beständig in der Provinz befunden haben, oder daß ihnen der Auf- enthalt in derselben späterhin ausdrücklich gestattet worden.
§. 24. Die durch solche Certificate nicht legitimirten Juden werden als Fremde betrachtet und nach ihrer Heimath zurückgewiesen; die Rückkehr aber soll ihnen bei einer Strafe von 50 Rthlrn., oder verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe, untersagt werden. Denjenigen Juden, welche sich seit dem 1. Juni 1815. ohne ausdrückliche Er- laubniß in der Provinz angesiedelt und einen Wohnsitz im rechtlichen Sinne darin gewonnen haben, und in ihre Heimath nicht zurückge- wiesen werden können, soll der Oberpräsident die Aufnahme und das Certificat zu bewilligen befugt sein.
§. 25. Alle noch nicht naturalisirten, jedoch ferner zu duldenden und mit Certificaten zu versehenden Juden sind außer den §. 20. ausgedrückten Beschränkungen, welchen auch die naturalisirten unter- liegen, noch folgenden unterworfen:
a. Vor zurückgelegtem vier und zwanzigsten Jahre ist den nicht naturalisirten Juden die Schließung einer Ehe, wenn nicht der Oberpräsident in dringenden Fällen dazu besondere Erlaubniß ertheilt hat, nicht zu gestatten.
b. Sie sollen ihren Wohnsitz in der Regel und mit Ausnahme der weiter unten unter d. angegebenen Fälle nur in Städten nehmen, ohne jedoch auf die zeitherigen Judenreviere beschränkt zu sein. Zur Gewinnung des städtischen Bürgerrechts sind sie aber nicht fähig.
c. Sie sind von dem Handel mit kaufmännischen Rechten ausge- schlossen; das Schankgewerbe darf ihnen nur auf den Grund eines besondern Gutachtens der Orts-Polizeibehörde Hinsichts ihrer persönlichen Qualification von der Regierung gestattet werden. Der Einkauf und Verkauf im Umherziehen ist ihnen unbedingt untersagt. Der Betrieb aller andern an sich erlaubten stehenden Gewerbe dagegen darf ihnen unter den allgemeinen gewerbepolizeilichen Bestimmungen nicht versagt werden.
d. Auf dem Lande dürfen solche Juden nur dann ihren Wohnsitz nehmen, wenn sie entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten und denselben selbst bewirthschaften, oder wenn sie sich bei länd- lichen Grundbesitzern als Dienstboten, oder zum Betriebe einzelner Zweige des landwirthschaftlichen Gewerbes, z. B. als Brenner
beſtändig in der Provinz befunden haben, oder daß ihnen der Auf- enthalt in derſelben ſpäterhin ausdrücklich geſtattet worden.
§. 24. Die durch ſolche Certificate nicht legitimirten Juden werden als Fremde betrachtet und nach ihrer Heimath zurückgewieſen; die Rückkehr aber ſoll ihnen bei einer Strafe von 50 Rthlrn., oder verhältnißmäßiger Gefängnißſtrafe, unterſagt werden. Denjenigen Juden, welche ſich ſeit dem 1. Juni 1815. ohne ausdrückliche Er- laubniß in der Provinz angeſiedelt und einen Wohnſitz im rechtlichen Sinne darin gewonnen haben, und in ihre Heimath nicht zurückge- wieſen werden können, ſoll der Oberpräſident die Aufnahme und das Certificat zu bewilligen befugt ſein.
§. 25. Alle noch nicht naturaliſirten, jedoch ferner zu duldenden und mit Certificaten zu verſehenden Juden ſind außer den §. 20. ausgedrückten Beſchränkungen, welchen auch die naturaliſirten unter- liegen, noch folgenden unterworfen:
a. Vor zurückgelegtem vier und zwanzigſten Jahre iſt den nicht naturaliſirten Juden die Schließung einer Ehe, wenn nicht der Oberpräſident in dringenden Fällen dazu beſondere Erlaubniß ertheilt hat, nicht zu geſtatten.
b. Sie ſollen ihren Wohnſitz in der Regel und mit Ausnahme der weiter unten unter d. angegebenen Fälle nur in Städten nehmen, ohne jedoch auf die zeitherigen Judenreviere beſchränkt zu ſein. Zur Gewinnung des ſtädtiſchen Bürgerrechts ſind ſie aber nicht fähig.
c. Sie ſind von dem Handel mit kaufmänniſchen Rechten ausge- ſchloſſen; das Schankgewerbe darf ihnen nur auf den Grund eines beſondern Gutachtens der Orts-Polizeibehörde Hinſichts ihrer perſönlichen Qualification von der Regierung geſtattet werden. Der Einkauf und Verkauf im Umherziehen iſt ihnen unbedingt unterſagt. Der Betrieb aller andern an ſich erlaubten ſtehenden Gewerbe dagegen darf ihnen unter den allgemeinen gewerbepolizeilichen Beſtimmungen nicht verſagt werden.
d. Auf dem Lande dürfen ſolche Juden nur dann ihren Wohnſitz nehmen, wenn ſie entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten und denſelben ſelbſt bewirthſchaften, oder wenn ſie ſich bei länd- lichen Grundbeſitzern als Dienſtboten, oder zum Betriebe einzelner Zweige des landwirthſchaftlichen Gewerbes, z. B. als Brenner
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beſtändig in der Provinz befunden haben, oder daß ihnen der Auf-
enthalt in derſelben ſpäterhin ausdrücklich geſtattet worden.
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werden als Fremde betrachtet und nach ihrer Heimath zurückgewieſen;
die Rückkehr aber ſoll ihnen bei einer Strafe von 50 Rthlrn., oder
verhältnißmäßiger Gefängnißſtrafe, unterſagt werden. Denjenigen
Juden, welche ſich ſeit dem 1. Juni 1815. ohne ausdrückliche Er-
laubniß in der Provinz angeſiedelt und einen Wohnſitz im rechtlichen
Sinne darin gewonnen haben, und in ihre Heimath nicht zurückge-
wieſen werden können, ſoll der Oberpräſident die Aufnahme und das
Certificat zu bewilligen befugt ſein.
§. 25. Alle noch nicht naturaliſirten, jedoch ferner zu duldenden
und mit Certificaten zu verſehenden Juden ſind außer den §. 20.
ausgedrückten Beſchränkungen, welchen auch die naturaliſirten unter-
liegen, noch folgenden unterworfen:
a. Vor zurückgelegtem vier und zwanzigſten Jahre iſt den nicht
naturaliſirten Juden die Schließung einer Ehe, wenn nicht der
Oberpräſident in dringenden Fällen dazu beſondere Erlaubniß
ertheilt hat, nicht zu geſtatten.
b. Sie ſollen ihren Wohnſitz in der Regel und mit Ausnahme der
weiter unten unter d. angegebenen Fälle nur in Städten nehmen,
ohne jedoch auf die zeitherigen Judenreviere beſchränkt zu ſein. Zur
Gewinnung des ſtädtiſchen Bürgerrechts ſind ſie aber nicht fähig.
c. Sie ſind von dem Handel mit kaufmänniſchen Rechten ausge-
ſchloſſen; das Schankgewerbe darf ihnen nur auf den Grund
eines beſondern Gutachtens der Orts-Polizeibehörde Hinſichts
ihrer perſönlichen Qualification von der Regierung geſtattet
werden. Der Einkauf und Verkauf im Umherziehen iſt ihnen
unbedingt unterſagt. Der Betrieb aller andern an ſich erlaubten
ſtehenden Gewerbe dagegen darf ihnen unter den allgemeinen
gewerbepolizeilichen Beſtimmungen nicht verſagt werden.
d. Auf dem Lande dürfen ſolche Juden nur dann ihren Wohnſitz
nehmen, wenn ſie entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten
und denſelben ſelbſt bewirthſchaften, oder wenn ſie ſich bei länd-
lichen Grundbeſitzern als Dienſtboten, oder zum Betriebe einzelner
Zweige des landwirthſchaftlichen Gewerbes, z. B. als Brenner
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/229>, abgerufen am 05.07.2024.
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