2. Während dieser Stimmung indeß verlor das mercantilische Interesse nichts von seinem Ein- fluß. Es war dieß eine natürliche Folge von der stets wachsenden Wichtigkeit der Colonien; seit- dem ihre Producte, besonders der Caffee, der Zuk- ker, der Thee, anfiengen, in einen stets größeren Gebrauch in Europa zu kommen. Der große Ein- fluß, den diese Waaren auf die Politik nicht nur, sondern auch auf die Umformung des ganzen gesell- schaftlichen Lebens gehabt haben, ist nicht leicht zu berechnen. Auch abgesehen von dem unermeßlichen Gewinn der Völker durch Handel, der Regierun- gen durch Zölle, -- wie haben nicht Caffeehäu- ser in den Hauptstädten Europas als Mittelpuncte der politischen, mercantilischen und literarischen, Ver- handlungen gewirkt? Wären überhaupt ohne jene Erzeugnisse die Staaten des westlichen Europas das geworden, was sie geworden sind?
3. Indessen hatten die frühern großen Kriege die meisten Staaten bereits in Schulden gestürzt; und die neuen Kriege, überhaupt die steigenden Be- dürfnisse, vergrößerten sie. So kam man dahin, den Gebrauch des Papiergeldes ins Große zu treiben; aber aus Unkenntniß seiner Natur bald zu dreist (indem man das Bedürfniß, nicht der Cir- culation, sondern der Regierungen, zum Maaßstab
seiner
II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
2. Waͤhrend dieſer Stimmung indeß verlor das mercantiliſche Intereſſe nichts von ſeinem Ein- fluß. Es war dieß eine natuͤrliche Folge von der ſtets wachſenden Wichtigkeit der Colonien; ſeit- dem ihre Producte, beſonders der Caffee, der Zuk- ker, der Thee, anfiengen, in einen ſtets groͤßeren Gebrauch in Europa zu kommen. Der große Ein- fluß, den dieſe Waaren auf die Politik nicht nur, ſondern auch auf die Umformung des ganzen geſell- ſchaftlichen Lebens gehabt haben, iſt nicht leicht zu berechnen. Auch abgeſehen von dem unermeßlichen Gewinn der Voͤlker durch Handel, der Regierun- gen durch Zoͤlle, — wie haben nicht Caffeehaͤu- ſer in den Hauptſtaͤdten Europas als Mittelpuncte der politiſchen, mercantiliſchen und literariſchen, Ver- handlungen gewirkt? Waͤren uͤberhaupt ohne jene Erzeugniſſe die Staaten des weſtlichen Europas das geworden, was ſie geworden ſind?
3. Indeſſen hatten die fruͤhern großen Kriege die meiſten Staaten bereits in Schulden geſtuͤrzt; und die neuen Kriege, uͤberhaupt die ſteigenden Be- duͤrfniſſe, vergroͤßerten ſie. So kam man dahin, den Gebrauch des Papiergeldes ins Große zu treiben; aber aus Unkenntniß ſeiner Natur bald zu dreiſt (indem man das Beduͤrfniß, nicht der Cir- culation, ſondern der Regierungen, zum Maaßſtab
ſeiner
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0314"n="276"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Per. <hirendition="#aq">B. I.</hi> Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.</hi></fw><lb/><p>2. Waͤhrend dieſer Stimmung indeß verlor<lb/>
das mercantiliſche Intereſſe nichts von ſeinem Ein-<lb/>
fluß. Es war dieß eine natuͤrliche Folge von der<lb/>ſtets wachſenden Wichtigkeit der <hirendition="#g">Colonien</hi>; ſeit-<lb/>
dem ihre Producte, beſonders der Caffee, der Zuk-<lb/>
ker, der Thee, anfiengen, in einen ſtets groͤßeren<lb/>
Gebrauch in Europa zu kommen. Der große Ein-<lb/>
fluß, den dieſe Waaren auf die Politik nicht nur,<lb/>ſondern auch auf die Umformung des ganzen geſell-<lb/>ſchaftlichen Lebens gehabt haben, iſt nicht leicht zu<lb/>
berechnen. Auch abgeſehen von dem unermeßlichen<lb/>
Gewinn der Voͤlker durch Handel, der Regierun-<lb/>
gen durch Zoͤlle, — wie haben nicht <hirendition="#g">Caffeehaͤu-<lb/>ſer</hi> in den Hauptſtaͤdten Europas als Mittelpuncte<lb/>
der politiſchen, mercantiliſchen und literariſchen, Ver-<lb/>
handlungen gewirkt? Waͤren uͤberhaupt ohne jene<lb/>
Erzeugniſſe die Staaten des weſtlichen Europas das<lb/>
geworden, was ſie geworden ſind?</p><lb/><p>3. Indeſſen hatten die fruͤhern großen Kriege<lb/>
die meiſten Staaten bereits in Schulden geſtuͤrzt;<lb/>
und die neuen Kriege, uͤberhaupt die ſteigenden Be-<lb/>
duͤrfniſſe, vergroͤßerten ſie. So kam man dahin,<lb/>
den <hirendition="#g">Gebrauch des Papiergeldes</hi> ins Große<lb/>
zu treiben; aber aus Unkenntniß ſeiner Natur bald<lb/>
zu dreiſt (indem man das Beduͤrfniß, nicht der Cir-<lb/>
culation, ſondern der Regierungen, zum Maaßſtab<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſeiner</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[276/0314]
II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
2. Waͤhrend dieſer Stimmung indeß verlor
das mercantiliſche Intereſſe nichts von ſeinem Ein-
fluß. Es war dieß eine natuͤrliche Folge von der
ſtets wachſenden Wichtigkeit der Colonien; ſeit-
dem ihre Producte, beſonders der Caffee, der Zuk-
ker, der Thee, anfiengen, in einen ſtets groͤßeren
Gebrauch in Europa zu kommen. Der große Ein-
fluß, den dieſe Waaren auf die Politik nicht nur,
ſondern auch auf die Umformung des ganzen geſell-
ſchaftlichen Lebens gehabt haben, iſt nicht leicht zu
berechnen. Auch abgeſehen von dem unermeßlichen
Gewinn der Voͤlker durch Handel, der Regierun-
gen durch Zoͤlle, — wie haben nicht Caffeehaͤu-
ſer in den Hauptſtaͤdten Europas als Mittelpuncte
der politiſchen, mercantiliſchen und literariſchen, Ver-
handlungen gewirkt? Waͤren uͤberhaupt ohne jene
Erzeugniſſe die Staaten des weſtlichen Europas das
geworden, was ſie geworden ſind?
3. Indeſſen hatten die fruͤhern großen Kriege
die meiſten Staaten bereits in Schulden geſtuͤrzt;
und die neuen Kriege, uͤberhaupt die ſteigenden Be-
duͤrfniſſe, vergroͤßerten ſie. So kam man dahin,
den Gebrauch des Papiergeldes ins Große
zu treiben; aber aus Unkenntniß ſeiner Natur bald
zu dreiſt (indem man das Beduͤrfniß, nicht der Cir-
culation, ſondern der Regierungen, zum Maaßſtab
ſeiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/314>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.