doch auch für die einzurichtende jüdische Schule den auf sie fallenden Beitrag zu leisten haben, da vorausgesetzt werden muß, daß nach den im dortigen Reg.-Bez. zur Anwendung kommenden Gesetzen denselben nicht die unbedingte Befugniß zum Erwerb von Grundstücken zusteht, es vielmehr von dem Ermessen der Behörde abhängt, unter welchen Be- dingungen sie solchen gestatten will. Rathsam wird es aber bleiben, wo aus dergleichen Bedingungen die Verpflichtung zu bestimmten Prä- stationen vorgeschrieben wird, auch der letzeren Eintragung in das Hypothekenbuch zu veranlassen. Da auch die Vorschrift des §. 24. Tit. 12. Thl. II. des A. L.-R. nirgends aufgehoben ist, so versteht es sich von selbst, daß auch jüdische Winkelschulen nicht geduldet werden können, und daß, um zu erforschen, ob einem jüdischen Lehrer die von einem tüchtigen Elementar-Lehrer zu erfordernden Kenntnisse und Fertigkeiten nicht abgehen, jeder an einer jüdischen Schule anzuneh- mende Lehrer sich einer Prüfung unterwerfen muß, die jedoch auf seine Religion nicht erstreckt werden kann.
3. Rescr. v. 15. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 457.), betr. die Einrichtung des jüdischen Schulwesens.
Der Königl. Regierung wird ein Extract der unter heutigem dato an die Königl. Regierung zu Breslau erlassenen Verfügung, die Ein- richtung des jüdischen Schulwesens betreffend, (sub Lit. a.) zur Nachricht und Nachachtung mitgetheilt.
In welcher Art dieselbe die darin enthaltenen Bestimmungen auch im dortigen Regierungsbezirke zur Ausführung gebracht, hat dieselbe binnen 3 Monaten einzuberichten.
a.Extract. Auch werden schwerlich die wohlwollenden Ab- sichten, welche man für Verbesserung des sittlichen und bürgerlichen Zustandes der Juden hegt, erreicht werden, wenn man dabei auf ein bereitwilliges Entgegenkommen von ihrer Seite warten will. Das dringendste und nächste Bedürfniß, für welches gesorgt werden muß, ist eine angemessene Einrichtung der für sie bestimmten Schulen. Von vielen Seiten wird anjetzt diese Sache zur Sprache gebracht; allein, wenn gleich die Einsichtsvollern unter den Juden selbst darauf bezügliche Veranstaltungen zu wünschen scheinen, so läßt sich doch von der größern Masse nicht hoffen, daß sie aus freier Entschließung sich zu Einrichtungen verstehen werde, die zum Zwecke haben, sie dem verwahrloseten Zustande zu entreißen, in welchem sie sich befindet.
doch auch für die einzurichtende jüdiſche Schule den auf ſie fallenden Beitrag zu leiſten haben, da vorausgeſetzt werden muß, daß nach den im dortigen Reg.-Bez. zur Anwendung kommenden Geſetzen denſelben nicht die unbedingte Befugniß zum Erwerb von Grundſtücken zuſteht, es vielmehr von dem Ermeſſen der Behörde abhängt, unter welchen Be- dingungen ſie ſolchen geſtatten will. Rathſam wird es aber bleiben, wo aus dergleichen Bedingungen die Verpflichtung zu beſtimmten Prä- ſtationen vorgeſchrieben wird, auch der letzeren Eintragung in das Hypothekenbuch zu veranlaſſen. Da auch die Vorſchrift des §. 24. Tit. 12. Thl. II. des A. L.-R. nirgends aufgehoben iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß auch jüdiſche Winkelſchulen nicht geduldet werden können, und daß, um zu erforſchen, ob einem jüdiſchen Lehrer die von einem tüchtigen Elementar-Lehrer zu erfordernden Kenntniſſe und Fertigkeiten nicht abgehen, jeder an einer jüdiſchen Schule anzuneh- mende Lehrer ſich einer Prüfung unterwerfen muß, die jedoch auf ſeine Religion nicht erſtreckt werden kann.
3. Reſcr. v. 15. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 457.), betr. die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens.
Der Königl. Regierung wird ein Extract der unter heutigem dato an die Königl. Regierung zu Breslau erlaſſenen Verfügung, die Ein- richtung des jüdiſchen Schulweſens betreffend, (sub Lit. a.) zur Nachricht und Nachachtung mitgetheilt.
In welcher Art dieſelbe die darin enthaltenen Beſtimmungen auch im dortigen Regierungsbezirke zur Ausführung gebracht, hat dieſelbe binnen 3 Monaten einzuberichten.
a.Extract. Auch werden ſchwerlich die wohlwollenden Ab- ſichten, welche man für Verbeſſerung des ſittlichen und bürgerlichen Zuſtandes der Juden hegt, erreicht werden, wenn man dabei auf ein bereitwilliges Entgegenkommen von ihrer Seite warten will. Das dringendſte und nächſte Bedürfniß, für welches geſorgt werden muß, iſt eine angemeſſene Einrichtung der für ſie beſtimmten Schulen. Von vielen Seiten wird anjetzt dieſe Sache zur Sprache gebracht; allein, wenn gleich die Einſichtsvollern unter den Juden ſelbſt darauf bezügliche Veranſtaltungen zu wünſchen ſcheinen, ſo läßt ſich doch von der größern Maſſe nicht hoffen, daß ſie aus freier Entſchließung ſich zu Einrichtungen verſtehen werde, die zum Zwecke haben, ſie dem verwahrloſeten Zuſtande zu entreißen, in welchem ſie ſich befindet.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0208"n="194"/>
doch auch für die einzurichtende jüdiſche Schule den auf ſie fallenden<lb/>
Beitrag zu leiſten haben, da vorausgeſetzt werden muß, daß nach den<lb/>
im dortigen Reg.-Bez. zur Anwendung kommenden Geſetzen denſelben nicht<lb/>
die unbedingte Befugniß zum Erwerb von Grundſtücken zuſteht, es<lb/>
vielmehr von dem Ermeſſen der Behörde abhängt, unter welchen Be-<lb/>
dingungen ſie ſolchen geſtatten will. Rathſam wird es aber bleiben,<lb/>
wo aus dergleichen Bedingungen die Verpflichtung zu beſtimmten Prä-<lb/>ſtationen vorgeſchrieben wird, auch der letzeren Eintragung in das<lb/>
Hypothekenbuch zu veranlaſſen. Da auch die Vorſchrift des §. 24.<lb/>
Tit. 12. Thl. <hirendition="#aq">II.</hi> des A. L.-R. nirgends aufgehoben iſt, ſo verſteht<lb/>
es ſich von ſelbſt, daß auch jüdiſche Winkelſchulen nicht geduldet werden<lb/>
können, und daß, um zu erforſchen, ob einem jüdiſchen Lehrer die von<lb/>
einem tüchtigen Elementar-Lehrer zu erfordernden Kenntniſſe und<lb/>
Fertigkeiten nicht abgehen, jeder an einer jüdiſchen Schule anzuneh-<lb/>
mende Lehrer ſich einer Prüfung unterwerfen muß, die jedoch auf<lb/>ſeine Religion nicht erſtreckt werden kann.</p><lb/><p>3. <hirendition="#g">Reſcr</hi>. v. 15. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 457.), betr.<lb/>
die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens.</p><lb/><p>Der Königl. Regierung wird ein Extract der unter heutigem <hirendition="#aq">dato</hi><lb/>
an die Königl. Regierung zu Breslau erlaſſenen Verfügung, die Ein-<lb/>
richtung des jüdiſchen Schulweſens betreffend, (<hirendition="#aq">sub Lit. a.</hi>) zur<lb/>
Nachricht und Nachachtung mitgetheilt.</p><lb/><p>In welcher Art dieſelbe die darin enthaltenen Beſtimmungen auch<lb/>
im dortigen Regierungsbezirke zur Ausführung gebracht, hat dieſelbe<lb/>
binnen 3 Monaten einzuberichten.</p><lb/><p><hirendition="#aq">a.</hi><hirendition="#g">Extract</hi>. Auch werden ſchwerlich die wohlwollenden Ab-<lb/>ſichten, welche man für Verbeſſerung des ſittlichen und bürgerlichen<lb/>
Zuſtandes der Juden hegt, erreicht werden, wenn man dabei auf ein<lb/>
bereitwilliges Entgegenkommen von ihrer Seite warten will. Das<lb/>
dringendſte und nächſte Bedürfniß, für welches geſorgt werden muß,<lb/>
iſt eine angemeſſene Einrichtung der für ſie beſtimmten Schulen.<lb/>
Von vielen Seiten wird anjetzt dieſe Sache zur Sprache gebracht;<lb/>
allein, wenn gleich die Einſichtsvollern unter den Juden ſelbſt darauf<lb/>
bezügliche Veranſtaltungen zu wünſchen ſcheinen, ſo läßt ſich doch von<lb/>
der größern Maſſe nicht hoffen, daß ſie aus freier Entſchließung ſich<lb/>
zu Einrichtungen verſtehen werde, die zum Zwecke haben, ſie dem<lb/>
verwahrloſeten Zuſtande zu entreißen, in welchem ſie ſich befindet.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[194/0208]
doch auch für die einzurichtende jüdiſche Schule den auf ſie fallenden
Beitrag zu leiſten haben, da vorausgeſetzt werden muß, daß nach den
im dortigen Reg.-Bez. zur Anwendung kommenden Geſetzen denſelben nicht
die unbedingte Befugniß zum Erwerb von Grundſtücken zuſteht, es
vielmehr von dem Ermeſſen der Behörde abhängt, unter welchen Be-
dingungen ſie ſolchen geſtatten will. Rathſam wird es aber bleiben,
wo aus dergleichen Bedingungen die Verpflichtung zu beſtimmten Prä-
ſtationen vorgeſchrieben wird, auch der letzeren Eintragung in das
Hypothekenbuch zu veranlaſſen. Da auch die Vorſchrift des §. 24.
Tit. 12. Thl. II. des A. L.-R. nirgends aufgehoben iſt, ſo verſteht
es ſich von ſelbſt, daß auch jüdiſche Winkelſchulen nicht geduldet werden
können, und daß, um zu erforſchen, ob einem jüdiſchen Lehrer die von
einem tüchtigen Elementar-Lehrer zu erfordernden Kenntniſſe und
Fertigkeiten nicht abgehen, jeder an einer jüdiſchen Schule anzuneh-
mende Lehrer ſich einer Prüfung unterwerfen muß, die jedoch auf
ſeine Religion nicht erſtreckt werden kann.
3. Reſcr. v. 15. Mai 1824. (v. K. Ann. B. 8. S. 457.), betr.
die Einrichtung des jüdiſchen Schulweſens.
Der Königl. Regierung wird ein Extract der unter heutigem dato
an die Königl. Regierung zu Breslau erlaſſenen Verfügung, die Ein-
richtung des jüdiſchen Schulweſens betreffend, (sub Lit. a.) zur
Nachricht und Nachachtung mitgetheilt.
In welcher Art dieſelbe die darin enthaltenen Beſtimmungen auch
im dortigen Regierungsbezirke zur Ausführung gebracht, hat dieſelbe
binnen 3 Monaten einzuberichten.
a. Extract. Auch werden ſchwerlich die wohlwollenden Ab-
ſichten, welche man für Verbeſſerung des ſittlichen und bürgerlichen
Zuſtandes der Juden hegt, erreicht werden, wenn man dabei auf ein
bereitwilliges Entgegenkommen von ihrer Seite warten will. Das
dringendſte und nächſte Bedürfniß, für welches geſorgt werden muß,
iſt eine angemeſſene Einrichtung der für ſie beſtimmten Schulen.
Von vielen Seiten wird anjetzt dieſe Sache zur Sprache gebracht;
allein, wenn gleich die Einſichtsvollern unter den Juden ſelbſt darauf
bezügliche Veranſtaltungen zu wünſchen ſcheinen, ſo läßt ſich doch von
der größern Maſſe nicht hoffen, daß ſie aus freier Entſchließung ſich
zu Einrichtungen verſtehen werde, die zum Zwecke haben, ſie dem
verwahrloſeten Zuſtande zu entreißen, in welchem ſie ſich befindet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/208>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.