Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Auflösung des 3ten und 4ten Rechnungs-Exempel.

Ich werde wohl zu spät kommen, und alle, welche sich um das erste Rechnungs-Exempel bekümmerten, werdens heraus haben, daß Hanns 7 Schafe hatte. Fritz aber hatte 5. Wenn nun der letztere dem ersten Eins von den seinen gab, so hatte Fritz noch 4, Hanns aber hatte 8; folglich noch einmal so viel. Giebt aber der erste dem letzten Eins, so behält Hanns noch 6 und Fritz bekommt 6. Und also lautete die Aufgabe.

So ein Schaf hin oder her zu geben, wenn man selber nur 5 oder 7 Stücke hat, ist nun freylich keine Kleinigkeit. Sonst aber und wo es angeht, ist es immer besser, gute Freunde haltens mit einander so, daß die Theile gleich werden, als daß einer viel hat und der andere wenig. Denn Mehrhaben macht leicht übermüthig und gewaltthätig, und Wenighaben macht mißgünstig; und wo einmal Uebermuth und Mißgunst sich einnisten, da hat es mit der guten Freundschaft bald ein Ende. Das muß der verständige Vater wohl überlegt haben, der im zweyten Exempel sein Vermögen unter seine 7 Kinder vertheilte. Denn wer es ausgerechnet und keinen Fehler dabey begangen hat, der wird bald gefunden haben, daß jedes Kind 700 Gulden bekommen habe, keinen Kreutzer mehr und keinen minder.

Wenn alle Eltern so vernünftig wären, und ihren Kindern, die gleiche Liebe verdienen, gleiche Liebe bewiesen, wie viel Unfrieden und Unheil könnte dadurch verhütet werden, und wie manches Stündlein


Auflösung des 3ten und 4ten Rechnungs-Exempel.

Ich werde wohl zu spät kommen, und alle, welche sich um das erste Rechnungs-Exempel bekümmerten, werdens heraus haben, daß Hanns 7 Schafe hatte. Fritz aber hatte 5. Wenn nun der letztere dem ersten Eins von den seinen gab, so hatte Fritz noch 4, Hanns aber hatte 8; folglich noch einmal so viel. Giebt aber der erste dem letzten Eins, so behält Hanns noch 6 und Fritz bekommt 6. Und also lautete die Aufgabe.

So ein Schaf hin oder her zu geben, wenn man selber nur 5 oder 7 Stücke hat, ist nun freylich keine Kleinigkeit. Sonst aber und wo es angeht, ist es immer besser, gute Freunde haltens mit einander so, daß die Theile gleich werden, als daß einer viel hat und der andere wenig. Denn Mehrhaben macht leicht übermüthig und gewaltthätig, und Wenighaben macht mißgünstig; und wo einmal Uebermuth und Mißgunst sich einnisten, da hat es mit der guten Freundschaft bald ein Ende. Das muß der verständige Vater wohl überlegt haben, der im zweyten Exempel sein Vermögen unter seine 7 Kinder vertheilte. Denn wer es ausgerechnet und keinen Fehler dabey begangen hat, der wird bald gefunden haben, daß jedes Kind 700 Gulden bekommen habe, keinen Kreutzer mehr und keinen minder.

Wenn alle Eltern so vernünftig wären, und ihren Kindern, die gleiche Liebe verdienen, gleiche Liebe bewiesen, wie viel Unfrieden und Unheil könnte dadurch verhütet werden, und wie manches Stündlein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0091" n="83"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Auflösung des 3ten und 4ten Rechnungs-Exempel.</head><lb/>
        <p>Ich werde wohl zu spät kommen, und alle, welche sich um das erste Rechnungs-Exempel bekümmerten, werdens heraus haben, daß Hanns 7 Schafe hatte. Fritz aber hatte 5. Wenn nun der letztere dem ersten Eins von den seinen gab, so hatte Fritz noch 4, Hanns aber hatte 8; folglich noch einmal so viel. Giebt aber der erste dem letzten Eins, so behält Hanns noch 6 und Fritz bekommt 6. Und also lautete die Aufgabe.</p>
        <p>So ein Schaf hin oder her zu geben, wenn man selber nur 5 oder 7 Stücke hat, ist nun freylich keine Kleinigkeit. Sonst aber und wo es angeht, ist es immer besser, gute Freunde haltens mit einander so, daß die Theile gleich werden, als daß einer viel hat und der andere wenig. Denn Mehrhaben macht leicht übermüthig und gewaltthätig, und Wenighaben macht mißgünstig; und wo einmal Uebermuth und Mißgunst sich einnisten, da hat es mit der guten Freundschaft bald ein Ende. Das muß der verständige Vater wohl überlegt haben, der im zweyten Exempel sein Vermögen unter seine 7 Kinder vertheilte. Denn wer es ausgerechnet und keinen Fehler dabey begangen hat, der wird bald gefunden haben, daß jedes Kind 700 Gulden bekommen habe, keinen Kreutzer mehr und keinen minder.</p>
        <p>Wenn alle Eltern so vernünftig wären, und ihren Kindern, die gleiche Liebe verdienen, gleiche Liebe bewiesen, wie viel Unfrieden und Unheil könnte dadurch verhütet werden, und wie manches Stündlein
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] Auflösung des 3ten und 4ten Rechnungs-Exempel. Ich werde wohl zu spät kommen, und alle, welche sich um das erste Rechnungs-Exempel bekümmerten, werdens heraus haben, daß Hanns 7 Schafe hatte. Fritz aber hatte 5. Wenn nun der letztere dem ersten Eins von den seinen gab, so hatte Fritz noch 4, Hanns aber hatte 8; folglich noch einmal so viel. Giebt aber der erste dem letzten Eins, so behält Hanns noch 6 und Fritz bekommt 6. Und also lautete die Aufgabe. So ein Schaf hin oder her zu geben, wenn man selber nur 5 oder 7 Stücke hat, ist nun freylich keine Kleinigkeit. Sonst aber und wo es angeht, ist es immer besser, gute Freunde haltens mit einander so, daß die Theile gleich werden, als daß einer viel hat und der andere wenig. Denn Mehrhaben macht leicht übermüthig und gewaltthätig, und Wenighaben macht mißgünstig; und wo einmal Uebermuth und Mißgunst sich einnisten, da hat es mit der guten Freundschaft bald ein Ende. Das muß der verständige Vater wohl überlegt haben, der im zweyten Exempel sein Vermögen unter seine 7 Kinder vertheilte. Denn wer es ausgerechnet und keinen Fehler dabey begangen hat, der wird bald gefunden haben, daß jedes Kind 700 Gulden bekommen habe, keinen Kreutzer mehr und keinen minder. Wenn alle Eltern so vernünftig wären, und ihren Kindern, die gleiche Liebe verdienen, gleiche Liebe bewiesen, wie viel Unfrieden und Unheil könnte dadurch verhütet werden, und wie manches Stündlein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/91
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/91>, abgerufen am 21.11.2024.