Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Erstes Buch. §. 62. worfen (§. 36.); ebenso den Civilgesetzen des Landes, in-sofern sie darin Rechte erwerben oder ertheilen wollen, und der Civilgerichtsbarkeit, insofern daselbst die Erfüllung schon bestehender Rechtsansprüche von ihnen gefordert werden kann (§. 37. 39.). Exterritorialität, Verträge und Herkommen begründen eine Ausnahme; 1 auch können den Fremden be- sondere Begünstigungen in Ansehung des Gerichtsstandes und der Procedur zugestanden werden. 2 II. Weder der Finanz- noch Militärhoheit des fremden Staa- tes wird der Ausländer gleich einem Inländer unterworfen. Sein dortiges bewegliches Vermögen und seine Person dür- fen nur im Fall der höchsten Staatsnoth für die öffentli- chen Bedürfnisse mitbenutzt werden; auch muß er die auf einzelne zu seinem Bedarf dienende Sachen oder auf gestat- tete staatsbürgerliche Befugnisse gelegten Abgaben entrich- ten. 3 III. Der Ausländer behält seinen heimathlichen Civilstand (§. 37 f.). Sein öffentlicher Stand hat in dem fremden Staate keine rechtliche Geltung, weder zu seinem Vortheil noch zu sei- nem Nachtheil 4, wofern er nicht für den vaterländischen Staat handelt (§. 34. I.); jedoch wird in cerimonieller Hin- sicht nach der Staatenpraxis nicht leicht auswärtigen Rang- verhältnissen die Anerkennung unter den eigenen, ohne Be- einträchtigung der letzteren, versagt. 5 1 Wegen der fremden Kriegsschiffe vergl. das Seerecht im nächsten Abschnitt. 2 Beispiele: die Consulargerichtsbarkeit (Buch III.), das Gastrecht im Deut- schen Mittelalter (Pütter, Beitr. S. 148.), der Britische Grundsatz, daß ein Fremder nur durch ein Geschworengericht, welches zur Hälfte aus Frem- den besteht, gerichtet werden soll. 3 Chausseegeld, Concessionsgeld, Patentsteuer, Wohnungssteuer, Stempel für die ausländischen Rechtsverhältnisse u. dgl. Martens, Völkerr. §. 88. Schmelzing, §. 187. 188. Ueber den casus necessitatis s. Schilter l. c. §. 46. 4 Z. E. leidet eine anderwärts verwirkte Ehrlosigkeit keine Uebertragung. S. darüber Christ. Thomasius, de existimatione, fama et infamia extra remp. Hal. 1709. 5 Vergl. Günther, II, 315. v. Martens, §. 85. Schmelzing, §. 141. Klü-
ber, §. 84. S. auch schon Vitriar. ill. Pfeff. III, 112. Pütter, Erört. des d. Staats- u. Fürstenr. I, S. 10. Erſtes Buch. §. 62. worfen (§. 36.); ebenſo den Civilgeſetzen des Landes, in-ſofern ſie darin Rechte erwerben oder ertheilen wollen, und der Civilgerichtsbarkeit, inſofern daſelbſt die Erfüllung ſchon beſtehender Rechtsanſprüche von ihnen gefordert werden kann (§. 37. 39.). Exterritorialität, Verträge und Herkommen begründen eine Ausnahme; 1 auch können den Fremden be- ſondere Begünſtigungen in Anſehung des Gerichtsſtandes und der Procedur zugeſtanden werden. 2 II. Weder der Finanz- noch Militärhoheit des fremden Staa- tes wird der Ausländer gleich einem Inländer unterworfen. Sein dortiges bewegliches Vermögen und ſeine Perſon dür- fen nur im Fall der höchſten Staatsnoth für die öffentli- chen Bedürfniſſe mitbenutzt werden; auch muß er die auf einzelne zu ſeinem Bedarf dienende Sachen oder auf geſtat- tete ſtaatsbürgerliche Befugniſſe gelegten Abgaben entrich- ten. 3 III. Der Ausländer behält ſeinen heimathlichen Civilſtand (§. 37 f.). Sein öffentlicher Stand hat in dem fremden Staate keine rechtliche Geltung, weder zu ſeinem Vortheil noch zu ſei- nem Nachtheil 4, wofern er nicht für den vaterländiſchen Staat handelt (§. 34. I.); jedoch wird in cerimonieller Hin- ſicht nach der Staatenpraxis nicht leicht auswärtigen Rang- verhältniſſen die Anerkennung unter den eigenen, ohne Be- einträchtigung der letzteren, verſagt. 5 1 Wegen der fremden Kriegsſchiffe vergl. das Seerecht im nächſten Abſchnitt. 2 Beiſpiele: die Conſulargerichtsbarkeit (Buch III.), das Gaſtrecht im Deut- ſchen Mittelalter (Pütter, Beitr. S. 148.), der Britiſche Grundſatz, daß ein Fremder nur durch ein Geſchworengericht, welches zur Hälfte aus Frem- den beſteht, gerichtet werden ſoll. 3 Chauſſeegeld, Conceſſionsgeld, Patentſteuer, Wohnungsſteuer, Stempel für die ausländiſchen Rechtsverhältniſſe u. dgl. Martens, Völkerr. §. 88. Schmelzing, §. 187. 188. Ueber den casus necessitatis ſ. Schilter l. c. §. 46. 4 Z. E. leidet eine anderwärts verwirkte Ehrloſigkeit keine Uebertragung. S. darüber Christ. Thomasius, de existimatione, fama et infamia extra remp. Hal. 1709. 5 Vergl. Günther, II, 315. v. Martens, §. 85. Schmelzing, §. 141. Klü-
ber, §. 84. S. auch ſchon Vitriar. ill. Pfeff. III, 112. Pütter, Erört. des d. Staats- u. Fürſtenr. I, S. 10. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0136" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. §. 62.</fw><lb/> worfen (§. 36.); ebenſo den Civilgeſetzen des Landes, in-<lb/> ſofern ſie darin Rechte erwerben oder ertheilen wollen, und<lb/> der Civilgerichtsbarkeit, inſofern daſelbſt die Erfüllung ſchon<lb/> beſtehender Rechtsanſprüche von ihnen gefordert werden kann<lb/> (§. 37. 39.). Exterritorialität, Verträge und Herkommen<lb/> begründen eine Ausnahme; <note place="foot" n="1">Wegen der fremden Kriegsſchiffe vergl. das Seerecht im nächſten Abſchnitt.</note> auch können den Fremden be-<lb/> ſondere Begünſtigungen in Anſehung des Gerichtsſtandes und<lb/> der Procedur zugeſtanden werden. <note place="foot" n="2">Beiſpiele: die Conſulargerichtsbarkeit (Buch <hi rendition="#aq">III.</hi>), das Gaſtrecht im Deut-<lb/> ſchen Mittelalter (Pütter, Beitr. S. 148.), der Britiſche Grundſatz, daß<lb/> ein Fremder nur durch ein Geſchworengericht, welches zur Hälfte aus Frem-<lb/> den beſteht, gerichtet werden ſoll.</note></item><lb/> <item><hi rendition="#aq">II.</hi> Weder der Finanz- noch Militärhoheit des fremden Staa-<lb/> tes wird der Ausländer gleich einem Inländer unterworfen.<lb/> Sein dortiges bewegliches Vermögen und ſeine Perſon dür-<lb/> fen nur im Fall der höchſten Staatsnoth für die öffentli-<lb/> chen Bedürfniſſe mitbenutzt werden; auch muß er die auf<lb/> einzelne zu ſeinem Bedarf dienende Sachen oder auf geſtat-<lb/> tete ſtaatsbürgerliche Befugniſſe gelegten Abgaben entrich-<lb/> ten. <note place="foot" n="3">Chauſſeegeld, Conceſſionsgeld, Patentſteuer, Wohnungsſteuer, Stempel<lb/> für die ausländiſchen Rechtsverhältniſſe u. dgl. Martens, Völkerr. §. 88.<lb/> Schmelzing, §. 187. 188. Ueber den <hi rendition="#aq">casus necessitatis</hi> ſ. <hi rendition="#aq">Schilter l. c.</hi><lb/> §. 46.</note></item><lb/> <item><hi rendition="#aq">III.</hi> Der Ausländer behält ſeinen heimathlichen Civilſtand (§. 37 f.).<lb/> Sein öffentlicher Stand hat in dem fremden Staate keine<lb/> rechtliche Geltung, weder zu ſeinem Vortheil noch zu ſei-<lb/> nem Nachtheil <note place="foot" n="4">Z. E. leidet eine anderwärts verwirkte Ehrloſigkeit keine Uebertragung. S.<lb/> darüber <hi rendition="#aq">Christ. Thomasius, de existimatione, fama et infamia extra<lb/> remp. Hal.</hi> 1709.</note>, wofern er nicht für den vaterländiſchen<lb/> Staat handelt (§. 34. <hi rendition="#aq">I.</hi>); jedoch wird in cerimonieller Hin-<lb/> ſicht nach der Staatenpraxis nicht leicht auswärtigen Rang-<lb/> verhältniſſen die Anerkennung unter den eigenen, ohne Be-<lb/> einträchtigung der letzteren, verſagt. <note place="foot" n="5">Vergl. Günther, <hi rendition="#aq">II,</hi> 315. v. Martens, §. 85. Schmelzing, §. 141. Klü-<lb/> ber, §. 84. S. auch ſchon <hi rendition="#aq">Vitriar. ill. Pfeff. III,</hi> 112. Pütter, Erört.<lb/> des d. Staats- u. Fürſtenr. <hi rendition="#aq">I,</hi> S. 10.</note></item> </list><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0136]
Erſtes Buch. §. 62.
worfen (§. 36.); ebenſo den Civilgeſetzen des Landes, in-
ſofern ſie darin Rechte erwerben oder ertheilen wollen, und
der Civilgerichtsbarkeit, inſofern daſelbſt die Erfüllung ſchon
beſtehender Rechtsanſprüche von ihnen gefordert werden kann
(§. 37. 39.). Exterritorialität, Verträge und Herkommen
begründen eine Ausnahme; 1 auch können den Fremden be-
ſondere Begünſtigungen in Anſehung des Gerichtsſtandes und
der Procedur zugeſtanden werden. 2
II. Weder der Finanz- noch Militärhoheit des fremden Staa-
tes wird der Ausländer gleich einem Inländer unterworfen.
Sein dortiges bewegliches Vermögen und ſeine Perſon dür-
fen nur im Fall der höchſten Staatsnoth für die öffentli-
chen Bedürfniſſe mitbenutzt werden; auch muß er die auf
einzelne zu ſeinem Bedarf dienende Sachen oder auf geſtat-
tete ſtaatsbürgerliche Befugniſſe gelegten Abgaben entrich-
ten. 3
III. Der Ausländer behält ſeinen heimathlichen Civilſtand (§. 37 f.).
Sein öffentlicher Stand hat in dem fremden Staate keine
rechtliche Geltung, weder zu ſeinem Vortheil noch zu ſei-
nem Nachtheil 4, wofern er nicht für den vaterländiſchen
Staat handelt (§. 34. I.); jedoch wird in cerimonieller Hin-
ſicht nach der Staatenpraxis nicht leicht auswärtigen Rang-
verhältniſſen die Anerkennung unter den eigenen, ohne Be-
einträchtigung der letzteren, verſagt. 5
1 Wegen der fremden Kriegsſchiffe vergl. das Seerecht im nächſten Abſchnitt.
2 Beiſpiele: die Conſulargerichtsbarkeit (Buch III.), das Gaſtrecht im Deut-
ſchen Mittelalter (Pütter, Beitr. S. 148.), der Britiſche Grundſatz, daß
ein Fremder nur durch ein Geſchworengericht, welches zur Hälfte aus Frem-
den beſteht, gerichtet werden ſoll.
3 Chauſſeegeld, Conceſſionsgeld, Patentſteuer, Wohnungsſteuer, Stempel
für die ausländiſchen Rechtsverhältniſſe u. dgl. Martens, Völkerr. §. 88.
Schmelzing, §. 187. 188. Ueber den casus necessitatis ſ. Schilter l. c.
§. 46.
4 Z. E. leidet eine anderwärts verwirkte Ehrloſigkeit keine Uebertragung. S.
darüber Christ. Thomasius, de existimatione, fama et infamia extra
remp. Hal. 1709.
5 Vergl. Günther, II, 315. v. Martens, §. 85. Schmelzing, §. 141. Klü-
ber, §. 84. S. auch ſchon Vitriar. ill. Pfeff. III, 112. Pütter, Erört.
des d. Staats- u. Fürſtenr. I, S. 10.
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