Die entsetzlichen Verheerungen der Pfalz 1688 und 1689, womit der Mordbrenner Louvois (+ 1691) die Grenzen decken wollte, waren sie nicht schon Beweise von dem Ge- fühl der Schwäche im Innern? Auch konnten die Franzo- sen nie beträchtlich über den Rhein vordringen, zumal seit dem ihnen seit 1693 der tapfere Prinz Ludwig von Ba- den gegenüberstand. -- Hauptschauplatz in den Niederlan- den, wo Luxemburg 1. Jul. 1690 den Sieg bey Fleurus; 3. Aug. 1692 den bey Steenkerken; und 29. Juli 1693 den bey Neerwinden (Landen), letztere beyde über Wilhelm III., erfocht; und Namur und mehrere Festungen einnahm. Doch hielt der Oranier, oft besiegt, aber nie bezwungen, ihm Stand; und was Luxemburg nicht vermochte (+ Jan. 1695), wie vermochte es sein Nachfolger Villeroy? -- In Ita- lien: Kampf zwischen Catinat und Victor Amadeus II. von Savoyen. Sieg Catinat's bey Staffarda 18. Aug. 1690 und Einnahme Savoyens, und 1691 eines Theils von Piemont. Sieg bey Marsiglia 4. Oct. 1693, worauf schon geheime Unterhandlungen des Herzogs mit Frankreich began- nen. -- Der Krieg an den Grenzen von Catalonien war lange Nebensache, endigte aber 1697 mit der Eroberung von Barcelona. -- Der Seekrieg, anfangs durch Tourvil- le's Sieg bei Dieppe 10. Jul. 1690. mit Glück von Frank- reich begonnen, war mit dem Project einer Landung in Eng- land und Irland zu Gunsten Jacob'sII. verbunden. Die letztere, zwar von Frankreich ausgeführt, aber schlecht un- terstützt, ward vergeblich durch den Sieg Wilhelm's III. am Boyne Fluß 11. Jul. 1690; die erstere ward vereitelt durch den Seesieg der Britten bey la Hogue 29. May 1692, der ihnen die Ueberlegenheit für die Folge sicherte. -- Auch nach Ost- und Westindien verbreitete sich der Krieg. Eroberung von Carthagena in Süd-America 5. May 1697. -- Strenge Handelsverbote Englands und Hollands seit Anfang des Kriegs; da nicht nur, wie gewöhnlich die Contre- bande, sondern aller Verkehr mit Frankreich den Einheimischen und Fremden verboten wurde, 22. Aug. 1689. Aber kaum fand man Fremde, die neutral waren.
22.
II. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
Die entſetzlichen Verheerungen der Pfalz 1688 und 1689, womit der Mordbrenner Louvois († 1691) die Grenzen decken wollte, waren ſie nicht ſchon Beweiſe von dem Ge- fuͤhl der Schwaͤche im Innern? Auch konnten die Franzo- ſen nie betraͤchtlich uͤber den Rhein vordringen, zumal ſeit dem ihnen ſeit 1693 der tapfere Prinz Ludwig von Ba- den gegenuͤberſtand. — Hauptſchauplatz in den Niederlan- den, wo Luxemburg 1. Jul. 1690 den Sieg bey Fleurus; 3. Aug. 1692 den bey Steenkerken; und 29. Juli 1693 den bey Neerwinden (Landen), letztere beyde uͤber Wilhelm III., erfocht; und Namur und mehrere Feſtungen einnahm. Doch hielt der Oranier, oft beſiegt, aber nie bezwungen, ihm Stand; und was Luxemburg nicht vermochte († Jan. 1695), wie vermochte es ſein Nachfolger Villeroy? — In Ita- lien: Kampf zwiſchen Catinat und Victor Amadeus II. von Savoyen. Sieg Catinat's bey Staffarda 18. Aug. 1690 und Einnahme Savoyens, und 1691 eines Theils von Piemont. Sieg bey Marſiglia 4. Oct. 1693, worauf ſchon geheime Unterhandlungen des Herzogs mit Frankreich began- nen. — Der Krieg an den Grenzen von Catalonien war lange Nebenſache, endigte aber 1697 mit der Eroberung von Barcelona. — Der Seekrieg, anfangs durch Tourvil- le's Sieg bei Dieppe 10. Jul. 1690. mit Gluͤck von Frank- reich begonnen, war mit dem Project einer Landung in Eng- land und Irland zu Gunſten Jacob'sII. verbunden. Die letztere, zwar von Frankreich ausgefuͤhrt, aber ſchlecht un- terſtuͤtzt, ward vergeblich durch den Sieg Wilhelm's III. am Boyne Fluß 11. Jul. 1690; die erſtere ward vereitelt durch den Seeſieg der Britten bey la Hogue 29. May 1692, der ihnen die Ueberlegenheit fuͤr die Folge ſicherte. — Auch nach Oſt- und Weſtindien verbreitete ſich der Krieg. Eroberung von Carthagena in Suͤd-America 5. May 1697. — Strenge Handelsverbote Englands und Hollands ſeit Anfang des Kriegs; da nicht nur, wie gewoͤhnlich die Contre- bande, ſondern aller Verkehr mit Frankreich den Einheimiſchen und Fremden verboten wurde, 22. Aug. 1689. Aber kaum fand man Fremde, die neutral waren.
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II. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
Die entſetzlichen Verheerungen der Pfalz 1688 und 1689,
womit der Mordbrenner Louvois († 1691) die Grenzen
decken wollte, waren ſie nicht ſchon Beweiſe von dem Ge-
fuͤhl der Schwaͤche im Innern? Auch konnten die Franzo-
ſen nie betraͤchtlich uͤber den Rhein vordringen, zumal ſeit
dem ihnen ſeit 1693 der tapfere Prinz Ludwig von Ba-
den gegenuͤberſtand. — Hauptſchauplatz in den Niederlan-
den, wo Luxemburg 1. Jul. 1690 den Sieg bey Fleurus; 3.
Aug. 1692 den bey Steenkerken; und 29. Juli 1693 den bey
Neerwinden (Landen), letztere beyde uͤber Wilhelm III.,
erfocht; und Namur und mehrere Feſtungen einnahm. Doch
hielt der Oranier, oft beſiegt, aber nie bezwungen, ihm
Stand; und was Luxemburg nicht vermochte († Jan. 1695),
wie vermochte es ſein Nachfolger Villeroy? — In Ita-
lien: Kampf zwiſchen Catinat und Victor Amadeus
II. von Savoyen. Sieg Catinat's bey Staffarda 18. Aug.
1690 und Einnahme Savoyens, und 1691 eines Theils von
Piemont. Sieg bey Marſiglia 4. Oct. 1693, worauf ſchon
geheime Unterhandlungen des Herzogs mit Frankreich began-
nen. — Der Krieg an den Grenzen von Catalonien war
lange Nebenſache, endigte aber 1697 mit der Eroberung von
Barcelona. — Der Seekrieg, anfangs durch Tourvil-
le's Sieg bei Dieppe 10. Jul. 1690. mit Gluͤck von Frank-
reich begonnen, war mit dem Project einer Landung in Eng-
land und Irland zu Gunſten Jacob's II. verbunden. Die
letztere, zwar von Frankreich ausgefuͤhrt, aber ſchlecht un-
terſtuͤtzt, ward vergeblich durch den Sieg Wilhelm's III. am
Boyne Fluß 11. Jul. 1690; die erſtere ward vereitelt
durch den Seeſieg der Britten bey la Hogue 29. May
1692, der ihnen die Ueberlegenheit fuͤr die Folge ſicherte. —
Auch nach Oſt- und Weſtindien verbreitete ſich der Krieg.
Eroberung von Carthagena in Suͤd-America 5. May 1697. —
Strenge Handelsverbote Englands und Hollands ſeit
Anfang des Kriegs; da nicht nur, wie gewoͤhnlich die Contre-
bande, ſondern aller Verkehr mit Frankreich den Einheimiſchen
und Fremden verboten wurde, 22. Aug. 1689. Aber kaum
fand man Fremde, die neutral waren.
22.
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/270>, abgerufen am 22.11.2024.
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