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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 59. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
chem Wege zu unterstützen, auch seine Vertretung zu über-
nehmen und eine etwanige Rechtsverletzung zu beseitigen. 1
b. Jeder Staat kann seine im Auslande befindlichen Untertha-
nen nach seinem Ermessen zurückrufen (ius avocandi), ohne
daß er jedoch zur Bewirkung der Rückkehr ein Vindications-
recht gegen den ausländischen Staat oder in demselben hat,
oder auf sonstige Unterstützung desselben hierbei einen An-
spruch machen darf. 2
c. Ein Unterthan bleibt auch noch im Auslande der Hoheits-
gewalt des heimathlichen Staates, insbesondere der Gerichts-
barkeit und allen gesetzlichen Verpflichtungen unterworfen
von deren Erfüllung die unverkümmerte Erhaltung der staats-
bürgerlichen Rechte, so wie die Erwerbung und Erhaltung
von Privatrechten im Vaterlande abhängig ist.
Nur über ausländische Rechtsverhältnisse der Unterthanen
kann sich die Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates selbst
nicht erstrecken, 3 ausgenommen, insofern dieselben für die
inländischen Verhältnisse präjudiciell sind, oder die daraus
entstandenen Verbindlichkeiten in ihm realisirt werden sollen
(§. 35 ff.).
d. Kein Unterthan kann sich unter den Schutz einer fremden
Macht begeben oder dieselbe als Richter gegen seinen vater-
ländischen Staat anrufen, wofern nicht ein solches Recht
1 Jus protectionis civilis, in sp. ius repraesentationis omnimodae. An-
erkannt ist wenigstens ein Verwendungsrecht im obigen Fall durch die Deut-
sche Bundes-Constitution. Prov. Compet. Bestimm. v. 12. Juni 1817.
§. 5. 3, c. Schlußacte Art. 37. 50 4. Vgl. Klüber, öffentl. R. §. 173 a.
2 Folgt aus dem allgemeinen Weltbürgerrecht. Daher braucht nicht einmal
die Bekanntmachung der Avocatorien in einem fremden Lande gestattet zu
werden. J. J. Moser, nachbarl. Staatsr. 118. 687. Vgl. übrigens den-
selben Versuch des Völkerr. VI, Cap. 4 u. 6. In älterer Zeit hat man
nicht selten ein Vindicationsrecht behauptet! Z. B. noch Moser, Grds. in
Friedensz. V, 1, §. 27. S. aber Günther III, 309 ff.
3 So können z. B. die auswärtigen Immobilien eines Unterthans von sei-
nem heimathlichen Staat nicht besteuert werden. In der älteren Zeit wurde
bei Vermögenssteuern dies nicht immer beachtet. M. s. den deutschen R.
A. v. 1544 §. 45. Mynsinger Cent. obss. V, 22. Klock, de contribu-
tion. c. XIII.
Natürlich könnte durch Verträge und Observanz unter ein-
zelnen Staaten jenes ältere System noch Fortbestand haben.
§. 59. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
chem Wege zu unterſtützen, auch ſeine Vertretung zu über-
nehmen und eine etwanige Rechtsverletzung zu beſeitigen. 1
b. Jeder Staat kann ſeine im Auslande befindlichen Untertha-
nen nach ſeinem Ermeſſen zurückrufen (ius avocandi), ohne
daß er jedoch zur Bewirkung der Rückkehr ein Vindications-
recht gegen den ausländiſchen Staat oder in demſelben hat,
oder auf ſonſtige Unterſtützung deſſelben hierbei einen An-
ſpruch machen darf. 2
c. Ein Unterthan bleibt auch noch im Auslande der Hoheits-
gewalt des heimathlichen Staates, insbeſondere der Gerichts-
barkeit und allen geſetzlichen Verpflichtungen unterworfen
von deren Erfüllung die unverkümmerte Erhaltung der ſtaats-
bürgerlichen Rechte, ſo wie die Erwerbung und Erhaltung
von Privatrechten im Vaterlande abhängig iſt.
Nur über ausländiſche Rechtsverhältniſſe der Unterthanen
kann ſich die Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates ſelbſt
nicht erſtrecken, 3 ausgenommen, inſofern dieſelben für die
inländiſchen Verhältniſſe präjudiciell ſind, oder die daraus
entſtandenen Verbindlichkeiten in ihm realiſirt werden ſollen
(§. 35 ff.).
d. Kein Unterthan kann ſich unter den Schutz einer fremden
Macht begeben oder dieſelbe als Richter gegen ſeinen vater-
ländiſchen Staat anrufen, wofern nicht ein ſolches Recht
1 Jus protectionis civilis, in sp. ius repraesentationis omnimodae. An-
erkannt iſt wenigſtens ein Verwendungsrecht im obigen Fall durch die Deut-
ſche Bundes-Conſtitution. Prov. Compet. Beſtimm. v. 12. Juni 1817.
§. 5. 3, c. Schlußacte Art. 37. 50 4. Vgl. Klüber, öffentl. R. §. 173 a.
2 Folgt aus dem allgemeinen Weltbürgerrecht. Daher braucht nicht einmal
die Bekanntmachung der Avocatorien in einem fremden Lande geſtattet zu
werden. J. J. Moſer, nachbarl. Staatsr. 118. 687. Vgl. übrigens den-
ſelben Verſuch des Völkerr. VI, Cap. 4 u. 6. In älterer Zeit hat man
nicht ſelten ein Vindicationsrecht behauptet! Z. B. noch Moſer, Grdſ. in
Friedensz. V, 1, §. 27. S. aber Günther III, 309 ff.
3 So können z. B. die auswärtigen Immobilien eines Unterthans von ſei-
nem heimathlichen Staat nicht beſteuert werden. In der älteren Zeit wurde
bei Vermögensſteuern dies nicht immer beachtet. M. ſ. den deutſchen R.
A. v. 1544 §. 45. Mynsinger Cent. obss. V, 22. Klock, de contribu-
tion. c. XIII.
Natürlich könnte durch Verträge und Obſervanz unter ein-
zelnen Staaten jenes ältere Syſtem noch Fortbeſtand haben.
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[107/0131] §. 59. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. chem Wege zu unterſtützen, auch ſeine Vertretung zu über- nehmen und eine etwanige Rechtsverletzung zu beſeitigen. 1 b. Jeder Staat kann ſeine im Auslande befindlichen Untertha- nen nach ſeinem Ermeſſen zurückrufen (ius avocandi), ohne daß er jedoch zur Bewirkung der Rückkehr ein Vindications- recht gegen den ausländiſchen Staat oder in demſelben hat, oder auf ſonſtige Unterſtützung deſſelben hierbei einen An- ſpruch machen darf. 2 c. Ein Unterthan bleibt auch noch im Auslande der Hoheits- gewalt des heimathlichen Staates, insbeſondere der Gerichts- barkeit und allen geſetzlichen Verpflichtungen unterworfen von deren Erfüllung die unverkümmerte Erhaltung der ſtaats- bürgerlichen Rechte, ſo wie die Erwerbung und Erhaltung von Privatrechten im Vaterlande abhängig iſt. Nur über ausländiſche Rechtsverhältniſſe der Unterthanen kann ſich die Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates ſelbſt nicht erſtrecken, 3 ausgenommen, inſofern dieſelben für die inländiſchen Verhältniſſe präjudiciell ſind, oder die daraus entſtandenen Verbindlichkeiten in ihm realiſirt werden ſollen (§. 35 ff.). d. Kein Unterthan kann ſich unter den Schutz einer fremden Macht begeben oder dieſelbe als Richter gegen ſeinen vater- ländiſchen Staat anrufen, wofern nicht ein ſolches Recht 1 Jus protectionis civilis, in sp. ius repraesentationis omnimodae. An- erkannt iſt wenigſtens ein Verwendungsrecht im obigen Fall durch die Deut- ſche Bundes-Conſtitution. Prov. Compet. Beſtimm. v. 12. Juni 1817. §. 5. 3, c. Schlußacte Art. 37. 50 4. Vgl. Klüber, öffentl. R. §. 173 a. 2 Folgt aus dem allgemeinen Weltbürgerrecht. Daher braucht nicht einmal die Bekanntmachung der Avocatorien in einem fremden Lande geſtattet zu werden. J. J. Moſer, nachbarl. Staatsr. 118. 687. Vgl. übrigens den- ſelben Verſuch des Völkerr. VI, Cap. 4 u. 6. In älterer Zeit hat man nicht ſelten ein Vindicationsrecht behauptet! Z. B. noch Moſer, Grdſ. in Friedensz. V, 1, §. 27. S. aber Günther III, 309 ff. 3 So können z. B. die auswärtigen Immobilien eines Unterthans von ſei- nem heimathlichen Staat nicht beſteuert werden. In der älteren Zeit wurde bei Vermögensſteuern dies nicht immer beachtet. M. ſ. den deutſchen R. A. v. 1544 §. 45. Mynsinger Cent. obss. V, 22. Klock, de contribu- tion. c. XIII. Natürlich könnte durch Verträge und Obſervanz unter ein- zelnen Staaten jenes ältere Syſtem noch Fortbeſtand haben.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/131>, abgerufen am 04.05.2024.