Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

stellung vom 30. August v. J. zu bescheiden und die erforderlichen
Schritte zu thun, um die gesetzliche Befriedigung der Judenschaft
baldmöglichst zu bewirken.

17. Rescr. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 418.),
betr. den jüdischen Unterricht.

Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 22. v. M.,
das jüdische Schulwesen betreffend, hierdurch eröffnet, daß es keines-
weges einer neuen gesetzlichen Bestimmung bedarf, um die in der über
diesen Gegenstand erlassenen Verfügung vom 28. Januar c. ausge-
führten Grundsätze zu rechtfertigen, und daß eben so wenig dieselben
mit den allegirten frühern Verfügungen des Ministerii, wenn diese
richtig aufgefaßt werden, im Widerspruche stehen. Die Circular-Ver-
fügung vom 15. Mai 1824. beschäftigt sich in der allegirten Stelle
gar nicht mit der in dem vorliegenden Berichte angeführten gesetzlichen
Verpflichtung zur Unterhaltung der Communal-Schulen, sondern mit
der davon ganz verschiedenen Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern
auf irgend einem zweckmäßigen Wege den gehörigen Unterricht zu ver-
schaffen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung können sich die Eltern,
so wie der öffentlichen Schulen, ebenso auch der Privatschulen, der
Annahme von Hauslehrern, oder jedes sonstigen, den Zweck erfüllenden
Mittels bedienen, und daher hat auch die gedachte Verfügung die
Verpflichtung der jüdischen Eltern, ihre Kinder in die christlichen
Schulen zu schicken, nur in der Voraussetzung aussprechen können,
daß sie nicht eigene Schulen ihres Glaubens haben, und sich vorkom-
menden Falls über den Statt findenden ordnungsmäßigen Unterricht
ihrer Kinder in denselben ausweisen, ohne daß aber durch diese Gegen-
überstellung der Charakter aller jüdischen Schulen, als bloßer Privat-
Anstalten, hat tangirt werden können oder sollen. Ebenso ist auch
in der Verfügung vom 4. April pr. die Gemeineschule, zu deren
Einrichtung die jüdische Gemeine zu Inowraclaw in Stelle der früher
ordnungswidrig daselbst bestandenen Winkelschulen angehalten worden,
nur im Gegensatze zu den letztern mit der Benennung einer öffent-
lichen Schule bezeichnet, keineswegs aber der Communal-Schule zur
Seite gestellt worden. Die Verpflichtung aller derjenigen Eltern
aber, die sich für den Unterricht ihrer Kinder der häuslichen Infor-
mation oder einer Privatschule bedienen, neben dem diesfälligen Auf-
wande auch die Communal-Schulbeiträge unverändert fort zu entrichten,

ſtellung vom 30. Auguſt v. J. zu beſcheiden und die erforderlichen
Schritte zu thun, um die geſetzliche Befriedigung der Judenſchaft
baldmöglichſt zu bewirken.

17. Reſcr. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 418.),
betr. den jüdiſchen Unterricht.

Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 22. v. M.,
das jüdiſche Schulweſen betreffend, hierdurch eröffnet, daß es keines-
weges einer neuen geſetzlichen Beſtimmung bedarf, um die in der über
dieſen Gegenſtand erlaſſenen Verfügung vom 28. Januar c. ausge-
führten Grundſätze zu rechtfertigen, und daß eben ſo wenig dieſelben
mit den allegirten frühern Verfügungen des Miniſterii, wenn dieſe
richtig aufgefaßt werden, im Widerſpruche ſtehen. Die Circular-Ver-
fügung vom 15. Mai 1824. beſchäftigt ſich in der allegirten Stelle
gar nicht mit der in dem vorliegenden Berichte angeführten geſetzlichen
Verpflichtung zur Unterhaltung der Communal-Schulen, ſondern mit
der davon ganz verſchiedenen Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern
auf irgend einem zweckmäßigen Wege den gehörigen Unterricht zu ver-
ſchaffen. Zur Erfüllung dieſer Verpflichtung können ſich die Eltern,
ſo wie der öffentlichen Schulen, ebenſo auch der Privatſchulen, der
Annahme von Hauslehrern, oder jedes ſonſtigen, den Zweck erfüllenden
Mittels bedienen, und daher hat auch die gedachte Verfügung die
Verpflichtung der jüdiſchen Eltern, ihre Kinder in die chriſtlichen
Schulen zu ſchicken, nur in der Vorausſetzung ausſprechen können,
daß ſie nicht eigene Schulen ihres Glaubens haben, und ſich vorkom-
menden Falls über den Statt findenden ordnungsmäßigen Unterricht
ihrer Kinder in denſelben ausweiſen, ohne daß aber durch dieſe Gegen-
überſtellung der Charakter aller jüdiſchen Schulen, als bloßer Privat-
Anſtalten, hat tangirt werden können oder ſollen. Ebenſo iſt auch
in der Verfügung vom 4. April pr. die Gemeineſchule, zu deren
Einrichtung die jüdiſche Gemeine zu Inowraclaw in Stelle der früher
ordnungswidrig daſelbſt beſtandenen Winkelſchulen angehalten worden,
nur im Gegenſatze zu den letztern mit der Benennung einer öffent-
lichen Schule bezeichnet, keineswegs aber der Communal-Schule zur
Seite geſtellt worden. Die Verpflichtung aller derjenigen Eltern
aber, die ſich für den Unterricht ihrer Kinder der häuslichen Infor-
mation oder einer Privatſchule bedienen, neben dem diesfälligen Auf-
wande auch die Communal-Schulbeiträge unverändert fort zu entrichten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="207"/>
&#x017F;tellung vom 30. Augu&#x017F;t v. J. zu be&#x017F;cheiden und die erforderlichen<lb/>
Schritte zu thun, um die ge&#x017F;etzliche Befriedigung der Juden&#x017F;chaft<lb/>
baldmöglich&#x017F;t zu bewirken.</p><lb/>
          <p>17. <hi rendition="#g">Re&#x017F;cr</hi>. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 418.),<lb/>
betr. den jüdi&#x017F;chen Unterricht.</p><lb/>
          <p>Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 22. v. M.,<lb/>
das jüdi&#x017F;che Schulwe&#x017F;en betreffend, hierdurch eröffnet, daß es keines-<lb/>
weges einer neuen ge&#x017F;etzlichen Be&#x017F;timmung bedarf, um die in der über<lb/>
die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand erla&#x017F;&#x017F;enen Verfügung vom 28. Januar <hi rendition="#aq">c.</hi> ausge-<lb/>
führten Grund&#x017F;ätze zu rechtfertigen, und daß eben &#x017F;o wenig die&#x017F;elben<lb/>
mit den allegirten frühern Verfügungen des Mini&#x017F;terii, wenn die&#x017F;e<lb/>
richtig aufgefaßt werden, im Wider&#x017F;pruche &#x017F;tehen. Die Circular-Ver-<lb/>
fügung vom 15. Mai 1824. be&#x017F;chäftigt &#x017F;ich in der allegirten Stelle<lb/>
gar nicht mit der in dem vorliegenden Berichte angeführten ge&#x017F;etzlichen<lb/>
Verpflichtung zur Unterhaltung der Communal-Schulen, &#x017F;ondern mit<lb/>
der davon ganz ver&#x017F;chiedenen Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern<lb/>
auf irgend einem zweckmäßigen Wege den gehörigen Unterricht zu ver-<lb/>
&#x017F;chaffen. Zur Erfüllung die&#x017F;er Verpflichtung können &#x017F;ich die Eltern,<lb/>
&#x017F;o wie der öffentlichen Schulen, eben&#x017F;o auch der Privat&#x017F;chulen, der<lb/>
Annahme von Hauslehrern, oder jedes &#x017F;on&#x017F;tigen, den Zweck erfüllenden<lb/>
Mittels bedienen, und daher hat auch die gedachte Verfügung die<lb/>
Verpflichtung der jüdi&#x017F;chen Eltern, ihre Kinder in die chri&#x017F;tlichen<lb/>
Schulen zu &#x017F;chicken, nur in der Voraus&#x017F;etzung aus&#x017F;prechen können,<lb/>
daß &#x017F;ie nicht eigene Schulen ihres Glaubens haben, und &#x017F;ich vorkom-<lb/>
menden Falls über den Statt findenden ordnungsmäßigen Unterricht<lb/>
ihrer Kinder in den&#x017F;elben auswei&#x017F;en, ohne daß aber durch die&#x017F;e Gegen-<lb/>
über&#x017F;tellung der Charakter aller jüdi&#x017F;chen Schulen, als bloßer Privat-<lb/>
An&#x017F;talten, hat tangirt werden können oder &#x017F;ollen. Eben&#x017F;o i&#x017F;t auch<lb/>
in der Verfügung vom 4. April <hi rendition="#aq">pr.</hi> die Gemeine&#x017F;chule, zu deren<lb/>
Einrichtung die jüdi&#x017F;che Gemeine zu Inowraclaw in Stelle der früher<lb/>
ordnungswidrig da&#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;tandenen Winkel&#x017F;chulen angehalten worden,<lb/>
nur im Gegen&#x017F;atze zu den letztern mit der Benennung einer öffent-<lb/>
lichen Schule bezeichnet, keineswegs aber der Communal-Schule zur<lb/>
Seite ge&#x017F;tellt worden. Die Verpflichtung aller derjenigen Eltern<lb/>
aber, die &#x017F;ich für den Unterricht ihrer Kinder der häuslichen Infor-<lb/>
mation oder einer Privat&#x017F;chule bedienen, neben dem diesfälligen Auf-<lb/>
wande auch die Communal-Schulbeiträge unverändert fort zu entrichten,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0221] ſtellung vom 30. Auguſt v. J. zu beſcheiden und die erforderlichen Schritte zu thun, um die geſetzliche Befriedigung der Judenſchaft baldmöglichſt zu bewirken. 17. Reſcr. v. 30. Juni 1828. (v. K. Ann. B. 12. S. 418.), betr. den jüdiſchen Unterricht. Der Königl. Regierung wird auf den Bericht vom 22. v. M., das jüdiſche Schulweſen betreffend, hierdurch eröffnet, daß es keines- weges einer neuen geſetzlichen Beſtimmung bedarf, um die in der über dieſen Gegenſtand erlaſſenen Verfügung vom 28. Januar c. ausge- führten Grundſätze zu rechtfertigen, und daß eben ſo wenig dieſelben mit den allegirten frühern Verfügungen des Miniſterii, wenn dieſe richtig aufgefaßt werden, im Widerſpruche ſtehen. Die Circular-Ver- fügung vom 15. Mai 1824. beſchäftigt ſich in der allegirten Stelle gar nicht mit der in dem vorliegenden Berichte angeführten geſetzlichen Verpflichtung zur Unterhaltung der Communal-Schulen, ſondern mit der davon ganz verſchiedenen Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern auf irgend einem zweckmäßigen Wege den gehörigen Unterricht zu ver- ſchaffen. Zur Erfüllung dieſer Verpflichtung können ſich die Eltern, ſo wie der öffentlichen Schulen, ebenſo auch der Privatſchulen, der Annahme von Hauslehrern, oder jedes ſonſtigen, den Zweck erfüllenden Mittels bedienen, und daher hat auch die gedachte Verfügung die Verpflichtung der jüdiſchen Eltern, ihre Kinder in die chriſtlichen Schulen zu ſchicken, nur in der Vorausſetzung ausſprechen können, daß ſie nicht eigene Schulen ihres Glaubens haben, und ſich vorkom- menden Falls über den Statt findenden ordnungsmäßigen Unterricht ihrer Kinder in denſelben ausweiſen, ohne daß aber durch dieſe Gegen- überſtellung der Charakter aller jüdiſchen Schulen, als bloßer Privat- Anſtalten, hat tangirt werden können oder ſollen. Ebenſo iſt auch in der Verfügung vom 4. April pr. die Gemeineſchule, zu deren Einrichtung die jüdiſche Gemeine zu Inowraclaw in Stelle der früher ordnungswidrig daſelbſt beſtandenen Winkelſchulen angehalten worden, nur im Gegenſatze zu den letztern mit der Benennung einer öffent- lichen Schule bezeichnet, keineswegs aber der Communal-Schule zur Seite geſtellt worden. Die Verpflichtung aller derjenigen Eltern aber, die ſich für den Unterricht ihrer Kinder der häuslichen Infor- mation oder einer Privatſchule bedienen, neben dem diesfälligen Auf- wande auch die Communal-Schulbeiträge unverändert fort zu entrichten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/221
Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/221>, abgerufen am 24.11.2024.