Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Erstes Buch. §. 42. Exterritorialität derjenigen anderen Personen und Sachenverbunden, welche mit jener in einem staats- oder familien- rechtlichen Zusammenhange stehen, oder zu ihrem öffentlichen wie rein persönlichen Dienst und Gebrauch bestimmt sind; es können jedoch dergleichen Personen oder Sachen aus dem fremden Territorium der dortigen Staatsgewalt nicht gegen ihren Willen oder gegen bestehende Verträge entzogen wer- den. 1 VII. Die exterritoriale Person muß sich der auswärtigen Gerichts- barkeit in allen denjenigen Privatangelegenheiten unterwer- fen, in welchen sie, sogar wenn sie nicht anwesend wäre, bei den Gerichten des fremden Staates Recht nehmen oder geben müßte, indem dessen Befugnisse durch die Anwesenheit der exterritorialen Person nicht geringer werden können als ihm außerdem zustehen; indessen setzt sich die Staatenpraxis, wiewohl ohne Zwang, 2 meist engere Schranken, und übt die Gerichtsbarkeit wesentlich nur bei Realklagen, ferner hin- sichtlich der Nebenpuncte, welche durch eine selbsteingeleitete Procedur herbeigeführt sind; 3 so wie in Betreff der fortge- setzten Instanzen 4 jeder rechtmäßig wider sie oder von ihr eingeleiteten Procedur. Auch werden conservatorische Maaß- regeln erlaubt gehalten. 5 Ueberdies könnte die fremdherrliche Gerichtsbarkeit auch noch durch freiwillige Unterwerfung der exterritorialen Per- son begründet werden, sofern ihr nicht das Recht dazu ent- zogen ist. 6 Endlich würde bei unbestreitbarem Domicil der 1 Wicquefort, l'Ambassadeur. I, 28, p. 422. Bynkershoek, c. XV, §. 6. 2 So ist an und für sich nicht abzusehen, warum nicht auch das forum contractus Statt finden sollte. Sehr richtig bemerkt ein Memoire des Ho- fes von Versailles v. 1772: "l'immunite du ministre public consiste essentiellement a le faire considerer comme s'il continuait a resider dans les etats de son maeitre. Rien donc n'empeche d'emploier vis a vis de lui les moiens de droit dont on userait s'il se trouvait dans son domicile ordinaire. Flassan, hist. de la dipl. fr. VII, 22. 3 Z. B. wegen der Kosten; wegen einer Gegenklage. Bynkershoek, c. XIV. §. 13. Merlin, Rep. Ministre public., V, 4, 10. 4 Merlin, ibid. Bynkershoek, c. XVI. §. 2. 5 So z. B. Arreste an Sachen. Bynkershoek, c. IV. §. 5. 6.; c. XVI., §. 6. 6 Ein Gesandter hat ohne Bewilligung seines Souveräns schwerlich das Recht
eines Verzichts. Bynkershoek, c. XXIII. Erſtes Buch. §. 42. Exterritorialität derjenigen anderen Perſonen und Sachenverbunden, welche mit jener in einem ſtaats- oder familien- rechtlichen Zuſammenhange ſtehen, oder zu ihrem öffentlichen wie rein perſönlichen Dienſt und Gebrauch beſtimmt ſind; es können jedoch dergleichen Perſonen oder Sachen aus dem fremden Territorium der dortigen Staatsgewalt nicht gegen ihren Willen oder gegen beſtehende Verträge entzogen wer- den. 1 VII. Die exterritoriale Perſon muß ſich der auswärtigen Gerichts- barkeit in allen denjenigen Privatangelegenheiten unterwer- fen, in welchen ſie, ſogar wenn ſie nicht anweſend wäre, bei den Gerichten des fremden Staates Recht nehmen oder geben müßte, indem deſſen Befugniſſe durch die Anweſenheit der exterritorialen Perſon nicht geringer werden können als ihm außerdem zuſtehen; indeſſen ſetzt ſich die Staatenpraxis, wiewohl ohne Zwang, 2 meiſt engere Schranken, und übt die Gerichtsbarkeit weſentlich nur bei Realklagen, ferner hin- ſichtlich der Nebenpuncte, welche durch eine ſelbſteingeleitete Procedur herbeigeführt ſind; 3 ſo wie in Betreff der fortge- ſetzten Inſtanzen 4 jeder rechtmäßig wider ſie oder von ihr eingeleiteten Procedur. Auch werden conſervatoriſche Maaß- regeln erlaubt gehalten. 5 Ueberdies könnte die fremdherrliche Gerichtsbarkeit auch noch durch freiwillige Unterwerfung der exterritorialen Per- ſon begründet werden, ſofern ihr nicht das Recht dazu ent- zogen iſt. 6 Endlich würde bei unbeſtreitbarem Domicil der 1 Wicquefort, l’Ambassadeur. I, 28, p. 422. Bynkershoek, c. XV, §. 6. 2 So iſt an und für ſich nicht abzuſehen, warum nicht auch das forum contractus Statt finden ſollte. Sehr richtig bemerkt ein Memoire des Ho- fes von Verſailles v. 1772: „l’immunité du ministre public consiste essentiellement à le faire considérer comme s’il continuait à résider dans les états de son maître. Rien donc n’empêche d’emploier vis à vis de lui les moiens de droit dont on userait s’il se trouvait dans son domicile ordinaire. Flassan, hist. de la dipl. fr. VII, 22. 3 Z. B. wegen der Koſten; wegen einer Gegenklage. Bynkershoek, c. XIV. §. 13. Merlin, Rép. Ministre public., V, 4, 10. 4 Merlin, ibid. Bynkershoek, c. XVI. §. 2. 5 So z. B. Arreſte an Sachen. Bynkershoek, c. IV. §. 5. 6.; c. XVI., §. 6. 6 Ein Geſandter hat ohne Bewilligung ſeines Souveräns ſchwerlich das Recht
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Erſtes Buch. §. 42.
Exterritorialität derjenigen anderen Perſonen und Sachen
verbunden, welche mit jener in einem ſtaats- oder familien-
rechtlichen Zuſammenhange ſtehen, oder zu ihrem öffentlichen
wie rein perſönlichen Dienſt und Gebrauch beſtimmt ſind;
es können jedoch dergleichen Perſonen oder Sachen aus dem
fremden Territorium der dortigen Staatsgewalt nicht gegen
ihren Willen oder gegen beſtehende Verträge entzogen wer-
den. 1
VII. Die exterritoriale Perſon muß ſich der auswärtigen Gerichts-
barkeit in allen denjenigen Privatangelegenheiten unterwer-
fen, in welchen ſie, ſogar wenn ſie nicht anweſend wäre,
bei den Gerichten des fremden Staates Recht nehmen oder
geben müßte, indem deſſen Befugniſſe durch die Anweſenheit
der exterritorialen Perſon nicht geringer werden können als
ihm außerdem zuſtehen; indeſſen ſetzt ſich die Staatenpraxis,
wiewohl ohne Zwang, 2 meiſt engere Schranken, und übt
die Gerichtsbarkeit weſentlich nur bei Realklagen, ferner hin-
ſichtlich der Nebenpuncte, welche durch eine ſelbſteingeleitete
Procedur herbeigeführt ſind; 3 ſo wie in Betreff der fortge-
ſetzten Inſtanzen 4 jeder rechtmäßig wider ſie oder von ihr
eingeleiteten Procedur. Auch werden conſervatoriſche Maaß-
regeln erlaubt gehalten. 5
Ueberdies könnte die fremdherrliche Gerichtsbarkeit auch
noch durch freiwillige Unterwerfung der exterritorialen Per-
ſon begründet werden, ſofern ihr nicht das Recht dazu ent-
zogen iſt. 6 Endlich würde bei unbeſtreitbarem Domicil der
1 Wicquefort, l’Ambassadeur. I, 28, p. 422. Bynkershoek, c. XV, §. 6.
2 So iſt an und für ſich nicht abzuſehen, warum nicht auch das forum
contractus Statt finden ſollte. Sehr richtig bemerkt ein Memoire des Ho-
fes von Verſailles v. 1772: „l’immunité du ministre public consiste
essentiellement à le faire considérer comme s’il continuait à résider
dans les états de son maître. Rien donc n’empêche d’emploier vis à
vis de lui les moiens de droit dont on userait s’il se trouvait dans
son domicile ordinaire. Flassan, hist. de la dipl. fr. VII, 22.
3 Z. B. wegen der Koſten; wegen einer Gegenklage. Bynkershoek, c. XIV.
§. 13. Merlin, Rép. Ministre public., V, 4, 10.
4 Merlin, ibid. Bynkershoek, c. XVI. §. 2.
5 So z. B. Arreſte an Sachen. Bynkershoek, c. IV. §. 5. 6.; c. XVI., §. 6.
6 Ein Geſandter hat ohne Bewilligung ſeines Souveräns ſchwerlich das Recht
eines Verzichts. Bynkershoek, c. XXIII.
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