Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

auch einmal in das Spital schicken werde."

Was lernen wir daraus? - Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohlgehe!


Das wohlfeile Mittagessen.

Es ist ein altes Sprüchwort: Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selber darein. - Aber der Löwenwirth in einem gewissen Städtlein war schon vorher darinn. Zu diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für sein Geld eine gute Fleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch und ein Gemüß, für sein Geld. Der Wirth fragte ganz höflich: ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe? O freilich ja, erwiederte der Gast, "wenn ich etwas Gutes haben kann für mein Geld. Nachdem er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche, und sagte: "Hier, Herr Wirth, ist mein Geld." Der Wirth sagte: Was soll das heißen? Seid Ihr mir nicht einen Thaler schuldig? Der Gast erwiederte: Ich habe für keinen Thaler Speise von euch verlangt, sondern für mein Geld. Hier ist mein Geld. Mehr hab ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ists eure Schuld. - Dieser Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur Unverschämtheit dazu, und ein unbekümmertes Gemüth, wie es am Ende ablaufen werde. Aber das Beste kommt noch. "Ihr seyd ein durchtriebener Schalk", erwiederte der Wirth, "und hättet wohl etwas anders verdient. Aber ich schenke euch das Mittagessen und hier noch ein Vierundzwanzig-Kreuzer-Stück

auch einmal in das Spital schicken werde.“

Was lernen wir daraus? – Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohlgehe!


Das wohlfeile Mittagessen.

Es ist ein altes Sprüchwort: Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selber darein. – Aber der Löwenwirth in einem gewissen Städtlein war schon vorher darinn. Zu diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für sein Geld eine gute Fleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch und ein Gemüß, für sein Geld. Der Wirth fragte ganz höflich: ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe? O freilich ja, erwiederte der Gast, „wenn ich etwas Gutes haben kann für mein Geld. Nachdem er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche, und sagte: „Hier, Herr Wirth, ist mein Geld.“ Der Wirth sagte: Was soll das heißen? Seid Ihr mir nicht einen Thaler schuldig? Der Gast erwiederte: Ich habe für keinen Thaler Speise von euch verlangt, sondern für mein Geld. Hier ist mein Geld. Mehr hab ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ists eure Schuld. – Dieser Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur Unverschämtheit dazu, und ein unbekümmertes Gemüth, wie es am Ende ablaufen werde. Aber das Beste kommt noch. „Ihr seyd ein durchtriebener Schalk“, erwiederte der Wirth, „und hättet wohl etwas anders verdient. Aber ich schenke euch das Mittagessen und hier noch ein Vierundzwanzig-Kreuzer-Stück

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="40"/>
auch einmal in das <hi rendition="#g">Spital</hi> schicken werde.&#x201C;</p>
        <p>Was lernen wir daraus? &#x2013; Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohlgehe!</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Das wohlfeile Mittagessen.</head><lb/>
        <p>Es ist ein altes Sprüchwort: Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selber darein. &#x2013; Aber der Löwenwirth in einem gewissen Städtlein war schon vorher darinn. Zu diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für <hi rendition="#g">sein</hi> Geld eine gute Fleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch und ein Gemüß, für sein Geld. Der Wirth fragte ganz höflich: ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe? O freilich ja, erwiederte der Gast, &#x201E;wenn ich etwas Gutes haben kann für mein Geld. Nachdem er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche, und sagte: &#x201E;Hier, Herr Wirth, ist <hi rendition="#g">mein</hi> Geld.&#x201C; Der Wirth sagte: Was soll das heißen? Seid Ihr mir nicht einen Thaler schuldig? Der Gast erwiederte: Ich habe für keinen Thaler Speise von euch verlangt, sondern für <hi rendition="#g">mein Geld</hi>. Hier ist <hi rendition="#g">mein Geld</hi>. Mehr hab ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ists eure Schuld. &#x2013; Dieser Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur Unverschämtheit dazu, und ein unbekümmertes Gemüth, wie es am Ende ablaufen werde. Aber das Beste kommt noch. &#x201E;Ihr seyd ein durchtriebener Schalk&#x201C;, erwiederte der Wirth, &#x201E;und hättet wohl etwas anders verdient. Aber ich schenke euch das Mittagessen und hier noch ein Vierundzwanzig-Kreuzer-Stück
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0048] auch einmal in das Spital schicken werde.“ Was lernen wir daraus? – Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohlgehe! Das wohlfeile Mittagessen. Es ist ein altes Sprüchwort: Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selber darein. – Aber der Löwenwirth in einem gewissen Städtlein war schon vorher darinn. Zu diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für sein Geld eine gute Fleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch und ein Gemüß, für sein Geld. Der Wirth fragte ganz höflich: ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe? O freilich ja, erwiederte der Gast, „wenn ich etwas Gutes haben kann für mein Geld. Nachdem er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche, und sagte: „Hier, Herr Wirth, ist mein Geld.“ Der Wirth sagte: Was soll das heißen? Seid Ihr mir nicht einen Thaler schuldig? Der Gast erwiederte: Ich habe für keinen Thaler Speise von euch verlangt, sondern für mein Geld. Hier ist mein Geld. Mehr hab ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ists eure Schuld. – Dieser Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur Unverschämtheit dazu, und ein unbekümmertes Gemüth, wie es am Ende ablaufen werde. Aber das Beste kommt noch. „Ihr seyd ein durchtriebener Schalk“, erwiederte der Wirth, „und hättet wohl etwas anders verdient. Aber ich schenke euch das Mittagessen und hier noch ein Vierundzwanzig-Kreuzer-Stück

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/48
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/48>, abgerufen am 03.12.2024.