10. Entstehender Zank, und demnächst Krieg über die Theilung, weil jeder das Ganze haben wollte. Größere Verbindungen im Innern, Hinter- list, und ein Feldherr wie Gonsalvo von Cordua, gaben Ferdinand das Uebergewicht; und bald bleibt Spanien im alleinigen Besitz; der durch eine Heyrath ihm gesichert wird. So hatten sich also zwey fremde Mächte in Italien festgesetzt; Frankreich in May- land, und Spanien in Neapel.
Niederlage der Franzosen bey Seminara am 21. April, und am Garigliano 27. Dec. 1503. Auf den ge- schlossenen Waffenstillstand, 31. März 1504, folgt die gänz- liche Beylegung des Streits durch die Heyrath Ferdinand's mit Germaine de Foix, der Nichte Ludwig's XII., der er seine Ansprüche auf Neapel als Mitgift mitgab. 12. Oct. 1505.
11. Indem Italien so das gemeinschaftliche Ziel der Politik blieb, wurden die Verhältnisse durch eine neue Pabstwahl noch verwickelter; als JuliusII. 1503den erkauften päbstlichen Stuhl bestieg. Mit kühner, aber längst geübter, Hand griff er in das Triebwerk der Europäischen Politik, und wußte es ein Decen- nium hindurch meist nach seinem Willen zu lenken. Selten hat wohl ein Schwächerer das gefährliche Spiel mit den Mächtigern so dreist, so schlau und so glücklich gespielt! Freylich aber konnte kein Friede werden, so lange ein solcher Pabst die Christenheit regierte.
Erstes
I. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
10. Entſtehender Zank, und demnaͤchſt Krieg uͤber die Theilung, weil jeder das Ganze haben wollte. Groͤßere Verbindungen im Innern, Hinter- liſt, und ein Feldherr wie Gonſalvo von Cordua, gaben Ferdinand das Uebergewicht; und bald bleibt Spanien im alleinigen Beſitz; der durch eine Heyrath ihm geſichert wird. So hatten ſich alſo zwey fremde Maͤchte in Italien feſtgeſetzt; Frankreich in May- land, und Spanien in Neapel.
Niederlage der Franzoſen bey Seminara am 21. April, und am Garigliano 27. Dec. 1503. Auf den ge- ſchloſſenen Waffenſtillſtand, 31. Maͤrz 1504, folgt die gaͤnz- liche Beylegung des Streits durch die Heyrath Ferdinand's mit Germaine de Foix, der Nichte Ludwig's XII., der er ſeine Anſpruͤche auf Neapel als Mitgift mitgab. 12. Oct. 1505.
11. Indem Italien ſo das gemeinſchaftliche Ziel der Politik blieb, wurden die Verhaͤltniſſe durch eine neue Pabſtwahl noch verwickelter; als JuliusII. 1503den erkauften paͤbſtlichen Stuhl beſtieg. Mit kuͤhner, aber laͤngſt geuͤbter, Hand griff er in das Triebwerk der Europaͤiſchen Politik, und wußte es ein Decen- nium hindurch meiſt nach ſeinem Willen zu lenken. Selten hat wohl ein Schwaͤcherer das gefaͤhrliche Spiel mit den Maͤchtigern ſo dreiſt, ſo ſchlau und ſo gluͤcklich geſpielt! Freylich aber konnte kein Friede werden, ſo lange ein ſolcher Pabſt die Chriſtenheit regierte.
Erſtes
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[36[26]/0064]
I. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
10. Entſtehender Zank, und demnaͤchſt Krieg
uͤber die Theilung, weil jeder das Ganze haben
wollte. Groͤßere Verbindungen im Innern, Hinter-
liſt, und ein Feldherr wie Gonſalvo von Cordua,
gaben Ferdinand das Uebergewicht; und bald bleibt
Spanien im alleinigen Beſitz; der durch eine Heyrath
ihm geſichert wird. So hatten ſich alſo zwey fremde
Maͤchte in Italien feſtgeſetzt; Frankreich in May-
land, und Spanien in Neapel.
Niederlage der Franzoſen bey Seminara am 21.
April, und am Garigliano 27. Dec. 1503. Auf den ge-
ſchloſſenen Waffenſtillſtand, 31. Maͤrz 1504, folgt die gaͤnz-
liche Beylegung des Streits durch die Heyrath Ferdinand's
mit Germaine de Foix, der Nichte Ludwig's XII., der er
ſeine Anſpruͤche auf Neapel als Mitgift mitgab. 12. Oct.
1505.
11. Indem Italien ſo das gemeinſchaftliche Ziel
der Politik blieb, wurden die Verhaͤltniſſe durch eine
neue Pabſtwahl noch verwickelter; als Julius II.
den erkauften paͤbſtlichen Stuhl beſtieg. Mit kuͤhner,
aber laͤngſt geuͤbter, Hand griff er in das Triebwerk
der Europaͤiſchen Politik, und wußte es ein Decen-
nium hindurch meiſt nach ſeinem Willen zu lenken.
Selten hat wohl ein Schwaͤcherer das gefaͤhrliche
Spiel mit den Maͤchtigern ſo dreiſt, ſo ſchlau und ſo
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werden, ſo lange ein ſolcher Pabſt die Chriſtenheit
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 36[26]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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