Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.§. 64. Völkerrecht im Zustand des Friedens. und jene theils unbeweglich, theils beweglich. Ferner sind sie ent-weder im Eigenthum eines bestimmten Staates, oder sie sind die- ses nicht (res nullius), und dann bald eigenthumsfähig, nur für jetzt herrnlos (adespota), bald solche, die sich in Niemandes Ei- genthum befinden, wohl aber zum gemeinsamen Gebrauch oder Nutzen vorübergehend dienen (res communes). Alles kommt hier- bei auf den richtigen Begriff des Staats-Eigenthums an. Wir nennen aber Staats- oder Staaten-Eigenthum diejenige Herr- schaft, welche eine Staatsgewalt über bestimmte Sachen 1 in ih- rem Bereich mit Ausschließung jeder auswärtigen Gewalt ausüben und vermöge deren sie unabhängig nach eigener Macht dem inne- ren Staatsrecht gemäß verfügen kann. Ein solches völkerrechtli- ches Eigenthum hat nur im Verhältniß zu anderen Staaten den- selben Charakter, wie das Privateigenthum, nämlich den Charakter der Ausschließlichkeit und freien Verfügung. Unter seinem Schutz steht in den einzelnen Staaten das Privateigenthum, nicht aber zur unbedingten Disposition der Staatsgewalten, wofern es nicht von letzteren mit diesem Vorbehalt übertragen ist, oder die Noth- wendigkeit es erheischt. Omnia rex imperio possidet, singuli dominio. 2 Ja, der Staat selbst so wie der Souverän, kann Pri- vateigenthum haben und erwerben, und zwar nicht bloß inländi- sches, sondern auch ausländisches in fremden Staatsgebieten, wel- ches sich aber dann der Herrschaft der auswärtigen Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit nicht entziehen kann, wofern nicht in dieser Hinsicht besondere Berechtigungen, z. B. Staatsservituten, erwor- ben sind. Dergleichen ausländisches Eigenthum ist, wofern es nicht zum Familiengut der landesherrlichen Familie gehört, 3 ein wirk- liches Pertinenzstück des Eigenthumsberechtigten Staates. Kein Staat ist indessen die Erwerbung von Grundeigenthum in seinem 1 Personen können in freien Staaten wenigstens in keinerlei Eigenthum sein. §. 14 a. E. Groot, II, 9, 1. 2 Seneca, orat. 31. Die Dispositionsrechte der Staatsgewalt über das Privateigenthum haben die Publicisten ein dominium eminens genannt. Schriften in Struve, biblioth. jur. imp. II, 11. und in Pütter, Lit. des Staatsr. III, 378. S. auch Vattel, I, 20, 235. 244. II, 7, 81. Rutherford Instit. II, 9, 6. 3 Hierauf bezieht sich vorzüglich: Schmelzer, in der schon angef. Schrift,
das Verhältn. ausw. Kammergüter. Halle 1819. S. 48 f. 179 f. §. 64. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. und jene theils unbeweglich, theils beweglich. Ferner ſind ſie ent-weder im Eigenthum eines beſtimmten Staates, oder ſie ſind die- ſes nicht (res nullius), und dann bald eigenthumsfähig, nur für jetzt herrnlos (adespota), bald ſolche, die ſich in Niemandes Ei- genthum befinden, wohl aber zum gemeinſamen Gebrauch oder Nutzen vorübergehend dienen (res communes). Alles kommt hier- bei auf den richtigen Begriff des Staats-Eigenthums an. Wir nennen aber Staats- oder Staaten-Eigenthum diejenige Herr- ſchaft, welche eine Staatsgewalt über beſtimmte Sachen 1 in ih- rem Bereich mit Ausſchließung jeder auswärtigen Gewalt ausüben und vermöge deren ſie unabhängig nach eigener Macht dem inne- ren Staatsrecht gemäß verfügen kann. Ein ſolches völkerrechtli- ches Eigenthum hat nur im Verhältniß zu anderen Staaten den- ſelben Charakter, wie das Privateigenthum, nämlich den Charakter der Ausſchließlichkeit und freien Verfügung. Unter ſeinem Schutz ſteht in den einzelnen Staaten das Privateigenthum, nicht aber zur unbedingten Dispoſition der Staatsgewalten, wofern es nicht von letzteren mit dieſem Vorbehalt übertragen iſt, oder die Noth- wendigkeit es erheiſcht. Omnia rex imperio possidet, singuli dominio. 2 Ja, der Staat ſelbſt ſo wie der Souverän, kann Pri- vateigenthum haben und erwerben, und zwar nicht bloß inländi- ſches, ſondern auch ausländiſches in fremden Staatsgebieten, wel- ches ſich aber dann der Herrſchaft der auswärtigen Geſetzgebung und Gerichtsbarkeit nicht entziehen kann, wofern nicht in dieſer Hinſicht beſondere Berechtigungen, z. B. Staatsſervituten, erwor- ben ſind. Dergleichen ausländiſches Eigenthum iſt, wofern es nicht zum Familiengut der landesherrlichen Familie gehört, 3 ein wirk- liches Pertinenzſtück des Eigenthumsberechtigten Staates. Kein Staat iſt indeſſen die Erwerbung von Grundeigenthum in ſeinem 1 Perſonen können in freien Staaten wenigſtens in keinerlei Eigenthum ſein. §. 14 a. E. Groot, II, 9, 1. 2 Seneca, orat. 31. Die Dispoſitionsrechte der Staatsgewalt über das Privateigenthum haben die Publiciſten ein dominium eminens genannt. Schriften in Struve, biblioth. jur. imp. II, 11. und in Pütter, Lit. des Staatsr. III, 378. S. auch Vattel, I, 20, 235. 244. II, 7, 81. Rutherford Instit. II, 9, 6. 3 Hierauf bezieht ſich vorzüglich: Schmelzer, in der ſchon angef. Schrift,
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und jene theils unbeweglich, theils beweglich. Ferner ſind ſie ent-
weder im Eigenthum eines beſtimmten Staates, oder ſie ſind die-
ſes nicht (res nullius), und dann bald eigenthumsfähig, nur für
jetzt herrnlos (adespota), bald ſolche, die ſich in Niemandes Ei-
genthum befinden, wohl aber zum gemeinſamen Gebrauch oder
Nutzen vorübergehend dienen (res communes). Alles kommt hier-
bei auf den richtigen Begriff des Staats-Eigenthums an.
Wir nennen aber Staats- oder Staaten-Eigenthum diejenige Herr-
ſchaft, welche eine Staatsgewalt über beſtimmte Sachen 1 in ih-
rem Bereich mit Ausſchließung jeder auswärtigen Gewalt ausüben
und vermöge deren ſie unabhängig nach eigener Macht dem inne-
ren Staatsrecht gemäß verfügen kann. Ein ſolches völkerrechtli-
ches Eigenthum hat nur im Verhältniß zu anderen Staaten den-
ſelben Charakter, wie das Privateigenthum, nämlich den Charakter
der Ausſchließlichkeit und freien Verfügung. Unter ſeinem Schutz
ſteht in den einzelnen Staaten das Privateigenthum, nicht aber
zur unbedingten Dispoſition der Staatsgewalten, wofern es nicht
von letzteren mit dieſem Vorbehalt übertragen iſt, oder die Noth-
wendigkeit es erheiſcht. Omnia rex imperio possidet, singuli
dominio. 2 Ja, der Staat ſelbſt ſo wie der Souverän, kann Pri-
vateigenthum haben und erwerben, und zwar nicht bloß inländi-
ſches, ſondern auch ausländiſches in fremden Staatsgebieten, wel-
ches ſich aber dann der Herrſchaft der auswärtigen Geſetzgebung
und Gerichtsbarkeit nicht entziehen kann, wofern nicht in dieſer
Hinſicht beſondere Berechtigungen, z. B. Staatsſervituten, erwor-
ben ſind. Dergleichen ausländiſches Eigenthum iſt, wofern es nicht
zum Familiengut der landesherrlichen Familie gehört, 3 ein wirk-
liches Pertinenzſtück des Eigenthumsberechtigten Staates. Kein
Staat iſt indeſſen die Erwerbung von Grundeigenthum in ſeinem
1 Perſonen können in freien Staaten wenigſtens in keinerlei Eigenthum ſein.
§. 14 a. E. Groot, II, 9, 1.
2 Seneca, orat. 31. Die Dispoſitionsrechte der Staatsgewalt über das
Privateigenthum haben die Publiciſten ein dominium eminens genannt.
Schriften in Struve, biblioth. jur. imp. II, 11. und in Pütter, Lit. des
Staatsr. III, 378. S. auch Vattel, I, 20, 235. 244. II, 7, 81.
Rutherford Instit. II, 9, 6.
3 Hierauf bezieht ſich vorzüglich: Schmelzer, in der ſchon angef. Schrift,
das Verhältn. ausw. Kammergüter. Halle 1819. S. 48 f. 179 f.
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