tung des immerwährenden Raths, und die Garantie des Wahlreichs und liberum veto si- cherten ihr ihren Principat, den seit Repnin's Abrufung selbst Gesandte von milderm Charac- ter ausüben konnten. Die Sache der Dissiden- ten übrigens -- ließ man auf sich beruhen.
29. Aber was waren die Folgen für Polen, gegen die, welche dem Europäischen Staa- tensystem drohten! Zwar trösteten sich die Poli- tiker damit, -- und selbst Friedrich hatte nur diese Ansicht, oder wollte sie nur haben, -- daß durch die ungefähr gleiche Theilung auch das Gleichge- wicht im Norden aufrecht erhalten sey. So furcht- bar hatte schon der Wahn sich befestigt, der dieß nur in materiellen Staatskräften, nicht in der Aufrechthaltung völkerrechtlicher Maximen sucht! Welche Zerstückelung war noch unrechtmäßig, nachdem diese für rechtmäßig galt? Und welcher Staat war doch bey der Aufrechthaltung eines Völkerrechts mehr interessirt, als gerade der Preu- ßische; dieser durch Verträge und Friedensschlüsse zusammengebrachte und zusammeneroberte Staat?
30. Diese erste Polnische Theilung, in Verbindung mit einem glücklichen Feldzuge, erleich- terte indeß die Ausgleichung zwischen Rußland und den Türken; da Catharina von ihren Ansprüchen
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2. Von Cath. II. bis auf d. Verb. mit Joſ. II.
tung des immerwaͤhrenden Raths, und die Garantie des Wahlreichs und liberum veto ſi- cherten ihr ihren Principat, den ſeit Repnin's Abrufung ſelbſt Geſandte von milderm Charac- ter ausuͤben konnten. Die Sache der Diſſiden- ten uͤbrigens — ließ man auf ſich beruhen.
29. Aber was waren die Folgen fuͤr Polen, gegen die, welche dem Europaͤiſchen Staa- tenſyſtem drohten! Zwar troͤſteten ſich die Poli- tiker damit, — und ſelbſt Friedrich hatte nur dieſe Anſicht, oder wollte ſie nur haben, — daß durch die ungefaͤhr gleiche Theilung auch das Gleichge- wicht im Norden aufrecht erhalten ſey. So furcht- bar hatte ſchon der Wahn ſich befeſtigt, der dieß nur in materiellen Staatskraͤften, nicht in der Aufrechthaltung voͤlkerrechtlicher Maximen ſucht! Welche Zerſtuͤckelung war noch unrechtmaͤßig, nachdem dieſe fuͤr rechtmaͤßig galt? Und welcher Staat war doch bey der Aufrechthaltung eines Voͤlkerrechts mehr intereſſirt, als gerade der Preu- ßiſche; dieſer durch Vertraͤge und Friedensſchluͤſſe zuſammengebrachte und zuſammeneroberte Staat?
30. Dieſe erſte Polniſche Theilung, in Verbindung mit einem gluͤcklichen Feldzuge, erleich- terte indeß die Ausgleichung zwiſchen Rußland und den Tuͤrken; da Catharina von ihren Anſpruͤchen
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2. Von Cath. II. bis auf d. Verb. mit Joſ. II.
tung des immerwaͤhrenden Raths, und die
Garantie des Wahlreichs und liberum veto ſi-
cherten ihr ihren Principat, den ſeit Repnin's
Abrufung ſelbſt Geſandte von milderm Charac-
ter ausuͤben konnten. Die Sache der Diſſiden-
ten uͤbrigens — ließ man auf ſich beruhen.
29. Aber was waren die Folgen fuͤr Polen,
gegen die, welche dem Europaͤiſchen Staa-
tenſyſtem drohten! Zwar troͤſteten ſich die Poli-
tiker damit, — und ſelbſt Friedrich hatte nur dieſe
Anſicht, oder wollte ſie nur haben, — daß durch
die ungefaͤhr gleiche Theilung auch das Gleichge-
wicht im Norden aufrecht erhalten ſey. So furcht-
bar hatte ſchon der Wahn ſich befeſtigt, der dieß
nur in materiellen Staatskraͤften, nicht in der
Aufrechthaltung voͤlkerrechtlicher Maximen ſucht!
Welche Zerſtuͤckelung war noch unrechtmaͤßig,
nachdem dieſe fuͤr rechtmaͤßig galt? Und welcher
Staat war doch bey der Aufrechthaltung eines
Voͤlkerrechts mehr intereſſirt, als gerade der Preu-
ßiſche; dieſer durch Vertraͤge und Friedensſchluͤſſe
zuſammengebrachte und zuſammeneroberte Staat?
30. Dieſe erſte Polniſche Theilung, in
Verbindung mit einem gluͤcklichen Feldzuge, erleich-
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/557>, abgerufen am 22.11.2024.
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