Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch. §. 72.
jetzt dauern einige derselben fort. 1 Ueblicher sind aber h.
z. T. specielle Hypothekbestellungen an einzelnen Staatsgütern,
Renten und Einkünften zu Gunsten der Staatsgläubiger, wo-
bei, wenn sie privatrechtliche Wirksamkeit haben sollen, die
Gesetze des Landes zu beobachten sind. Außerdem wird je-
doch überhaupt jede Schuld, die für ein gewisses Land, oder
einen Theil desselben ausdrücklich oder durch eine nützliche
Verwendung contrahirt worden ist, als auf dem Ganzen oder
beziehungsweise auf dem Theile hypothekarisch haftend (dette
hypothequee
) im diplomatischen Sprachgebrauch behandelt,
obwohl dadurch nur die bleibende Verbindlichkeit des Staa-
tes in seiner Gesammtheit oder seinem Theile, nicht aber eine
privatrechtliche Hypothek ausgedrückt werden soll. 2

Ob die Staatsregierung für die Schulden des Staates auch
das Privatvermögen der Unterthanen giltig verpfänden könne, ist
eine Frage des innern Staatsrechts, der Regel nach aber nur im
Fall der Noth
zu bejahen. 3

Verlust des Staatseigenthums.

72. Das völkerrechtliche Eigenthum an Sachen hört auf

I. an solchen Sachen, die sich blos vorübergehend darin be-
fanden (§. 67.) und nicht occupirt oder ihrer natürlichen
Freiheit wieder überlassen worden sind, mit dem Heraustre-
ten aus dem Territorium;
II. in Ansehung des Staatsgebietes oder einzelner Theile davon
Hal. 1706. rec. 1741. de Neumann in Wolffsf. Jus reale princip. (t. IV.)
III, 3,
400 folg.
1 Z. B. die Verpfändung von Wismar, aus Schwedisch-Pommerschem Ge-
biet an Meklenburg. -- Scheinbar war auch 1768. Corsica von Genua an
Frankreich Pfandweise gegeben. Martens Rec. VIII, 1, 229.
2 Unwiderleglich bewiesen von D. Haas, über das Repartitions-Princip der
Staatsschulden. Bonn 1831. von §. 24 an. Ob aber der R. Dep. h. Schluß
von 1803. besonders §. 80. darnach zu erklären sei, ist eine andere Frage.
Zur Beantwortung der Frage: ob eine Schuld auf ein gewisses Land con-
trahirt sei? vgl. v. Leonhardi, Austrägalverf. S. 640.
3 Groot III, 20, 7., Simon, quomodo iure gent. bona subditor. pro de-
bitis princip. obligari possunt. Jen. 1675. (Praesid. acad. I, n. 20.)
de Neumann in Wolffsf. de part. et contract. Princ. I, 3,
86.
Erſtes Buch. §. 72.
jetzt dauern einige derſelben fort. 1 Ueblicher ſind aber h.
z. T. ſpecielle Hypothekbeſtellungen an einzelnen Staatsgütern,
Renten und Einkünften zu Gunſten der Staatsgläubiger, wo-
bei, wenn ſie privatrechtliche Wirkſamkeit haben ſollen, die
Geſetze des Landes zu beobachten ſind. Außerdem wird je-
doch überhaupt jede Schuld, die für ein gewiſſes Land, oder
einen Theil deſſelben ausdrücklich oder durch eine nützliche
Verwendung contrahirt worden iſt, als auf dem Ganzen oder
beziehungsweiſe auf dem Theile hypothekariſch haftend (dette
hypothéquée
) im diplomatiſchen Sprachgebrauch behandelt,
obwohl dadurch nur die bleibende Verbindlichkeit des Staa-
tes in ſeiner Geſammtheit oder ſeinem Theile, nicht aber eine
privatrechtliche Hypothek ausgedrückt werden ſoll. 2

Ob die Staatsregierung für die Schulden des Staates auch
das Privatvermögen der Unterthanen giltig verpfänden könne, iſt
eine Frage des innern Staatsrechts, der Regel nach aber nur im
Fall der Noth
zu bejahen. 3

Verluſt des Staatseigenthums.

72. Das völkerrechtliche Eigenthum an Sachen hört auf

I. an ſolchen Sachen, die ſich blos vorübergehend darin be-
fanden (§. 67.) und nicht occupirt oder ihrer natürlichen
Freiheit wieder überlaſſen worden ſind, mit dem Heraustre-
ten aus dem Territorium;
II. in Anſehung des Staatsgebietes oder einzelner Theile davon
Hal. 1706. rec. 1741. de Neumann in Wolffsf. Jus reale princip. (t. IV.)
III, 3,
400 folg.
1 Z. B. die Verpfändung von Wismar, aus Schwediſch-Pommerſchem Ge-
biet an Meklenburg. — Scheinbar war auch 1768. Corſica von Genua an
Frankreich Pfandweiſe gegeben. Martens Rec. VIII, 1, 229.
2 Unwiderleglich bewieſen von D. Haas, über das Repartitions-Princip der
Staatsſchulden. Bonn 1831. von §. 24 an. Ob aber der R. Dep. h. Schluß
von 1803. beſonders §. 80. darnach zu erklären ſei, iſt eine andere Frage.
Zur Beantwortung der Frage: ob eine Schuld auf ein gewiſſes Land con-
trahirt ſei? vgl. v. Leonhardi, Austrägalverf. S. 640.
3 Groot III, 20, 7., Simon, quomodo iure gent. bona subditor. pro de-
bitis princip. obligari possunt. Jen. 1675. (Praesid. acad. I, n. 20.)
de Neumann in Wolffsf. de part. et contract. Princ. I, 3,
86.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0152" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. §. 72.</fw><lb/>
jetzt dauern einige der&#x017F;elben fort. <note place="foot" n="1">Z. B. die Verpfändung von Wismar, aus Schwedi&#x017F;ch-Pommer&#x017F;chem Ge-<lb/>
biet an Meklenburg. &#x2014; Scheinbar war auch 1768. Cor&#x017F;ica von Genua an<lb/>
Frankreich Pfandwei&#x017F;e gegeben. <hi rendition="#aq">Martens Rec. VIII,</hi> 1, 229.</note> Ueblicher &#x017F;ind aber h.<lb/>
z. T. &#x017F;pecielle Hypothekbe&#x017F;tellungen an einzelnen Staatsgütern,<lb/>
Renten und Einkünften zu Gun&#x017F;ten der Staatsgläubiger, wo-<lb/>
bei, wenn &#x017F;ie privatrechtliche Wirk&#x017F;amkeit haben &#x017F;ollen, die<lb/>
Ge&#x017F;etze des Landes zu beobachten &#x017F;ind. Außerdem wird je-<lb/>
doch überhaupt jede Schuld, die für ein gewi&#x017F;&#x017F;es Land, oder<lb/>
einen Theil de&#x017F;&#x017F;elben ausdrücklich oder durch eine nützliche<lb/>
Verwendung contrahirt worden i&#x017F;t, als auf dem Ganzen oder<lb/>
beziehungswei&#x017F;e auf dem Theile hypothekari&#x017F;ch haftend (<hi rendition="#aq">dette<lb/>
hypothéquée</hi>) im diplomati&#x017F;chen Sprachgebrauch behandelt,<lb/>
obwohl dadurch nur die bleibende Verbindlichkeit des Staa-<lb/>
tes in &#x017F;einer Ge&#x017F;ammtheit oder &#x017F;einem Theile, nicht aber eine<lb/>
privatrechtliche Hypothek ausgedrückt werden &#x017F;oll. <note place="foot" n="2">Unwiderleglich bewie&#x017F;en von D. Haas, über das Repartitions-Princip der<lb/>
Staats&#x017F;chulden. Bonn 1831. von §. 24 an. Ob aber der R. Dep. h. Schluß<lb/>
von 1803. be&#x017F;onders §. 80. darnach zu erklären &#x017F;ei, i&#x017F;t eine andere Frage.<lb/>
Zur Beantwortung der Frage: ob eine Schuld auf ein gewi&#x017F;&#x017F;es Land con-<lb/>
trahirt &#x017F;ei? vgl. v. Leonhardi, Austrägalverf. S. 640.</note></item>
            </list><lb/>
            <p>Ob die Staatsregierung für die Schulden des Staates auch<lb/>
das Privatvermögen der Unterthanen giltig verpfänden könne, i&#x017F;t<lb/>
eine Frage des innern Staatsrechts, der Regel nach aber nur <hi rendition="#g">im<lb/>
Fall der Noth</hi> zu bejahen. <note place="foot" n="3">Groot <hi rendition="#aq">III, 20, 7., Simon, quomodo iure gent. bona subditor. pro de-<lb/>
bitis princip. obligari possunt. Jen. 1675. (Praesid. acad. I, n. 20.)<lb/>
de Neumann in Wolffsf. de part. et contract. Princ. I, 3,</hi> 86.</note></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Verlu&#x017F;t des Staatseigenthums.</head><lb/>
            <p>72. Das völkerrechtliche Eigenthum an Sachen hört auf</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">I.</hi> an &#x017F;olchen Sachen, die &#x017F;ich blos vorübergehend darin be-<lb/>
fanden (§. 67.) und nicht occupirt oder ihrer natürlichen<lb/>
Freiheit wieder überla&#x017F;&#x017F;en worden &#x017F;ind, mit dem Heraustre-<lb/>
ten aus dem Territorium;</item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq">II.</hi> in An&#x017F;ehung des Staatsgebietes oder einzelner Theile davon<lb/><note xml:id="note-0152" prev="#note-0151" place="foot" n="6"><hi rendition="#aq">Hal. 1706. rec. 1741. de Neumann in Wolffsf. Jus reale princip. (t. IV.)<lb/>
III, 3,</hi> 400 folg.</note><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0152] Erſtes Buch. §. 72. jetzt dauern einige derſelben fort. 1 Ueblicher ſind aber h. z. T. ſpecielle Hypothekbeſtellungen an einzelnen Staatsgütern, Renten und Einkünften zu Gunſten der Staatsgläubiger, wo- bei, wenn ſie privatrechtliche Wirkſamkeit haben ſollen, die Geſetze des Landes zu beobachten ſind. Außerdem wird je- doch überhaupt jede Schuld, die für ein gewiſſes Land, oder einen Theil deſſelben ausdrücklich oder durch eine nützliche Verwendung contrahirt worden iſt, als auf dem Ganzen oder beziehungsweiſe auf dem Theile hypothekariſch haftend (dette hypothéquée) im diplomatiſchen Sprachgebrauch behandelt, obwohl dadurch nur die bleibende Verbindlichkeit des Staa- tes in ſeiner Geſammtheit oder ſeinem Theile, nicht aber eine privatrechtliche Hypothek ausgedrückt werden ſoll. 2 Ob die Staatsregierung für die Schulden des Staates auch das Privatvermögen der Unterthanen giltig verpfänden könne, iſt eine Frage des innern Staatsrechts, der Regel nach aber nur im Fall der Noth zu bejahen. 3 Verluſt des Staatseigenthums. 72. Das völkerrechtliche Eigenthum an Sachen hört auf I. an ſolchen Sachen, die ſich blos vorübergehend darin be- fanden (§. 67.) und nicht occupirt oder ihrer natürlichen Freiheit wieder überlaſſen worden ſind, mit dem Heraustre- ten aus dem Territorium; II. in Anſehung des Staatsgebietes oder einzelner Theile davon 6 1 Z. B. die Verpfändung von Wismar, aus Schwediſch-Pommerſchem Ge- biet an Meklenburg. — Scheinbar war auch 1768. Corſica von Genua an Frankreich Pfandweiſe gegeben. Martens Rec. VIII, 1, 229. 2 Unwiderleglich bewieſen von D. Haas, über das Repartitions-Princip der Staatsſchulden. Bonn 1831. von §. 24 an. Ob aber der R. Dep. h. Schluß von 1803. beſonders §. 80. darnach zu erklären ſei, iſt eine andere Frage. Zur Beantwortung der Frage: ob eine Schuld auf ein gewiſſes Land con- trahirt ſei? vgl. v. Leonhardi, Austrägalverf. S. 640. 3 Groot III, 20, 7., Simon, quomodo iure gent. bona subditor. pro de- bitis princip. obligari possunt. Jen. 1675. (Praesid. acad. I, n. 20.) de Neumann in Wolffsf. de part. et contract. Princ. I, 3, 86. 6 Hal. 1706. rec. 1741. de Neumann in Wolffsf. Jus reale princip. (t. IV.) III, 3, 400 folg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/152
Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/152>, abgerufen am 24.11.2024.