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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

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1. Staatshändel in Europa 1700--1740.

29. Die Republik war in diesem Kriege fast
aus einer Seemacht zur Landmacht geworden. Er
hatte ihre Schuldenlast bis auf 350 Millionen Gul-
den vermehrt; so theuer war der Barriere-Trac-
tat
erkauft, in dem sie die Sicherheit ihrer Exi-
stenz sah! Gleichwohl nahm sie die große Lehre
mit aus dem Kriege, daß bey der Theilnahme an
den Händeln großer Mächte für sie wenig zu gewin-
nen sey; und möglichste Zurückziehung davon ward
seit dieser Zeit Grundsatz ihrer Politik. Wäre nur
eine solche Zurückziehung für eine Macht, die sich
unter die ersten gestellt hatte, nicht noch gefährli-
cher als die Theilnahme! Indeß sie die Militair-
Kräfte erschlaffen macht (vollends hier, wo seit Wil-
helm III. kein Statthalter und Generalcapitain
war!), ist das Sinken in der Opinion der an-
dern Mächte davon eine unvermeidliche, wenn gleich
erst allmählige Folge.

Varrieretractat mit Oestreich abgeschlossen zu Ant-
werpen, unter Vermittelung Englands, 15. Nov. 1715.
Indem 1. die Republik die Niederlande dem Kapser über-
giebt, erhält sie 2. das ausschließende Besatzungsrecht in Na-
mur, Dornie, Menin, Warneton, Ypern, und Fort Knocke,
und gemeinschaftlich in Ruremonde. -- Aber was sind Fe-
stungen ohne Soldaten?

30. Die Oestreichische Monarchie ward durch
den Besitz von Nebenländern, von Neapel, Sar-
dinien, Mayland und den Niederlanden, vergrö-

ßert.
1. Staatshaͤndel in Europa 1700--1740.

29. Die Republik war in dieſem Kriege faſt
aus einer Seemacht zur Landmacht geworden. Er
hatte ihre Schuldenlaſt bis auf 350 Millionen Gul-
den vermehrt; ſo theuer war der Barriere-Trac-
tat
erkauft, in dem ſie die Sicherheit ihrer Exi-
ſtenz ſah! Gleichwohl nahm ſie die große Lehre
mit aus dem Kriege, daß bey der Theilnahme an
den Haͤndeln großer Maͤchte fuͤr ſie wenig zu gewin-
nen ſey; und moͤglichſte Zuruͤckziehung davon ward
ſeit dieſer Zeit Grundſatz ihrer Politik. Waͤre nur
eine ſolche Zuruͤckziehung fuͤr eine Macht, die ſich
unter die erſten geſtellt hatte, nicht noch gefaͤhrli-
cher als die Theilnahme! Indeß ſie die Militair-
Kraͤfte erſchlaffen macht (vollends hier, wo ſeit Wil-
helm III. kein Statthalter und Generalcapitain
war!), iſt das Sinken in der Opinion der an-
dern Maͤchte davon eine unvermeidliche, wenn gleich
erſt allmaͤhlige Folge.

Varrieretractat mit Oeſtreich abgeſchloſſen zu Ant-
werpen, unter Vermittelung Englands, 15. Nov. 1715.
Indem 1. die Republik die Niederlande dem Kapſer uͤber-
giebt, erhaͤlt ſie 2. das ausſchließende Beſatzungsrecht in Na-
mur, Dornie, Menin, Warneton, Ypern, und Fort Knocke,
und gemeinſchaftlich in Ruremonde. — Aber was ſind Fe-
ſtungen ohne Soldaten?

30. Die Oeſtreichiſche Monarchie ward durch
den Beſitz von Nebenlaͤndern, von Neapel, Sar-
dinien, Mayland und den Niederlanden, vergroͤ-

ßert.
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[299/0337] 1. Staatshaͤndel in Europa 1700--1740. 29. Die Republik war in dieſem Kriege faſt aus einer Seemacht zur Landmacht geworden. Er hatte ihre Schuldenlaſt bis auf 350 Millionen Gul- den vermehrt; ſo theuer war der Barriere-Trac- tat erkauft, in dem ſie die Sicherheit ihrer Exi- ſtenz ſah! Gleichwohl nahm ſie die große Lehre mit aus dem Kriege, daß bey der Theilnahme an den Haͤndeln großer Maͤchte fuͤr ſie wenig zu gewin- nen ſey; und moͤglichſte Zuruͤckziehung davon ward ſeit dieſer Zeit Grundſatz ihrer Politik. Waͤre nur eine ſolche Zuruͤckziehung fuͤr eine Macht, die ſich unter die erſten geſtellt hatte, nicht noch gefaͤhrli- cher als die Theilnahme! Indeß ſie die Militair- Kraͤfte erſchlaffen macht (vollends hier, wo ſeit Wil- helm III. kein Statthalter und Generalcapitain war!), iſt das Sinken in der Opinion der an- dern Maͤchte davon eine unvermeidliche, wenn gleich erſt allmaͤhlige Folge. Varrieretractat mit Oeſtreich abgeſchloſſen zu Ant- werpen, unter Vermittelung Englands, 15. Nov. 1715. Indem 1. die Republik die Niederlande dem Kapſer uͤber- giebt, erhaͤlt ſie 2. das ausſchließende Beſatzungsrecht in Na- mur, Dornie, Menin, Warneton, Ypern, und Fort Knocke, und gemeinſchaftlich in Ruremonde. — Aber was ſind Fe- ſtungen ohne Soldaten? 30. Die Oeſtreichiſche Monarchie ward durch den Beſitz von Nebenlaͤndern, von Neapel, Sar- dinien, Mayland und den Niederlanden, vergroͤ- ßert.

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Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/337>, abgerufen am 22.11.2024.