte Zeitdauer.

Die Wirkung der accessorischen Garantie besteht im Wesent-
lichen darin, daß der Gewähre, wenn er dazu von einem der
Hauptinteressenten aufgefordert wird 3 und der Fall der Garantie
wirklich vorhanden ist, dem Vertrage diejenige Wirksamkeit zu ver-
schaffen bemüht sein muß, welche ihm nach völkerrechtlichen Grund-
sätzen zukommt. Unaufgefordert darf er sich nicht einmischen; auch
darf er dem Vertrage keine andere Auslegung und Bedeutung ge-
ben, als worüber die Hauptparteien einig sind, und wenn sie dies
nicht sind, wenigstens in keinem andern Sinn, als welchen der
ihn allein anrufende Theil damit verbunden haben will. Ist der
Gewährsmann hierüber anderer Meinung, so muß er seinen Bei-
stand versagen. Wird er von beiden Theilen angerufen, so hat er
das Recht der Auslegung, nur nicht über die beiderseitige, wenn
auch verschiedene Auffassung hinaus.

Eine Abänderung des Vertrages, so wie eine Entlassung des
Gewähren vor seiner Verbindlichkeit durch Einverständiß der
Hauptparteien kann er niemals verhindern, wenn er nicht selbst
auch als ein Interessent an dem Hauptvertrage Theil genommen
hat oder darin begriffen ist. Eben so wenig wird der Gewähre
eines Vertrags, worin ein anderer früherer Vertrag als noch fort-
dauernd unter den Hauptparteien anerkannt und bestätigt wird,
sofort der Gewähre dieses früheren Vertrages in seinen einzelnen

1 Man hat dies aus dem gewöhnlichen Inhalt der Ratificationsurkunden
herleiten wollen. Allein dieses sind einseitige Erklärungen.
2 Cocceji II, 3. Klüber §. 158. b. c. Ein Beispiel der Aachener Friede
v. 1748.
3 Allgemeines Einverständniß. S. z. B. Cocceji IV, 12. v. Neumann
§. 796. a. E. Vattel §. 236.

§. 97. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
mer in Betreff der die Anderen individuell betreffenden Stipulatio-
nen als Gewährsmann zu betrachten, 1 wenn nicht auch dieſes
verabredet worden. 2

Die Uebernahme der Gewährſchaft geſchieht entweder bei der
Schließung des Hauptvertrages ſelbſt oder in einem acceſſoriſchen
Vertrage oder durch Abgabe der dem Dritten vorbehaltenen Garan-
tieerklärung. Sie iſt entweder eine allgemeine, ſämmtliche Ver-
tragsverbindlichkeiten umfaſſende, oder eine ſpecielle für gewiſſe
Stipulationen; und geht bald auf die ganze Dauer der Haupt-
verbindlichkeit, bald nur auf eine beſtimmte Zeitdauer.

Die Wirkung der acceſſoriſchen Garantie beſteht im Weſent-
lichen darin, daß der Gewähre, wenn er dazu von einem der
Hauptintereſſenten aufgefordert wird 3 und der Fall der Garantie
wirklich vorhanden iſt, dem Vertrage diejenige Wirkſamkeit zu ver-
ſchaffen bemüht ſein muß, welche ihm nach völkerrechtlichen Grund-
ſätzen zukommt. Unaufgefordert darf er ſich nicht einmiſchen; auch
darf er dem Vertrage keine andere Auslegung und Bedeutung ge-
ben, als worüber die Hauptparteien einig ſind, und wenn ſie dies
nicht ſind, wenigſtens in keinem andern Sinn, als welchen der
ihn allein anrufende Theil damit verbunden haben will. Iſt der
Gewährsmann hierüber anderer Meinung, ſo muß er ſeinen Bei-
ſtand verſagen. Wird er von beiden Theilen angerufen, ſo hat er
das Recht der Auslegung, nur nicht über die beiderſeitige, wenn
auch verſchiedene Auffaſſung hinaus.

Eine Abänderung des Vertrages, ſo wie eine Entlaſſung des
Gewähren vor ſeiner Verbindlichkeit durch Einverſtändiß der
Hauptparteien kann er niemals verhindern, wenn er nicht ſelbſt
auch als ein Intereſſent an dem Hauptvertrage Theil genommen
hat oder darin begriffen iſt. Eben ſo wenig wird der Gewähre
eines Vertrags, worin ein anderer früherer Vertrag als noch fort-
dauernd unter den Hauptparteien anerkannt und beſtätigt wird,
ſofort der Gewähre dieſes früheren Vertrages in ſeinen einzelnen

1 Man hat dies aus dem gewöhnlichen Inhalt der Ratificationsurkunden
herleiten wollen. Allein dieſes ſind einſeitige Erklärungen.
2 Cocceji II, 3. Klüber §. 158. b. c. Ein Beiſpiel der Aachener Friede
v. 1748.
3 Allgemeines Einverſtändniß. S. z. B. Cocceji IV, 12. v. Neumann
§. 796. a. E. Vattel §. 236.
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[171/0195] §. 97. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. mer in Betreff der die Anderen individuell betreffenden Stipulatio- nen als Gewährsmann zu betrachten, 1 wenn nicht auch dieſes verabredet worden. 2 Die Uebernahme der Gewährſchaft geſchieht entweder bei der Schließung des Hauptvertrages ſelbſt oder in einem acceſſoriſchen Vertrage oder durch Abgabe der dem Dritten vorbehaltenen Garan- tieerklärung. Sie iſt entweder eine allgemeine, ſämmtliche Ver- tragsverbindlichkeiten umfaſſende, oder eine ſpecielle für gewiſſe Stipulationen; und geht bald auf die ganze Dauer der Haupt- verbindlichkeit, bald nur auf eine beſtimmte Zeitdauer. Die Wirkung der acceſſoriſchen Garantie beſteht im Weſent- lichen darin, daß der Gewähre, wenn er dazu von einem der Hauptintereſſenten aufgefordert wird 3 und der Fall der Garantie wirklich vorhanden iſt, dem Vertrage diejenige Wirkſamkeit zu ver- ſchaffen bemüht ſein muß, welche ihm nach völkerrechtlichen Grund- ſätzen zukommt. Unaufgefordert darf er ſich nicht einmiſchen; auch darf er dem Vertrage keine andere Auslegung und Bedeutung ge- ben, als worüber die Hauptparteien einig ſind, und wenn ſie dies nicht ſind, wenigſtens in keinem andern Sinn, als welchen der ihn allein anrufende Theil damit verbunden haben will. Iſt der Gewährsmann hierüber anderer Meinung, ſo muß er ſeinen Bei- ſtand verſagen. Wird er von beiden Theilen angerufen, ſo hat er das Recht der Auslegung, nur nicht über die beiderſeitige, wenn auch verſchiedene Auffaſſung hinaus. Eine Abänderung des Vertrages, ſo wie eine Entlaſſung des Gewähren vor ſeiner Verbindlichkeit durch Einverſtändiß der Hauptparteien kann er niemals verhindern, wenn er nicht ſelbſt auch als ein Intereſſent an dem Hauptvertrage Theil genommen hat oder darin begriffen iſt. Eben ſo wenig wird der Gewähre eines Vertrags, worin ein anderer früherer Vertrag als noch fort- dauernd unter den Hauptparteien anerkannt und beſtätigt wird, ſofort der Gewähre dieſes früheren Vertrages in ſeinen einzelnen 1 Man hat dies aus dem gewöhnlichen Inhalt der Ratificationsurkunden herleiten wollen. Allein dieſes ſind einſeitige Erklärungen. 2 Cocceji II, 3. Klüber §. 158. b. c. Ein Beiſpiel der Aachener Friede v. 1748. 3 Allgemeines Einverſtändniß. S. z. B. Cocceji IV, 12. v. Neumann §. 796. a. E. Vattel §. 236.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/195>, abgerufen am 21.11.2024.